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caiman.de 01. ausgabe - köln, januar 2002
spanien

Pablo Ruíz Picasso
Málagas berühmter Sohn

Landung auf dem spanischen Flughafen "Aeropuerto Pablo Ruíz Picasso" – Weiterfahrt im französischen Wagen, Sonderedition Picasso – die passenden Bücher im Gepäck, Picasso-Biographien - und am Abend? Natürlich einen Spaziergang auf der großen Promenade, dem "Paseo Marítimo de Pablo Ruíz Picasso".

Kein anderer Künstler dieser Welt erreichte im 20. Jahrhundert einen so großen Bekanntheitsgrad wie der spanische Maler und Bildhauer Pablo Picasso. Überragendes Talent und eine ungeheure Schaffenskraft machten ihn schon zu Lebzeiten zu einer Legende. Als er 1973 stirbt, hinterläßt er der Welt einen gigantischen Nachlass von über 30.000 Werken. Teile dieser umfangreichen Sammlung befinden sich heute im Besitz der Erben.

Museen in aller Welt interessierten sich für diese Kunstschätze. Doch Málaga, Geburtsstadt des berühmten Künstlers, erhielt von den Nachlassverwaltern den Zuschlag. Nach umfangreichen Um- und Ausbauten des Geburtshauses wurde dieses 1997 wieder eröffnet und Málaga weltweit zum Pilgerort für Freunde der Kunst.

Diese Würdigung seiner Geburtsstadt hätte Picasso überrascht. Bis zu Francos Tod wurde er in Spanien geächtet, und Picasso selbst weigerte sich Spanien zu betreten.

Die späten Ehrungen seines Heimatlandes konnte er deshalb nicht mehr entgegennehmen – Picasso starb am 8. April 1973, Franco 1975.

Am 25. Oktober 1881 erblickt Pablo Ruíz Picasso in Málaga das Licht der Welt in einer einfachen Wohnung am Plaza de la Merced in der Altstadt.

Er ist das erste Kind von Don José Ruíz Blasco (1838 –1913) und seiner Frau Doña Maria Picasso y Lopez (1855 – 1939). Seine Mutter stammt aus Andalusien, sein Vater aus dem Norden, war Maler und Zeichenlehrer an der örtlichen Kunstgewerbeschule San Telmo und Konservator des städtischen Museums.

Die Familie führt ein einfaches Leben.1884 wird Pablos Schwester Lola Dolóres geboren, drei Jahre später Concepción (Conchita). Da das Gehalt für den Unterhalt der großen Familie nicht ausreicht, verkauft Don José nebenher eigene Bilder. Diese zeigen Rebhühner, Kaninchen und die damals überaus beliebten Tauben, was ihm in ganz Málaga den Namen "El Palomero" (der Taubenmaler) einbringt. Sein Sohn Pablo, der schon früh mit Pinsel und Stift umzugehen weiß, hilft ihm dabei.

Von keinem Künstler gibt es so viele Zeugnisse aus dieser frühen Lebensphase wie von Pablo Picasso. Werke, die er im Alter von 13 oder 14 Jahren schuf, zeichnen sich bereits durch Detailtreue und hohe psychologische Gestaltung der Gesichter aus.

Pablo Picasso sagte einmal: "Ich habe als Kind wie Raffael zeichnen können, aber mein ganzes Leben dafür gebraucht, um kindlich zeichnen zu lernen."

1891 endet Pablo Picassos Biographie in Málaga. Die Familie zieht in den Norden, nach La Coruña. Hier arbeitet der Vater wieder als Zeichenlehrer in der städtischen Kunstschule.

Pablo wird mit 10 Jahren in die Kunstakademie aufgenommen. Er schreibt und illustriert Tagebücher. Mit 13 ist der Vater von der Begabung Pablos so beeindruckt, dass er ihm Pinsel und Palette übergibt und nie wieder zu malen beschließt.

Der Anfang einer beeindruckenden Biographie: 1895 erfolgt der Umzug nach Barcelona. Hier besucht Picasso die Kunstakademie "La Lonja", an der der Vater unterrichtet. Pablo überspringt die ersten Klassen und besteht die Prüfungen mit Auszeichnung. Bereits ein Jahr später, im Alter von 15 Jahren, wird ihm ein Atelier eingerichtet.

Mit seinem zweiten großen Ölgemälde gewinnt Picasso in Málaga die Goldmedaille und wird auf der nationalen Kunstausstellung in Madrid lobend erwähnt.

Brüder des Vaters schicken Geld, damit Pablo in Madrid studieren kann. Er besteht die Aufnahmeprüfung für den Oberkurs an der Königlichen Akademie San Fernando in Madrid, verlässt die Schule im Winter aber wieder. An Scharlach erkrankt, kehrt er nach Barcelona zurück. Ein längerer Erholungsaufenthalt im Dorf Horta de Ebro bei seinem Freund Pallarés folgt. 1899 verschlägt es ihn erneut nach Barcelona.


Er verkehrt fortan mit Künstlern und lntelektuellen im Kabarettcafé "Els Quatre Gats" (Die vier Katzen). Er lernt dort unter anderem die Maler Junyer Vidal, Nonell, Sunyer und Casagemas kennen, den Bildhauer Hugué, die Brüder de Soto und den Dichter Sabartsés, seinen späteren Sekretär und lebenslangen Freund. Außerdem macht er Bekanntschaft mit den Werken Steinlens und Toulouse Lautrecs.

Picasso zieht es nach Paris, Hauptstadt der Kunst und Treffpunkt vieler Maler. Er bezieht ein Atelier mit Casagemas am Montmartre. Nur ein bescheidenes Einkommen hat er: Der Kunsthändler Mañach bietet ihm150 Francs im Monat im Tausch gegen Bilder. Als sein Freund Casagemas 1902 in Paris Selbstmord begeht, verlässt Picasso die Stadt und reist nach Madrid. Er selbst bezeichnet diese Zeit als die schwerste seines Lebens. Es entstehen fast nur Zeichnungen, da kein Geld für Leinwände vorhanden ist.

1904 kehrt er nach Paris zurück und findet ein Atelier im "Bateaux Lavoir" in der Rue Ravignan 13 (bis 1909). Er lernt Fernande Olivier kennen, die für sieben Jahre seine Geliebte wird. Auch finanziell geht es aufwärts. Der Kunsthändler Vollard kauft die meisten "rosa" Bilder und gestattet Picasso damit erstmals ein sorgenfreies Leben. Mit Fernande gönnt sich Pablo einen Urlaub und reist zu den Eltern nach Barcelona. Zurück in Paris beginnt er eine neue Stilrichtung zu entwickeln - den "analytischen" Kubismus (Aufgabe der Zentralperspektive und Aufsplitterung der Form in facettenartige Gebilde). Die Bilder erregen große Aufmerksamkeit. 1911 erfolgt die erste Ausstellung in New York und Picasso kann in ein großes Atelier am Montparnasse umziehen. Die ersten großen Erfolge seines Sohnes konnte José Ruíz Blasco noch erleben, doch 1913 stirbt er in Barcelona.

Über Jean Cocteau und den russischen Impresario Diaghilew erhält Picasso Kontakt zu vornehmen Künstlerkreisen und ändert seinen Lebensstil. Für das "Russische Ballett" entwirft er Dekorationen und reist mit dem Ensemble für drei Monate nach London. 1918 heiratet er seine langjährige Geliebte Olga, die 1921 sein erstes Kind Paolo zur Welt bringt.

Finanziell geht es der Familie gut. Der Sammler Doucet hat gerade für 25.000 Francs die "Demoiselles d´Avignon" gekauft, und die Arbeit mit Gonzalez an Skulpturen und Drahtkonstruktionen geht gut voran. Doch die Leidenschaft für Frauen ist für Picasso nicht nur Inspiration – sie schafft ihm auch oft Probleme.

1927 spricht er auf der Straße die 17-jährige Marie-Thérèse Walter an, die kurz darauf seine Geliebte wird. Die Serie aggressiver Gemälde mit Frauenköpfen signalisiert die beginnende Ehekrise. Picasso richtet seiner Geliebten eine Wohnung in Paris ein. Doch Olgas Geduld sollte einer noch größeren Probe unterzogen werden. Vergeblich versuchte Picasso die Veröffentlichung der Memoiren seiner frühen Geliebten Fernande Olivier zu verhindern, die viele pikante Details enthüllte. Eine Spanienreise mit Olga und Paul zu Stierkämpfen in San Sebastián, Madrid, Toledo und Barcelona soll sie wieder zusammenbringen. Vergeblich – die Geburt seines Kindes Maria de la Concepción, genannt Maya, aus der Beziehung zu Marie-Thérèse führt 1935 endgültig zur Trennung von seiner Frau.

Am 18. Juli 1936 bricht der spanische Bürgerkrieg aus. Picasso ergreift Partei gegen Franco und wird von den Republikanern als Dank zum Direktor des Prado ernannt. Eine kurze Ehre, denn die Truppen Francos rücken mit deutscher Hilfe schnell in die Hauptstadt vor. 1937 malt er nach dem Luftangriff der Deutschen auf Guernica (26. April) ein riesiges Wandgemälde für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung: "Guernica". Ein Bild, das ihn endgültig weltberühmt macht.

Nach der deutschen Besetzung von Paris darf der Künstler sein Atelier in Boisgeloup nicht mehr betreten und die Stadt nicht verlassen. Er richtet sich eine kleine Bildhauerwerkstatt in seinem Badezimmer ein. Eine bekannte Anekdote von ihm, ist die Verteilung von Fotos seines Bildes "Guernica" an deutsche Wehrmachtoffiziere. Auf die Frage "ob er das gemacht habe?" antwortete er: "Nein, Sie." Die Fürsprache bekannter Künstler aus dem "Reich" aber bewahrte ihn in Paris vor dem Schlimmsten.

Eine neue Geliebte tritt in sein Leben: Francoise Gilot. Häufig ist sie bei ihm Gast und Picasso beginnt nun wieder Frauenbildnisse zu malen.
Nach der Befreiung von Paris 1944 tritt Pablo Picasso der Kommunistischen Partei bei und schwört, Spanien nicht mehr zu betreten bis Franco tot ist.

Finanzielle Sorgen hat er keine. Mit Dora Maar fährt er nach Antilies. Er kauft ihr ein Haus (bezahlt es mit einem Stilleben) und mietet für seine Freundin Francoise eine Wohnung (ganz in der Nähe). Picasso darf im Museum von Antibe arbeiten und schenkt diesem vier Monate später zahlreiche Bilder - zum Dank wird das Museum in Musée Picasso umbenannt.

Als Francoise von Picasso schwanger wird, ziehen die Beiden zusammen. Die Villa La Galloise in Vallauris wird ihre neue Heimat. 1947 kommt Claude, Picassos drittes Kind, zur Welt.

Zwei Jahre später, Picasso lithographiert gerade "DieTaube", das Plakatmotiv für den Weltfriedenskongress in Paris, als Picassos viertes Kind Paloma geboren wird (Namensgeber war das berühmte Plakatmotiv).

Picasso ist mittlerweile eine lebende Legende. 1950 erhält er den Lenin Friedenspreis und wird Ehrenbürger von Vallauris. Doch an den Frauengeschichten hat sich wenig geändert. Francoise ist dieser überdrüssig und trennt sich. Im gleichen Jahr zieht Jaqueline Roque bei ihm ein. 1961 werden sie in Vallauris heiraten – Picasso ist jetzt 80 Jahre alt.

Als Françoise Gilots 1964 ihre Memoiren "Leben mit Picasso" herausbringt, führt dies zum totalen Bruch Picassos mit seiner Ex-Frau und auch den gemeinsamen Kindern Claude und Paloma.

1967 lehnt er die Aufnahme in die Ehrenlegion ab. 1970 schenkt er alle Werke aus Familienbesitz in Spanien dem Museum in Barcelona.

Am 8. April 1973 stirbt Pablo Ruíz Picasso im Alter von 92 Jahren in Mougins und wird im Garten von Schloss Vauvenargues beerdigt. Seine spanische Heimat hat der Künstler nie mehr betreten. Erst nach Francos Tod findet Picasso und sein Werk in Spanien entsprechende Anerkennung.

Bereits 1983 wird das Geburtshaus des Künstlers zum historisch-künstlerischen Denkmal erklärt, 1988 umfangreich renoviert und ständiger Ausstellungsort seiner Werke.

Die großzügigen Spenden von Bildern der Erben Picassos fordern einen weiteren Ausbau. Im August 1997 eröffnet das Museum nach weiteren Renovierungsarbeiten seine Pforten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Eine Ausstellung von Werken Picassos zwischen 1931 und 1971 werden gezeigt. Hervorzuheben sind seine Keramikarbeiten.

Das "Museo Casa Natal Picasso" – eine Adresse für Kunstfreunde:

Fundación Picasso, Museo Casa Natal, Plaza de la Merced 15, 29012 Málaga, Tel.: 952 06 02 15
Öffnungszeiten Sommer: Montag – Sonntag von 11.00 – 14.00 Uhr und 17.00 – 20.00 Uhr Sonntagnachmittag geschlossen
Öffnungszeiten Winter: Montag – Sonntag von 11.00 – 14.00 Uhr und 18.00 – 21.00 Uhr Sonntagnachmittag geschlossen

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Text und Fotos: Jon F. Heitmann


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