caiman.de 08/2008

[kol_1] Grenzfall: Besuch aus Patagonien
Argentinische Pinguine in Brasilien

Sie sind zurzeit die Attraktion bei den staunenden brasilianischen Besuchern: argentinische Pinguine mitten im warmen Winter Brasiliens. Sie quieken (quiek.mp3: 164 kb), watscheln herum oder schlafen im Stehen. Und sie sind vor allem eins: unglaublich süß!


"Entgegen der allgemeinen Meinung stellen wir die Pinguine nicht in den Kühlschrank, wenn sie hier ankommen, sondern versuchen, sie aufzuwärmen." Tierarzt Thiago Muniz ist im Zoo von Niteroi verantwortlich für das Wohlbefinden der Tiere. Täglich bringen besorgte Anwohner die an den Stränden von Rio de Janeiro aufgelesenen Besucher aus Patagonien in die Pinguinstation.

Mehr als 400 Pinguine sind in den letzten Wochen tot an die Küste Brasiliens gespült worden, und viele kommen hier vollkommen entkräftet an. Es ist normal, so Muniz, dass sich die Pinguine im Juni und Juli aus dem Süden Argentiniens auf den Weg an die Südküste Brasiliens machen. Nicht normal sei jedoch, dass so viele die Reise nicht überstehen.


Vor allem Ölteppiche machen ihnen zu schaffen und durch den Klimawandel veränderte Meeresströmungen. Bis in den Nordosten Brasiliens werden manche Tiere abgetrieben, bis hoch nach Bahia und Alagoas. Muniz vermutet, dass aufgrund der Überfischung vor der Küste Argentiniens sich die Tiere auf der Suche nach Nahrung weit hinaus in den Atlantik wagen, wo sie von den ungünstigen Meereströmungen erfasst werden.

Unterkühlt und erschöpft stranden sie an Brasiliens Küste. "Als erstes versuchen wir, sie wieder auf ihre normale Körpertemperatur von 41 Grad zu bringen", so Muniz. Gleichzeitig päppeln Pflegerinnen die kleinen Tiere mit durch den Mixer gedrehter Fischbrühe wieder auf.


Danach, sagt Gilselda Candiotto, die Direktorin des Zoos, fliegt die brasilianische Luftwaffe die wieder fitten Pinguine nach Rio Grande do Sul, wo sie in einem Zentrum für Meerestiere in der Nähe von Pelotas noch einmal durchgecheckt werden. Anschließend setzt man sie einfach am Strand aus. "60 Kilometer vor der Küste gibt es eine Strömung, die die Tiere bis hinunter nach Patagonien bringt", so Candiotto. "Damit sind sie dann wieder sicher auf dem Weg nach Hause."

Text + Fotos : Thomas Milz

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