caiman.de ausgabe 2- köln, 01. feb. 2000
mexiko

Whale-Watching in Baja California
Wir sind auf dem Weg zur Laguna Ojo de Liebre, um die mächtigen Grau-Wale live zu erleben. In den flachen und warmen Gewässern der Lagune an der Pazifikküste der mexikanischen Halbinsel Baja California in der Nähe des Städtchens Guerrero Negro gebären die Meeressäuger zwischen Januar und März jeden Jahres ihre Jungen, bevor sie dann den langen Weg entlang der amerikanischen Pazifikküste in die arktischen Heimatgewässer antreten.

15 meter lange Kolosse
Von der Carretera Mex 1 gelangt man durch die karge Wüstenlanschaft des Vizcaino-Biosphären Reservats zur Whale-Watching-Area. Diese offeriert den Besuchern einen Camp-Ground, der sich entlang der Küstenlinie, 7-8 Meter über dem Meeresspiegel, erstreckt. Die einzelnen Camp-Sites sind nur einfache Stellplätze, ein paar Büsche sollen notdürftig Schutz gegen den stetigen Wind gewähren. Der Ausblick auf die Lagune aber ist phantastisch. Wie überall auf unseren Reisen ist die entlegenste Camping-Site die unserige.
Es ist bereits Nachmittag und ein wenig diesig, doch wir springen sofort alle aus dem Bus und suchen einen ersten Blick auf die Wale zu erhaschen. Zu unserer Enttäuschung sind die Tiere trotz Fernglas nicht auszumachen, obwohl das Geräusch, wenn die Grauwale beim Auftauchen Luft holen und einen mächtigen Wasserschwall, den sogenannten Blas, ausstoßen, allenthalben über die Lagune tönt. Bei Sonnenaufgang geht es in einem kleinen Boot mit Schwimmwesten, Ferngläsern Photoapparaten und in dicke Jacken gehüllt auf die morgendlich kühle Lagune. Nach etwa 15 Minuten scheint der Bootsführer etwas entdeckt zu haben und steuert geradewegs darauf los.
Wir Ungeübten sehen trotz Fernglas nur Wasser. Das Boot verlangsamt seine Fahrt, und plötzlich hebt sich ca. 100 m vor uns der graue Koloß ein erstes Mal aus dem Wasser. Der reale Anblick ist trotz aller Fernsehstudien überwältigend. Langsam und ohne Notiz von uns zu nehmen holt der Wal Luft und verschwindet wieder im Meer. Wenige Minuten später taucht er ein paar Meter weiter wieder auf. Wir folgen dem Tier und können bald Details erkennen: die im Vergleich zum riesigen Körper (bis zu 15 m lang) winzigen Augen, die mit Seepocken übersäte Haut und das lange Maul mit dem der Meeressäuger das Wasser und den Grund nach Plankton absucht.

gewaltig, aber friedlich
Als plötzlich auf der anderen Seite des Bootes ein zweiter Wal auftaucht, wissen wir gar nicht mehr, wohin sich unsere Blicke wenden sollen. Doch beide verschwinden nach einiger Zeit für einen längeren Tauchgang; beim Abtauchen erhebt sich die mächtige Schwanzflosse nochmals in voller Größe.

der Meeressäuger taucht ab in ungeahnte Tiefen
Wir fahren ein Stück weiter in die Bucht. Als unser capitano abrupt die Richtung wechselt, ahnen wir schon, dass er wieder etwas entdeckt hat. Mittlerweile hat sich unser Blick geschärft, und wir erspähen eine Walmutter mit ihrem in der Lagune neugeborenen Jungen. Anfangs noch zu weit entfernt, kommen wir der Kleinfamilie schnell näher und können deutlich die beiden Blas-Fontänen unterscheiden.
Wir sehen zunächst immer nur das größere Muttertier, bis wir nur noch 50 Meter entfernt sind, und sich auch das Kleine -in etwa der Größe unseres Bootes- auf dem Rücken der Mutter kurz aus dem Wasser schiebt.
Nach etwa 2 Stunden kehren wir ans Ufer zurück und verweilen mental noch lange bei dem grandiosen Naturspektakel der vergangenen Stunden. ...der Anblick der gemächlich und elegant aus dem Wasser gleitenden Wale gehört zu den Momenten, in denen man mit sich und der Welt im Einklang ist, und wir genießen diese Stimmung über dem Wasser.

Für mehr Infos kontaktiert: Marcus Behnke

(Anmerkung der Redaktion: Mag es für den werten Leser den Anschein haben, der junge Autor schade dem Gesamteindruck seines durchaus gelungenen Erlebnisberichtes durch ein allzu floskelhaftes, pathetisches Ende, dann möchten wir diesem entgegenwirken. Allabendlich erfreut sich der Verfasser an Paul, Georg, Rosalie..., seinen Aquarien-Kollegen. Und wahrlich, fühlt er sich doch in diesem Kreise mit der kleinen Welt im Einklang, so wird sich dieses Gefühl Auge in Auge mit einem der größten aller Meeresbewohner um ein vielfaches verstärkt haben.)