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caiman.de 12. ausgabe - köln, dezember 2001
mexico

Pancho Villas versteckte Millionen

Irgendwo in Mexikos geisterhaften Bergen der Sierra Madre liegt einer der größten verlorenen Schätze der Welt. Eine Unmenge an Münzen und Barren aus Gold und Silber ruhen tief in den Gängen mehrerer Höhlen. Doch bis heute ist die genaue Lage dieses gewaltigen Schatzes nur Fledermäusen, Eidechsen und einem Toten bekannt.


Geliebt und gefürchtet
Dieser Tote ist Pancho Villa, einer der grausamsten und erfolgreichsten Banditen des 20. Jahrhunderts. Von Geburt an sind er und seine Familie verarmte "mestizo" Sklaven, die Baumwolle auf der Hacienda Rio Grande, unter der Aufsicht des Don Arturo Lopez Negre und dessen Sohn Leonardo anpflanzen. Als Leonardo Panchos Schwester vergewaltigt, fordert Pancho Leonardo zum Duell und tötet ihn.

Pancho muss fliehen und findet bei verschiedenen Banden Zuflucht, die den Norden Mexikos unsicher machen. Mit der Zeit gelingt es ihm eine kleine Gruppe von Halsabschneidern und Habenichtsen um sich zu scharen. Er verwandelt sie in glühende Patrioten, deren Eifer mit Beute, Frauen und Tequila belohnt wird.

Im Jahre 1910 schließt sich Pancho Villa mit seiner mächtig gewordenen Gefolgschaft den Streitkräften Francisco Indalecio Maderos an und revoltiert gegen die mexikanische Regierung. Villas patriotische Motive jedoch stellt er selber niemals über seine Vorliebe für materielle Werte. Wo immer auch Pancho und seine Bande auftauchen, öffnen Bankleute freiwillig ihre Tresore und hoffen mit dem Leben davonzukommen. Wissen sie doch, dass Widerstand gegen die Villistas ihnen Vernichtung und rachsüchtige Massaker einbringen würde.

Pancho Villa gerät schnell in die Schlagzeilen, denn der ehemalige Sklave mit der stürmischen Banditenlaufbahn gleicht einem "Robin Hood". Er plündert und beraubt die Wohlhabenden, verteilt seine Beute an die Armen. Das Volk liebt ihn und steht Schlange, wenn er sie mit gestohlenen Lebensmitteln und Geld überschüttet.

Schurke, Schuft und Held

Villas sagenhafte Laufbahn erreicht ihren Höhepunkt an Novembertag im Jahre 1914 in Mexiko City. Die Stadt bereitet ihm und seinen "Dorados" einen jubelnden Empfang mit Flaggen, Beifallsrufen und Musikkapellen. Krönender Abschluss ist der Autokorso durch die Avenidas der Stadt, begleitet von dem damaligen mexikanischen Präsidenten.

Niemals jedoch verteilt er die gesamte Beute an die Armen. Es bleibt immer noch mehr als genug für ihn und seine Leute. Alsbald stellt sich die Frage nach einem sicheren Versteck für die Reichtümer. Und so ersinnt Pancho folgenden Plan:
In jeder geplünderten Stadt lässt er zunächst 8 bis 10 Polizisten am Leben. Während er sie mit der Pistole bewacht, beladen diese die Maultiere mit der Beute. Anschließend setzt sich die seltsame Karawane in Bewegung: Villa zu Pferde, die Gefangenen zu Fuß und die mit den Schätzen beladenen Burros. Keiner weiß, wohin der Anführer der Banditen diese Gruppe führt.

Gewiss ist nur, dass Villa ein geeignetes Versteck sucht.


Adolfo de la Huerta
Und, nachdem er es gefunden hat, die Polizisten anweist, die Burros abzuladen und die gestohlenen Güter zu vergraben. Danach befiehlt er jedem Mann, einen 2 Meter langen und 1 Meter tiefen Graben auszuheben. Der unbarmherzige Villa erschießt einen nach dem anderen und die Körper fallen nieder in das selbst geschaufelte Grab. Keine Zeugen und keine Möglichkeit, seinen Schatz zu bergen. 1924 hat man zwar die Gräber gefunden aber keine Spur des Schatzes.


In ernste Bedrängnis gerät der berühmte Bandenchef nur einmal. Die übereilte Anerkennung der mexikanischen Regierung durch die Vereinigten Staaten betrachtet er als Hohn und plant daraufhin einen Raubzug auf die amerikanische Grenzstadt Columbus, New Mexiko. In einer Märznacht im Jahre 1916 zünden Villas Leute die Gebäude an, entführen die Frauen und stehlen Pferde und Militärausrüstung der amerikanischen Armee. General John J. Pershing verfolgt Villa monatelang. Jedoch ohne Erfolg.

Einige Jahre später beruhigt sich die Situation in Mexiko, und nach einer Reihe von Revolutionen verhilft Adolfo de la Huerta dem Staat zu verhältnismäßiger Stabilität. Unfähig Villa festzusetzen oder mit ihm auf dem Schlachtfeld zusammenzutreffen, schlägt de la Huerta Pancho einen Handel vor:
Er wolle Villa den Bezirk Durango, der nur wenig größer als Ohio ist, überlassen und eine jährliche Pension von 5.000.000 Pesos (damals 2.500.000 Dollar) zahlen. Pancho Villa geht auf dieses Abkommen ein. Endlich schließt er mit der Regierung Frieden, zieht sich auf seine Hacienda zurück und löst seine 50 Mann starke Armee auf.

Von nun an beginnt er, systematisch seine Schätze aus den verschiedenen Verstecken hervorzuholen und sie in eine Höhle in der Sierra Madre zu bringen. Es ist bekannt, dass er einsame Reisen in die Berge unternimmt und manchmal tagelang unterwegs ist. Inzwischen wird Alvaro Obregon zum Präsidenten gewählt. Als Obregons Position gefestigt scheint, beginnt er Pläne zu schmieden, wie er Villa ein für allemal loswerden kann. Durch einen Hinterhalt der Geheimpolizei gelingt es der mexikanischen Regierung schließlich, Villa am Nachmittag des 20. Juli 1923 in seinem Wagen zu töten. Sein Körper ist von 47 Kugeln durchsiebt. Villa stirbt und bewahrt das Geheimnis seines versteckten Schatzes, der noch heute in der Sierra Madre darauf wartet, gehoben zu werden.


Text: Paul Huppertz

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