ed 09/2009 : caiman.de

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brasilien: Gen-Mais kommt!
Kontroverse auf den Feldern Paranas
THOMAS MILZ
[art. 1] druckversion:

[gesamte ausgabe]


nicaragua: Die Gesetze sind für die Dummen
Hans Sitarz als "Gelddoktor" in Nicaragua
TORSTEN EßER
[art. 2]
brasilien: Mal rutschen - Insano gegen Kilimanjaro
THOMAS MILZ
[art. 3]
spanien: Sardana und Castells
ANDREA WEINDL
[art. 4]
amor: Unter Palmen
NORA VEDRA
[kol. 1]
pancho: Wir sind alle Tubaína
Der neueste Hype in São Paulo
THOMAS MILZ
[kol. 2]
grenzfall: Wespen, Spinnen und Tod durch frijolítos
MARIA JOSEFA HAUSMEISTER
[kol. 3]
macht laune: Venezolanische Werkstatt (Bildergalerie)
DIRK KLAIBER
[kol. 4]




[art_1] Brasilien: Gen-Mais kommt!
Kontroverse auf den Feldern Paranas

Ein Maisfeld in der Nähe Goio-Erês, einer kleinen Stadt im Westen des Bundesstaates Parana, etwa 200 Kilometer vor der Grenze Argentiniens gelegen: Hier ist das Zentrum der landwirtschaftlichen Produktion Paranas. Parana gehört die landwirtschaftliche Produktion betreffend zu den drei größten Bundesstaaten Brasiliens.

Traditionell stand Parana für Kaffee-, Zuckerrohr und Baumwollproduktion, realisiert in kleinen Familienbetrieben. Doch seitdem die als "grüne Revolution" benannte Professionalisierung der Agrarproduktion, beginnend Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, auch hier Einzug gehalten hat, nimmt die großflächige Massenproduktion immer stärker zu.


Die grüne Revolution mit ihren großflächigen Monokulturen brachte auch die Ungezieferplagen mit sich und damit einhergehend den verstärkten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Mittlerweile ist Brasilien nicht nur in der Agrarproduktion Weltspitze, sondern auch im Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln.

Als Wunderwaffe gegen Plagen wie Raupen und Pilze gelten genveränderte Samen. Mit ihnen soll der Einsatz von Pflanzenschutzmittel reduziert werden. Viele Bauern sind begeistert, weil sie ihre Produktion steigern und ihre Kosten senken können.

Einer dieser Bauern ist der deutschstämmige Egon Reinaldo Welz. Seine Maiskolben sind groß und äußerlich perfekt im Gegensatz zu den kleinen und von Raupen zerfressenen konventionellen Maiskolben, die sein Nachbar auf der anderen Seite des Weges anpflanzt.

Die Raupen sind außer Kontrolle geraten. Da spritzt und spritzt man beim konventionellen Mais, aber man bekommt sie nicht unter Kontrolle. Die Raupe kommt und frisst sich in den Maiskolben hinein, durch die Blätter hindurch und geht ins Korn, das dann verfault. Da kann man nichts machen. Man verliert dadurch etwa 30% der Ernte, manchmal aber auch die komplette. Mit den Gen-Pflanzen ist es anders…

Stolz zeigt Welz seine Prachtmaiskolben. Natürlich müsse er die Gen-Samen teuer einkaufen.

Am Ende aber gewinnt man damit. Der andere muss sein Feld immer wieder spritzen? Viermal! Und das ist dann teurer als die Differenz des teureren Samens zum normalen. Und danach erntet man wesentlich mehr Körner… Da erwirtschaftet man am Ende mehr Geld. Es handelt sich so um die 20% bis 30% Steigerung. Für mich ist der Einsatz von Gen-Mais daher nur positiv. Es sagen zwar alle, dass es nicht gut für die Gesundheit sei, aber ich persönlich weiß nicht, ob dem so ist.

Auf dem Maisfeld von Bauer Welz ist ein Trupp der SEAB unterwegs, der Behörde für Landwirtschaft und Versorgung des Bundesstaates Parana. Ihre Aufgabe ist es zu untersuchen, in welchem Umkreis der Gen-Mais seine Pollen streut. Denn in dieser Region grenzen Genmaisfelder direkt an Felder mit konventionellem Mais.

Laut Gesetz muss ein Abstand von entweder 100 Metern zwischen Genmais und konventionellem Mais gehalten werden oder aber 20 Meter plus zehn Reihen von konventionellem Mais, der die umher fliegenden Pollen auffangen soll. Das Eindringen von Gen-Mais in konventionelle Pflanzungen soll damit verhindert werden.

Besonders Bauern, die konventionellen Mais anpflanzen und als "organico", also organischen Bio-Mais verkaufen, laufen Gefahr, ihre Absatzmärkte zu verlieren, sollten in ihren Produkten Spuren von gentechnisch manipuliertem Mais gefunden werden.

Erst Ende 2008 wurde die Anpflanzung von Gen-Mais von Regierungsseite erlaubt und nun steht die erste große "offizielle" Gen-Mais-Ernte kurz vor der Aberntung. Man schätzt, dass derzeit 30% des gesamten angepflanzten Mais bereits Gen-Mais ist und für die nächste Ernte erwartet man 50% oder sogar mehr.


Die Regierung des Bundesstaates Parana ist diejenige, die in Brasilien am härtesten gegen die Zulassung von genmanipulierten Pflanzen gekämpft hat. Lieber wolle man die familiäre Landwirtschaft fördern und den wachsenden Einfluss der internationalen Samen-Multis wie Monsanto, Syngenta und Bayer zurückdrängen. Doch bundesstaatliche Verordnungen aus der Hauptstadt Brasilia hoben stets die Landesverordnungen der Regierung von Parana wieder auf.

Jetzt hoffen die Beamten vom SEAB Beweise dafür zu finden, dass die Bestimmungen zur Isolierung der Gen-Maispflanzungen in der Praxis nicht funktionieren. Es ist wohl ihre einzige Chance im Kampf gegen die Ausbreitung der Gen-Pflanzen zu punkten. Alleine steht die Regierung dabei nicht. Lisa Gunn, Direktorin der Verbraucherschutzvereinigung IDEC aus São Paulo: Es besteht das Risiko, dass konventionelle Mais-Pflanzungen "kontaminiert" werden. Das beunruhigt zum Beispiel Bauern, die nicht mit Gen-Mais arbeiten. Wenn Du Nachbar eines Gen-Maisfeldes bist oder sogar die gleichen Einrichtungen (wie Infrastruktur und Equipment) benutzt, kann es zur Vermischung kommen. Und damit kannst Du Probleme beim Verkauf deines eigentlich genfreien Produktes bekommen.

Auch Larissa Packer, Rechtsanwältin der NGO Terra de Direitos aus Curitiba, ist kritisch, was die Anpflanzung von Genmais angeht: Die Felder eines Produzenten von organischen Produkten wurden von gentechnisch verändertem Mais kontaminiert. Durch den Wind oder auf eine andere Art und Weise gelangte der Pollen über die Felder und dadurch kam es unfreiwillig zu einer Kontaminierung der Umwelt. Im brasilianischen Biosicherheits-Gesetz gibt es den Paragraphen 20, der die Verantwortlichen für eine Kontaminierung der Umwelt und von Dritten belangt. D.h. wir können sowohl den Besitzer dieser Technologie rechtlich belangen als auch die CTNBio, das Organ, das für die Freigabe dieser Technologie ohne die entsprechenden wissenschaftlichen Studien verantwortlich ist.

Der Mais wurde freigegeben ohne eine adäquate Analyse seiner Bio-Sicherheit, zudem auf der Basis weniger Studien und ohne Normen, die die Segregation zwischen den Anpflanzungen garantiert - also die Koexistenz zwischen den verschiedenen Anbauformen.

Die von der Regierung festgelegten Abstände zwischen Gen-Maisfeldern und Anpflanzungen von konventionellem Mais seien in der Realität vollkommen unzureichend, so Packer: Der Maispollen hat einen Verbreitungsradius von 1000 Metern oder sogar noch mehr. In manchen Ländern werden 8000 Meter Abstand verlangt. Denn der Pollen kann weit getragen werden, auch durch natürliche Agenten. Selbst die Gen-Samen produzierenden Multis haben darauf hingewiesen, dass es die Gefahr der Kontaminierung im Bereich von 500 Metern gibt, aber die CTNBio hat sich auf einen Abstand von 100 Metern festgelegt oder halt von 20 Metern plus 10 Schutzreihen. Jetzt müssen wir feststellen, dass es zu Kontaminierungen jenseits dieser Schutzgrenze kommt. Und manchmal haben die Bauern, die die neue Technologie anwenden, diese Schutzgrenze erst überhaupt nicht gepflanzt. Es existiert keinerlei Kontrolle seitens des Landwirtschaftsministeriums über die Einhaltung des Sicherheitsabstandes.


Auch Bauer Welz hält gerade einmal einen schmalen Abstand zu den konventionellen Maisfeldern seines Nachbarn. Aber Sorgen macht er sich deswegen nicht, und die kontroverse Diskussion um die Gen-Pflanze geht an ihm vorbei. Er ist von den Genpflanzen überzeugt - anders als Paranas Gouverneur Roberto Requião, der verbissen gegen die neue Technologie zu Felde zieht.

Der ist ja nun mal kein Landwirt und daher ist es einfach für ihn so etwas zu sagen. Aber wer hier draußen in der Landwirtschaft arbeitet und mit den Problemen vor Ort zu kämpfen hat, der weiß, dass die Genpflanzen uns ein wenig helfen können.

Text und Fotos: Thomas Milz

Interview mit Marcelo Silva, Agronom der SEAB (Behörde für Landwirtschaft und Versorgung) des Bundesstaates Parana, der die Kontrollen hinsichtlich Biosicherheit leitet.

Caiman: Hat Brasilien die Produktion von Genpflanzen überhaupt noch unter Kontrolle?
Silva: Brasilien hatte noch nie die Kontrolle über diesen Bereich. Von Anfang an, als es mit Gen-Soja losging, dienten die Dekrete der Regierung dazu, eine unkontrollierte Situation in den Griff zu bekommen. Aber Alternativen aufzuzeigen und eine zukünftige Kontrolle zu garantieren, das passiert nicht. Innerhalb des letzten Jahres wurden 12 neue Gen-Samen freigegeben, 6 für Mais, 5 für Baumwolle und einer für Soja. Was sollen wir angesichts einer solchen Herausforderung tun, wenn es eine derart breite Freigabe gibt, sowohl für die Produktion, den Handel, den Im- und Export, sowohl für den tierischen und menschlichen Verzehr? Das ist sehr schwierig.


Eine Trennung des konventionellen und des Gen-Mais, wie das Gesetz es vorsieht, ist in der Praxis also recht schwierig?
Die Freigabe eines Gen-Maises ist sehr komplex. Sicherlich ist die Herausforderung der Trennung der Produkte in den Silos und auf den Feldern sehr groß. Und zudem die Koexistenz von konventionellem und genbehandeltem Mais zu sichern, ohne dass es zu Vermischungen kommt, ist eine riesig große Herausforderung. Wie realisiert man das auf Millionen Hektar? Letztlich wurden die Bauern dazu gebracht, eine Technologie auszuprobieren, obwohl sie nicht darüber aufgeklärt wurden, wie schwierig es ist, die Ernten zu trennen. Sie werden ihre Entscheidung auf der Basis von Kosten und Produktivität treffen, auf der Basis der Produktionskosten. Die Kooperativen, die die Ernte übernehmen, werden mit Sicherheit keine Trennung der unterschiedlichen Ernten vornehmen.

Wieso trennen die Kooperativen denn die Ernten nicht?
Ich denke, dass es keine Entscheidung ist nach dem Motto: wir trennen (die Ernten) jetzt einfach nicht. Die logistische Struktur der Landwirtschaft in unserem Land ist bereits ausgereizt. Hier in unserem Bundesland müssen wir schon Soja, Bohnen, Weizen und Mais trennen. Die Ankunft der Gen-Soja hat unsere Struktur an den Rand des Belastbaren gebracht. Beim Mais gibt es sowieso schon zwei Qualitätsstufen: den hochwertigen und den minderwertigen. Und wenn jetzt eine neue Gen-Mais-Sorte hinzukommt, muss ich meine Strukturen verdoppeln, brauche also 4 Silos, um den hoch- und minderwertigen plus den Gen-Mais zu trennen. Diese Herausforderung wurde überhaupt nicht bedacht. In der Realität wird es so sein, dass der Gen-Mais zu 100% mit dem konventionellen vermischt sein wird.

Hat der Konsument denn eine Wahl, wenn er keine genmanipulierten Produkte kaufen will?
Der Konsument hat heutzutage keine Wahl mehr. Aufgrund der fehlenden Kontrollmechanismen bekommt er keine ausreichenden Informationen. Ich denke, dass dies eine globale Herausforderung ist; und hier in Brasilien ist der Mangel an Informationen über Gen-Produkte Realität. Selbst in unserem Bundesstaat, in dem wir zwar nicht generell gegen Gen-Produkte sind, aber gegen den bisher gesehenen unkontrollierten Umgang mit ihnen. Das hier ist die "Chronik einer angekündigten Kontaminierung".

Kurzfristig scheinen die Gen-Pflanzen aber viele Vorteile zu haben. Weniger oder überhaupt keine Pflanzenschutzmittel werden mehr verwendet…
Aber wie sieht es langfristig aus? Was ist mit der Koexistenz? Und was ist mit der Resistenz bei Plagen? Nun, die Genpflanzen sollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Das ist ein Mythos! Heute haben wir Informationen über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in dieser Region. Berichte belegen, dass beim Gen-Soja zwischen 2005 und der letzten Ernte 2008 40% mehr Glyphosat benutzt wurde. Es ist offensichtlich, dass dies durch den Anbau von Gen-Soja provoziert wurde. Und das geschieht ausgerechnet bei den Herbiziden, denn hier war das Argument: lasst uns diese toxischen Mittel verbannen, diesen toxischen Müll. Der Einsatz von Paraquat zum Beispiel ist in zahlreichen Ländern eingeschränkt. Wir haben in unserer Region einen Anstieg von 480% im Handel mit Paraquat, um das Buva-Kraut (Südamerikanisches Berufskraut) zu kontrollieren. Paraquat ist - und das kann jede Kooperative bestätigen - der Bodyguard für die RR-Technologie.

[Glyphosat ist die Hauptkomponente eines Totalherbizids, das Monsanto unter dem Namen Roundup (RR) vertreibt und das gegen Unkraut eingesetzt wird. Seine Giftigkeit für Tier und Mensch ist umstritten.]

[Paraquat ist ein Bipyridinium-Herbizid, das als Kontaktherbizid gegen breitblättrige Unkräuter eingesetzt wird. In Deutschland ist sein Einsatz seit 2007 ausgesetzt.]


Was wäre denn eine Alternative für den Einsatz von Genpflanzen?
Wir verteidigen eine familiär geprägte und diversifizierte Landwirtschaft, die eine integrierte Anpflanzung zur Schädlingsbekämpfung berücksichtigt, wodurch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert wird und Alternativen geschaffen werden. Ein Beispiel ist der Anbau von Sesam. Ich will nicht sagen, dass man jetzt nur Sesam anbauen soll. Aber Sesam bringt mehr Erlöse als der Anbau von Mais, und man kann ihn in der Wintersaison anbauen. Und Sesam ist extrem resistent gegen die Raupen. Der Anbau von Sesam auf Feldern im Rotationsprinzip unterbricht den Lebenszyklus der Raupen.

Was sagen Sie denn den Bauern, die Gen-Pflanzen anbauen und damit zufrieden sind?
Wenn man einen solchen Landwirt fragt, wird er positiv über die Gen-Pflanzen sprechen. Geh ich zu seinem Nachbarn, wird der schon nicht mehr bloß positiv darüber reden. Und dessen Nachbar sagt dann: ich will keine Genpflanzen anbauen. Es existiert also ein Mosaik von Meinungen, und das muss man sich ansehen und einen Konsens finden.

Interview: Thomas Milz

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: brasilien]





[art_2] Nicaragua: Die Gesetze sind für die Dummen
Hans Sitarz als "Gelddoktor" in Nicaragua

Zeit seines Lebens huldigte der 1889 in Wien geborene und in Stettin zum Kaufmann ausgebildete Hans Sitarz dem Grundsatz, "dass es jedermann durch Bildung, Fleiß sowie durch das Meiden von schlechter Gesellschaft auf ehrliche Weise zu Wohlstand und Ansehen bringen könne". Und er hat sich an diesen Grundsatz gehalten, obwohl er den Großteil seines Geschäftslebens in Lateinamerika verbrachte, wo er in Nicaragua auf folgende Einstellung stieß: ¡Las leyes son para los bobos! (Die Gesetze sind für die Dummen), der meiner Erfahrung nach auch heute noch für viele Geschäftsleute auf dem gesamten amerikanischen Kontinent Geltung besitzt. Insofern ist das ansonsten sehr überhebliche und oft - u.a. von den Nazis - übel missbrauchte Schlagwort „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen" aus Emanuel Geibels Gedicht "Deutschlands Beruf" (1861) auf Hans Sitarz angewendet, sicher nicht unangebracht.

Die Grenzen des "American Dream"
Hans Sitarz als "Gelddoktor" in Nicaragua 1930-1934

Thomas Fischer/ Anneliese Sitarz (Hrsg.)
Lateinamerika-Studien 50
Vervuert, Frankfurt a.M. 2008, 192 S.

Seine Ehrlichkeit und Geradlinigkeit bescherten ihm denn auch oft Konflikte, vor allem in seiner Zeit als Geschäftsführer der "Nicaraguanischen Nationalbank" (1930-1934), um die es hier geht. In dieser Funktion war er der viertwichtigste Ausländer in einem Land, das zu dieser Zeit "faktisch ein Protektorat der USA" war, wie Thomas Fischer in seinem Vorwort schreibt, da die Zoll- und Geldpolitik und der Außenhandel durch ausländische, vor allem US-Experten, gesteuert wurde. Die nicaraguanischen Eliten mussten somit erhebliche Souveränitätseinbußen hinnehmen, was dem Leser zunächst ungerecht erscheint, ein Gefühl, das sich im Laufe der Lektüre legt, wenn man aus erster Hand erfährt, wie korrupt und geldgierig diese waren. Übrigens ein Umstand, der sich seither weder in Nicaragua noch in den anderen Ländern Lateinamerikas geändert hat.

Schon Fischers Einführung in die Geschichte des Landes zu jener Zeit zeigt die machtpolitischen Ränkespiele, in die Sitarz verwickelt wurde, aber lebendig werden sie erst durch seine exakten Beobachtungen der Menschen und ihrer Handlungen. So als er beispielsweise zu einem Bankett geladen wurde, worauf man von ihm Gefälligkeiten erwartete, die er natürlich verweigerte und daraufhin den Kontakt zu vielen Mitgliedern der Oberschicht - auch Deutschen - mied. In den wichtigen Clubs Managuas wurde er nur pro forma Mitglied, nahm selten an Aktivitäten teil. In seiner spärlichen Freizeit widmete er sich dem gerade in Mode gekommenen Tennis und zahlreichen Ausflügen in seinem Dienstwagen in die Umgebung der Stadt, die nach dem Erdbeben von 1931 noch an Attraktivität verlor, bei dem auch das Bankgebäude und Sitarz' Wohnung stark zerstört wurden. Sowohl beim Krisenmanagement nach dem Erdbeben als auch beim Tod seines kleinen Sohnes legt Sitarz eine Disziplin an den Tag, die uns unnatürlich erscheint, aber zu dieser Zeit wohl noch verbreitet war.

Hans Sitarz Meinung über das Land verschlechtert sich mit der Zeit zusehends. Er klagt über unfähige Großgrundbesitzer, die lieber in der Stadt feiern und sich bei der Bank verschulden, über die korrupte, ineffiziente und trotzdem teure Guardia Nacional, deren General Somoza 1934 trotz eines vereinbarten Waffenstillstands hinterrücks den Rebellenchef Augusto Cesar Sandino ermordete, wenige hundert Meter vom Hause Sitarz' entfernt oder über die Präsidentengattin, die mit illegalen Geschäften ihr Vermögen vergrößert (exakt beschrieben) und Sitarz ob seiner Unbestechlichkeit anfeindet. Als Bankdirektor beschäftigt er sich auch mit dem Anbau und Verkauf von Kaffee und den in den Ruin getriebenen haciendas und muss sich gegen die Einflussnahme der Regierung wehren, die meistens Kredite wünschte, um Günstlinge zufrieden zu stellen oder ökonomisch unsinnige Projekte zu finanzieren. Die Einführung einer Devisenkontrolle bringt das Fass zum Überlaufen, Teile der Elite verschwören sich gegen die Bank und sorgen dafür, dass beinah täglich Schmähschriften über Sitarz und seine Politik in den Zeitungen erscheinen. Sitarz widersteht noch eine Zeit lang, nimmt dann aber seinen Abschied. Seine pessimistische Einschätzung bewahrheitet sich nach seinem Weggang, Mitte der 1930er Jahre zählt Nicaragua zu den schwächsten Volkswirtschaften des Kontinents.

Natürlich zählte Sitarz zur polyglotten ausländischen Oberschicht und betrachtete von dort die als rückständig empfundene nicaraguanische Gesellschaft inklusive ihrer Oberschicht. Andererseits beschrieb er bei seinen Ausflügen detailversessen alles, was er zu sehen bekam und äußerte sich fast immer positiv über die "einfachen" Leute, deren Lebensweise und -gewohnheiten er schon in seiner Zeit in Kolumbien geachtet hatte. Momente echter Freude - wie z.B. über einen plötzlich entdeckten Vorrat deutschen (Kulmbacher) Biers - sind allerdings selten zu finden.

Als Geschäftsmann in Kolumbien (1911-1929)
Autobiographische Aufzeichnungen von Hans Sitarz

Thomas Fischer/ Anneliese Sitarz (Hrsg.)
Lateinamerika-Studien 46
Vervuert, Frankfurt a.M. 2004, 314 S.

Hans Sitarz hat einen - zugegebenermaßen subjektiven - sachlichen Bericht aus deutscher Sicht hinterlassen, der für die Zentralamerika-Forschung aufgrund seiner biographischen Beschreibungen vieler Persönlichkeiten, der historischen Ereignisse und der ökonomischen Entwicklung Nicaraguas wichtig, aber auch für Nichtexperten interessant zu lesen ist, weil er neben diesen Fakten auch kulturgeschichtliche Beschreibungen enthält, die Sitarz in seiner Freizeit zeigen (Tennis, Schwimmen) oder bei einer seiner (wenigen) Urlaubsreisen in benachbarte Länder und die sowohl den Werdegang eines Deutschen Emigranten schildern, als auch die Lebensverhältnisse der Nicaraguaner in den 1930er Jahren. Ergänzt wird der Bericht durch - nicht immer in bester Qualität - digitalisierte Bilder aus Sitarz' Privatarchiv.

Insofern ist es den Herausgebern - neben Fischer Sitarz' Tochter Anneliese - hoch anzurechnen, diesen "Globalen Lebenslauf" 50 Jahre nach seiner Niederschrift veröffentlicht zu haben, ebenso die schon im Jahre 2004 erschienenen Erinnerungen zu seinen Jahren in Kolumbien, wo Hans Sitarz vom kleinen Angestellten zum einflussreichen Bankdirektor aufstieg. Dort gesteht Sitarz, der 1958 in den USA verstarb, sehr zu meiner Freude, dass er sich auch nach Jahren in Lateinamerika nicht an den Geschmack von Koriander gewöhnen konnte: "Der Geschmack war für mich so, als ob ich in eine Stearinkerze hineinbiß".

Text: Torsten Eßer
Cover: amazon

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: nicaragua]





[art_3] Brasilien: Mal rutschen - Insano gegen Kilimanjaro

Wer kein Interesse an Nachtschwärmerei und Großstadtgewummer hat, sondern lieber mal den lieben langen Tag damit verbringen möchte, einen 15 Stockwerke hohen Turm immer wieder hoch zu laufen und dann auf dem Hintern sitzend (oder dem Rücken liegend, ganz wie man möchte) über eine Rutsche wieder zu verlassen, der sollte unbedingt einen Aqua-Park besuchen.

Wer zudem noch etwas radikaler eingestellt ist als üblich, dem bieten sich zwei konkurrierende, phantastische Möglichkeiten: Insano und Kilimanjaro!

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Die Insano-Rutsche steht im Beach Park, gut 30 Kilometer von der nordostbrasilianischen Metropole Fortaleza entfernt. Hier kann man den ganzen Tag mit Essen, Plantschen, Rutschen und Sonnen verbringen. Zahlreiche Rutschen stehen den Abenteurern zur Verfügung. Die spektakulärste ist dabei unangefochten die Insano-Rutsche.

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Insano ist 41 Meter hoch und man braucht etwa 5 bis 7 Sekunden bis man unten ist – einen Großteil der Zeit verbringt man dabei sogar im freien Fall! Die vom Park angegebenen 105 Km/h sind zwar nie und nimmer zu erreichen, schnell wird’s aber trotzdem.

Und der Blick aus der Höhe auf die Küstenlinie Fortalezas mit den phantastischen Stränden ist sensationell!

Insano-Rutsche
Beach Park Fortaleza
Rua Porto das Dunas, 2734
61700-000 Aquiraz
Tel: (0055-85) 4012-3000
www.beachpark.com.br

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Zwar nicht am Strand, aber dafür mitten in den Bergen gelegen – wer gerade einmal im Hinterland von Rio de Janeiro unterwegs ist, sollte unbedingt in dem Aqua-Park “Aguas Quentes” reinschauen.

Hier erwartet einen die Kilimanjaro-Rutsche, mit 50 Metern Höhe das Höchste, was es an Wasserrutschen weltweit so gibt. Hoch auf einem Hügel steht sie und allein vom ewigen Hochlaufen und Treppensteigen wird man zum Supersportler.

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Einmal oben angekommen, verschwendet man nur wenig Zeit für den tollen Blick übrig. Denn den meisten wird von der puren Steilheit der Rutsche schon schlecht. Wer dann mit 80 Km/h bis 90 Km/h hinunter donnert, kommt auch schon mal mit blauen Flecken auf dem Allerwertesten unten an.

Kilimanjaro-Rutsche
Aguas Quentes Park
BR 393, KM 270
Barra do Pirai – Rio de Janeiro

www.aguasquentes.com.br

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Text + Fotos: Thomas Milz

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: brasilien]





[art_4] Spanien: Sardana und Castells

In Katalonien wird gern und viel gefeiert. Die Betonung der katalanischen Eigenständigkeit bringt es mit sich, dass typisch katalanische Festlichkeiten sich besonderer Beliebtheit erfreuen.

Lebendige Traditionen sind sardana und castells - der Reigentanz für jedermann und die Menschenpyramiden, die Kraft und Geschick erfordern.

Ob jeden Sonntag Mittag auf dem Vorplatz von Barcelonas Kathedrale, am Neujahrsmorgen am Cap Creus zur Begrüßung der aufgehenden Sonne oder zu zahlreichen anderen Gelegenheiten, bei der sardana fassen sich wildfremde Menschen an den Händen, bilden einen Kreis und beginnen eine komplizierte Schrittfolge zur blechernen Musik der cobla, einer Kapelle aus Bläsern, Trommel und Kontrabass. Der Tanz kombiniert unterschiedliche Taktfolgen mit verschiedenen Schrittlängen und erfordert höchste Konzentration. "Den Rhythmus Kataloniens", besitze sie, laut dem Dichter und Maler Santiago Rusiñol, "das Herz tanzt, und der Kopf rechnet". Immer wieder erlaubt der Kreis das Ausscheiden und Dazustoßen einzelner Tänzer und auch Touristen werden gerne in die Gemeinschaft der Tanzenden aufgenommen. Auch wenn die heutige Form der sardana erst im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, reichen ihre Wurzeln bis ins Mittelalter. Als Ausdruck des Freiheitswillens unter Franco teilweise verboten, erfreut sie sich seit Ende der Diktatur ungebrochener Beliebtheit.



Ähnlich verhält es sich mit den castells genannten Menschenpyramiden. Es heißt, die Tradition gehe auf Volkstänze zurück, die den Mythos vom Aufstand der Titanen versinnbildlichten. Später wurde die Symbolik von den Zünften verschiedener Berufsgruppen aufgenommen und der Pyramidenbau als Wettkampf ausgetragen, bei dem der höchste und schmalste Turm gewann., Während der renaixença im 19. Jahrhundert erfuhren auch die Menschentürme als Ausdruck katalanischer Besonderheit weite Verbreitung; in den Nachwehen des Bürgerkriegs unterdrückt, werden sie seit Ende der Francodiktatur wiederbelebt.

Man kennt verschiedene Figuren: den einsäuligen pilar, die torres mit zwei Pfeilern und das eigentliche castell, dessen Aufbau strengen Regeln unterliegt. Die Basis der Pyramide bildet das pinya genannte Menschenknäuel aus den unteren Männern und ihren menschlichen Stützen. Darum herum steht die cassola (Kasserolle) oder cordó (Kordel) genannte Menschenmenge, die wie ein menschliches Seil das Auseinanderbrechen des Turms verhindern soll. Als begonnen gilt der Turm nur ab dem dritten Stock und die Spitze bildet der so genannte pom de dalt (Schlussstein) aus den letzen drei Stockwerken. Auf einem Zweier steht ein Hochheber, der einen Jungen auf seine Schultern hievt. Der zeigt nach Erlangen eines festen Standes mit vier Fingern - Symbol der vier roten Streifen der katalanischen Fahne - die Vollendung der Pyramide an. Dann muss die Pyramide bis zum zweiten Stock herab ohne Umkippen abgetragen werden. Variationen des castells sind der pilar mit nur einer Säule oder die torres mit zwei Pfeilern.

Zentrum der Pyramidenkunst ist die Gegend um Tarragona. In Valls und El Vendrell werden regelmäßig Wettkämpfe veranstaltet. An der Straße von Valls nach Santes Creus wie auf den Rambles von Tarragona hat man den menschlichen Pyramiden sogar eigene Denkmäler gewidmet.

Text: Andrea Weindl
Foto: Dirk Klaiber

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[kol_2] Pancho: Wir sind alle Tubaína
Der neueste Hype in São Paulo



Kein anderer Name wäre besser für eine Bar geeignet, die sich vorgenommen hat, der neue Treffpunkt für alle Geschmäcker und jedes Alter in der Region der Avenida Paulista zu werden. Mitten in der Baixo Augusta gelegen, dem Szenario der Bohemie und der alternativen Nachtschwärmer rund um die Rua Augusta, trägt die Bar Tubaína den Namen unzähliger cooler Dinge: Tubaína ist Humor, Tradition und gleichzeitig Modernität. Es ist "Brasilianität", "Lateinität", es bedeutet gleichzeitig städtisch und ländlich zu sein, populär, kitschig und alternativ. Tubaína ist hipp, Hippie, ist die Sehnsucht nach der verlorenen Kindheit irgendwo im großelterlichen Haus im Interior. Tubaína ist Einfachheit und Luxus zugleich.



Wer hat noch nie ein Glas Tubaína getrunken und dabei ein Mortadela-Sandwich gegessen? Wer es schon mal getrunken hat, wird sich ein Leben lang danach sehnen. Und wer es noch nie getrunken hat, sollte vor Neugier sterben. Die Tubaína Bar ist für jederman, ganz im Sinne der Baixo Augusta. Es ist für die Lebemänner und die Neugierigen, für die Antiken und die Modernen, für die ewig Klammen und die gut Betuchten, für Brasilianer und Gringos.

Trete ein in den Geist des Interior, schmiege Dich an das heimelige Gefühl der Geborgenheit, direkt neben den Hochhausriesen der Avenida Paulista. In São Paulo kann man das erleben. São Paulo wird Tubaína!



PS: Wer jetzt immer noch keinen Schimmer hat, um was es sich bei Tubaína handelt, sollte hier erst recht einmal vorbei schauen! Tolles Essen gibt es übrigens auch.

Um die stetige Sehnsucht nach der mütterlichen Küche zu bekämpfen, hat die Bar Tubaína ganz spezielle Referenzen auf die Speisekarte gesetzt - Couscous, Bolognese-Sauce und Pamonha aus Piracicaba. Unter der Leitung der Küchenchefin Sol Caldeira aus Piracicaba bietet die Tubaína-Küche einfache Speisen von bester Qualität. Mama hätte es auch nicht besser machen können.

Die Speisekarte kommt leicht peruanisch angehaucht daher. Peruanische Küche gewinnt immer mehr an Bekanntheit (und das zu Recht) und jetzt merken das auch endlich die Leute in São Paulo. Die peruanische Küchenchefin Mirtha Goyzueta, die sonst im Hotel Ritz Carlton in Orlando / Florida ihre Gäste verzaubert, steuerte ihre besten Rezepte bei, darunter ein unglaubliches Cebiche.


Sie ist - nebenbei bemerkt - nicht nur eine phantastische Köchin, sondern auch eine tolle Mama, die mit Inca Kola großgeworden ist - dem berühmtesten Tubaína ganz Amerikas.

Währenddessen wuchs Sol unter dem starken Einfluß einer ganz besonderen Tubaína-Marke auf: Etubaína Orlando aus Piracicaba. Und damit ist alles gesagt, bleibt nur noch: auf hoffentlich bald!

Text + Fotos: Thomas Milz

Tubaína Bar - Rua Haddock Lobo, 74 (zwischen den Straßen Matias Aires und Fernando de  Albuquerque) - Consolação, São Paulo (SP). Tel.: (11) 3129-4930. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 18 Uhr bis 3 Uhr (Küche schließt um 1 Uhr).

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: pancho]





[kol_3] Grenzfall: Wespen, Spinnen und Tod durch frijolítos
 
Ich wohne in einer wunderschönen Stadt. Sie ist zwar dreckig aber trotzdem hab ich das Gefühl, ich kann hier durchatmen, weil die Menschen miteinander leben wollen. Man grüßt und quatscht ohne sich zu kennen.

Es war einst in dieser Stadt vieles geduldet. Nun aber regiert das Grau des Ordnungsamtes, das Grün bzw. Blau der Verkehrspolizisten und das Grau-Blau der weiblichen und männlichen Politessen. Die Hüter der Ordnung - falls es in dieser wunderschönen aber unglaublich dreckigen Stadt tatsächlich um Ordnung geht, mag ich auf der Stelle tot umfallen - der Stadt, deren Gedächtnis gerade durch ein aberwitziges Bauprojekt ausgelöscht wurde - Gott hab die Seelen der Archivdokumente gnädig -, kassieren, kassieren, kassieren als wäre es das letzte Aufbäumen einer Stadt vor dem finanziellen Kollaps.


Gleiches passiert in Venezuela. Auch hier flossen unvorstellbare Mengen von Geldern in bekannte und unbekannte Kanäle. Jetzt sind die Kassen leer und Unternehmer, auch Kleinstunternehmer sollen zahlen für die wohl irrwitzigste Wirtschaftspolitik der aktuellen Dekade. Jeden Tag schließen mehr und mehr Geschäfte, jeden Tag kontrollieren mehr und mehr Rotkappen den Warenaustausch. Das hat Auswirkung auf den Faktor Zeit. Käufer von etwa Aspirin sollten erwägen, gleich noch Beruhigungsmittel dazu zu erwerben.

Gestern in der schönen, aber dreckigen, deutschen Stadt ruft mich meine Finanzbeamtin an. Selbstständigkeit sei das letzte! Und was für eine blödsinnige Aussage, ich könnte mit meinem Laptop überall arbeiten. So nicht!


Ich kann nur mit Ratlosigkeit reagieren. In weiser Voraussicht war ich erst die Woche zuvor beim Finanzamt vorstellig geworden. Meine zuständige Beamtin befand sich noch in ihrer letzten Urlaubswoche. Meine vorübergehende zuständige Beamtin war unglaublich nett, beriet mich hervorragend und schlug mir eine Menge Lösungen vor. Bleibt nur zu hoffen, dass die schlechte Laune der Urlauberin sich nicht auf die gesamte Abteilung auswirkt.

Da e ich so durch die Straßen und treffe eine Frisöse, die leicht erbost flucht. Das Ordnungsamt hatte sie gerade mit einem 30 Euro Busgeld verwarnt, weil ihre Werbetafel mehr als 50 Zentimeter von der Wand ihres Salons entfernt stand. Zudem hatte sie umgehend die Bank, die sie für zigarettenbegeisterte Kunden vor der Tür platziert hatte, in den Keller räumen müssen. Erklärung: Verdacht auf Ausschank! Weil ja besonders Friseurläden berühmt und berüchtigt sind für das illegale verticken von Schnaps und Bier, besonders an Jugendliche, die sich erst mal komatös gesoffen konformfeindliche Frisuren verpassen lassen.


Da erzähle ich von meiner Auflage seitens des Finanzamtes, dass ich mich mit meinem Laptop, wenn ich nicht von zuhause arbeite, vor jeglichen blau, grünen oder grauen Straßenwächtern in acht nehmen müsste, weil die mein deplatziertes Fremdarbeiten, egal ob im Café, beim Kunden, im Ausland oder auf dem Mond, melden würden und ich dann damit rechnen müsste, dass ich aus den Zuständigkeitsbereichen aller Finanzämter dieser Welt herausfalle, woraufhin mir der Pass entzogen, die Wohnung entwendet und die Ehe annulliert würde.

In Venezuela beobachte ich eine Wespe, die achtlos um ein trichterförmiges Spinnennetz herumkreist. Zack! Die Spinne schießt aus dem Verborgenen hervor, beißt zu und saugt die Wespe aus. Aus Guatemala kenne ich die ungemein schmackhaften frijolítos fritos, Schwarze Bohnen zu Mousse gekocht und gebraten, mit denen sich nicht nur Spinnen ersticken lassen.

Text + Fotos: Maria Josefa Hausmeister

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: grenzfall]



[
gentests im diskurs]





[kol_4] Macht Laune: Venezolanische Werkstatt (Bildergalerie)

Panne auf der Andina. Glück: Nur eine Kurve bis zur Werkstatt. Mehr Glück: Die Werkstatt entpuppt sich als des Mechanikers eigene Galerie und der Galerist selbst reicht Miche blanco (Pastisschnapps) zur Überbrückung der Wartezeit.

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Fotos: Dirk Klaiber

[druckversion ed 09/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: macht laune]





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