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caiman.de 03. ausgabe - köln, märz 2001
spanien

Chronik eines Prominentenparadieses
"Marbella, ein Dorf der Costabella"

Keine andere Stadt der Costa del Sol entwickelte einen solchen Bekanntheitsgrad wie Marbella. Besonders als Treffpunkt der "Reichen und Schönen" gelangte der Ort in den 70er Jahren zu Weltruhm. Nach einer Phase fast ungebremsten Wachstums folgte Anfang der 90er Jahre eine kurze Stagnation, der jedoch erfolgreich mit einer Konzeption des "anspruchsvollen Tourismus" begegnet wurde. Heute ist die über 100.000 Einwohner zählende Stadt in der ganzen Welt wieder Synonym für den Luxus und die Schönheit der Costa del Sol.

Die Gründung der Stadt beziffern Experten auf das Jahr 345 v.C., als ein karthagischer Kapitän mit dem Namen "Maharbal" hier anlegte und eine Niederlassung gründete.

Römisches
Mosaik


Andere Altertumsforscher favorisieren die Römer als Stadtgründer, die ganz in der Nähe schon die Orte "Salduba" und "Silniana" schufen. Etwa 5 Kilometer vom heutigen Marbella entfernt, am Ufer des Rio Verde, standen die Villen reicher Römer. Beeindruckend sind die sehr gut erhaltenen Mosaikböden. Auch die Therme "Las Bovedas" in San Pedro de Alcántara ist nicht weit entfernt und lohnt einen Besuch.
Die Spuren der langen römischen Vergangenheit finden sich überall in Marbella. Häufig erst bei Bauarbeiten entdeckt, werden sie aufwendig restauriert und stolz den Besuchern präsentiert. Was Anderswo nachgebaut wird, ist hier Original: Die "Römische Brücke" etwa, zu sehen im mehrfach prämierten tropischen Garten des 4-Sterne Hotels "Puento Romano", steht seit nun mehr 2.000 Jahren an dieser Stelle.


Altstadt Marbellas
Trotz allem ist der arabische Ursprung der Architektur bei einem Bummel durch die Altstadt Marbellas unverkennbar. Wenn auch viele Bauwerke dem Sturm der Rückeroberung durch die Christen im 15. Jahrhundert. nicht stand hielten. Nur noch Teile der Stadtmauer und Verteidigungstürme weisen auf die glanzvolle Herrschaft von "Alhamar II" hin, der hier im 9. Jahrhundert residierte.



Das Rathaus, zahlreiche Kirchen und einige christliche Hospitäler entstanden im 16. Jahrhundert in der Innenstadt rund um den "Plaza Naranjos". Mitte des 19. Jahrhunderts dann erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Zeitweise wurden hier über 80 Prozent des nationalen Eisenerzes abgebaut. Doch das plötzliche Wachstum hatte Folgen. Einerseits lockten die gigantischen Öfen der Eisengießereien "El Angel" und "Ferrgría de la concepción" viele Arbeitsuchende nach Marbella, andererseits erholte sich die bis dato von Eichenwäldern bedeckte "Sierra Blanca" nie wieder von dem Kahlschlag für das benötigte Brennholz.

Nach dem die Holzbestände erschöpft waren, fiel Marbella in eine Art "Dornröschen-
schlaf", aus dem es erst Anfang der 30er Jahre


Straßencafe vor dem Rathaus

hervorgerufen durch einen neuen Wirtschaftszweig wieder erwachen sollte.

Ramiros Campos Turmo formulierte 1928 in seinem Buch "Marbella, ein Dorf der Costabella" erstmals die Möglichkeiten des Tourismus. Für sein Engagament ist er 1966 nachträglich zum "Adoptivsohn der Stadt" ernannt worden. Heute trägt sogar eine Straße seinen Namen.
Staatliche Institutionen wie das "Patronato Nacional de Turismo" und das Rathaus von Málaga förderten ab 1929 kleinere Ausflüge nach Marbella. Hindernisse waren dabei die noch schlechte Hotelqualität und die fehlende Bahnverbindung.
Der Bürgerkrieg und die anschließende Rezessionsphase stoppten die weitere Entwicklung abrupt. Erst Ende der 40er Jahre engagierten sich wieder zahlreiche Privatleute für den Tourismus in Marbella. Ricardo Soriano Scholt gründete die erste private Urbanisation. Geschäftsleute schlossen sich zusammen und gaben eine "Marbella-Hymne" in Auftrag, die im Radio für die Vorzüge der Stadt warb.
Der Durchbruch gelang schließlich, als Franco das Land für internationales Kapital öffnete.

Als einer der ersten Ausländer fasste der hier lebende Prinz Alfons von Hohenlohe den Entschluss, in Marbella zu investieren - und hatte großen Erfolg.

Das von ihm gegründete Luxus-Hotel "Marbella Club" wurde zum Anziehungs-
punkt von Geld und Adel aus aller Welt.


Luxus-Hotel Marbella Club

Viele Begüterte veranlasste diese Atmosphäre der Exklusivität, in eigene Immobilien zu investieren. Es entstand die "Goldene Meile", ein sechs Kilometer langer Abschnitt zwischen Marbella und dem Yachthafen Puerto Banús, als bald gesäumt von den Prachtvillen der "Superreichen".
Das Rathaus war begeistert und gab 1960 einen Film in Auftrag: "Esto es Marbella". Dieser Film hatte einzig und allein den Zweck, Investoren darauf hinzuweisen, dass weite Flächen von Marbella immer noch zur Verfügung ständen.
Und der Boom hielt an. 1972 entdeckten die Araber die Küste. König Fahd baute sich auf der goldenen Meile seinen Sommerpalast (eine verkleinerte Nachbildung des "Weißen Hauses" in Washington). Unter den zahlreichen Ölscheichs galt es fortan als schick, eine Residenz an der Costa del Sol zu besitzen.
Diese Entwicklung zog natürlich wiederum Investoren und Dienstleistungsunternehmen an. Nirgendwo sonst entstanden so viele Golfplätze, 5-Sterne Hotels, Spezialitätenrestaurants, Boutiquen und Schmuckgeschäfte auf engstem Raum. Im Schnitt liegen die Preise hier auch heute noch um 30 % höher als in den Nachbargemeinden.


Park Alameda
Eine "wilde" Baupolitik, teilweise oder nicht fertiggestellte Bauprojekte, die für den Massentourismus bestimmt waren sowie eine schlechte Infrastruktur drohten dem Boom Ende der 80er Jahre ein Ende zu setzen.


Eine Zeit, zu der ein charismatischer Politiker in Marbella seine Heimat fand. Jesus Gil versprach der Stadt eine Rückkehr zu "goldenen Zeiten" und mit häufig unkonventionellen Maßnahmen schien ihm das auch gelingen.
Gartenflächen wurden angelegt, das Straßenbild verschönert und eine berittene Polizei eingeführt. Streifenwagen verfrachteten Zigeuner und Straßenhändler an die Stadtgrenze; die Stadt wurde "gesäubert". Marbella erhielt vom Tourismusverband den ersten Preis im nationalen Wettbewerb für "die sauberste" und für "sicherste" Stadt Spaniens.
Obwohl Vetternwirtschaft und Korruptionsaffären den Glanz des Politikers inzwischen zwar verblassen ließen, steht immer noch der Großteil der Wähler hinter diesem Mann.
Marbella ist heute wieder Mittelpunkt der Küste. Der Yachthafen gilt als Symbol für Glanz und Reichtum und steht für die gesamte Entwicklung "Marbellas, ein Dorf der Costabella".

Text und Bild: Jon Frederik Heitman
(Freier Journalist und Fotograf)

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