caiman.de 02/2014

[kol_1] Grenzfall: Kita-Krieg, ne Warze und El Ajo Macho
 
Der Granada lag ruhig auf der Straße. Der Kita-Leiter ließ eine Gauloises vom linken in den rechten Mundwinkel wandern, inhalierte und blies den Rauch durch die Nase in die Freiheit. Er rührte in der Kassettenbox, ohne die Augen von der Straße zu nehmen. 47 Sekunden später brachte er ein älteres Band zwischen Zeige- und Mittelfinger zum Vorschein und kündigte den Titel für sich selbst an:

"Geliebte Kinder, beknackte Eltern. Unser Gewinner heißt: Huibuuh, daaaaaas Schlossgespenst."

Das Tape setzte irgendwo in der Mitte ein und Huibuuh traf auf eine abgrundtief widerwärtige Gräfin. Ausführlich und angewidert beschrieb das Schlossgespenst deren Zinken, deren Warze auf dem Zinken und deren dickes schwarzes Haar auf der Warze auf dem Zinken.


Auf dem letzten Elternabend in der Kita der glücklichen Kinder war Krieg ausgebrochen. Die Elternvertreter hatten die Lage misinterpretiert. Eine halbe Stunde lang schlugen sie ohne Vorwarnung der anderen Eltern den Erziehern ihren Masterplan zur Dokumentation des Kita-Alltags um die Ohren:

Ein Zettel über dem Wickeltisch zur exakten Erfassung eines jeden Windelwechselns und der Stuhlfarbe, ein Zettel an der Tür zur Dokumentation des Draußenseins… – Analog zur öffentlichen Putzdoku auf der Toilette bei Mc Donalds.

Was war passiert? So recht weiß das niemand. Vielleicht lag es an der Warze, die eines Tages unter dem Fuß eines Kita-Kindes gewachsen war. Die Notaufnahme hatte ein Mittel mitgegeben – ohne Erfolg. Die Besuche bei diversen Ärzten führten zu weiteren Mitteln – ohne Erfolg. Statt dessen hatte die Warze Ableger bekommen. Einer im Gesicht. Auf der Nase. Nein, kein Haar. Aber sie war wohl den Elternvertretern ins Auge gestochen und wie die Laus über die Leber gelaufen.

Nach besagtem Eltern-Horror-Abend fror die Stimmung ein in der Kita, in der nur glückliche Kinder sind. In dieses Tief hinein war eine Praktikantin geworfen. Erst kürzlich war sie in Peru aufgebrochen, um deutsch zu lernen. Eine Woche später war die Warze verschwunden.

Auf die Frage, wie sie das geschafft hatte, antwortete die Praktikantin:
"Ajo Macho. Frischer Knoblauch. Schälen, in zick zack von einer Seite aufschneiden und dann an die Warzen rubbeln. 2-3 mal al dia."

Dem Kita-Leiter war's egal. Ihm war aufgrund des Elternabends immer noch zum Kotzen zumute und so befand er nach nur 72 Sekunden Huibuuh, dass es reichte. Er fischte das Tape aus dem Recorder und warf es aus dem Fenster. Dann beschleunigte er den Granada.

Bleibt zu hoffen, dass sich mit Tape und Warzen auch die schlechte Stimmung verflüchtigen wird.

Text + Foto: Maria Josefa Hausmeister

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