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caiman.de 10. ausgabe - köln, oktober 2000
spanien

Se vende un Daimler

Wer weiß es nicht, Autos sind in Deutschland billiger zu haben als in Spanien. Im Bewußtsein dieser Tatsache machten sich zwei Jünglinge mit dem kurz vor Urlaubsbeginn gekauften Mercedes 200 Diesel, Baujahr ´81 auf den Weg nach Santander. Der große Gewinn vom Verkauf des Wagens sollte die Reise, sowie den anschließenden Erholungsurlaub auf Mallorca finanzieren. Dollarzeichen leuchteten bei Ankunft im Norden Spaniens in ihren Augen. Man begab sich ins teuerste
Restaurant am Ort, um den morgigen Verkauf des alten Benz vor zu feiern.

vor spanien
schon im
excelenten
zustand

Nach ausgedehnter Nachtruhe, die Verkaufstaktik gründlichst abgesprochen, fuhr man alle Gebrauchtwagenhändler ab. Erwogen wurde ein Preis in Höhe
von 550.000 Peseten (ca. 7000 DM). Doch überall erhielt man dieselbe
Antwort, begleitet von einem Lächeln: den will doch keiner mehr haben,
zu alt und zu teuer. Der Preis wurde von mal zu mal niedriger angesetzt, um den Wagen an den Mann zu bringen, und die Jünglinge in den wohlverdienten Urlaub fahren zu lassen. Der letzte Gebrauchtwagenhändler an diesem Tag machte ein Angebot von 50.000 Pts, ein Drittel vom Preis, den die beiden Urlauber
in Deutschland gezahlt hatten. Enttäuscht und müde fuhr man heim, versuchte ein Bad im Meer, doch der Wagen blieb das einzige Gesprächsthema. Auch am nächsten Tag konnte sich keiner der Gebrauchtwagenhändler für den Wagen erwärmen. Sie lächelten und einer bat sogar um Rückruf, im Falle des Erfolgs, um sich unsere Verkaufstaktik zu eigen zu machen. Der Zustand der Jünglinge verschlimmerte sich täglich, jeder Gedanke galt dem Wagen, dem dahinschwindenden Gewinn.

auf jeden
fall mehr
wert als in
deutschland

Da das Unternehmen Gebrauchtwagenhändler in die Hose ging, setzte man den Wagen für 350.000 Pts in die Zeitung, plakatierte in einer nachmittaglichen PR-Aktion die Stadt mit den nötigsten Daten des Autos, der Verkaufpreis stand bei 275.000 Pts, alles natürlich auf Verhandlungsbasis; nur um Stunden später festzustellen, dass ein heftiger Hagelschauer alle Bemühungen hinweg schwemmte. Schon überlegte man, den Wagen nach Marokko zu überführen, denn dort bekommt man noch mehr Geld als in Spanien. Oder aber ein Taxiunternehmen zu gründen. Man entschied sich jedoch dagegen und beschloß stattdessen, sich an einen Spezialisten in Barcelona zu wenden. Doch hatten sich auch bei diesem maestro des Autoverkaufs drei Wagen angesammelt, die niemand haben wollte.

vielleicht
doch nach
Marokko

Man gab nicht auf. Erreichte Barcelona zum Höhepunkt der Fiesta de la Merc, der Stadtpatronin. DieStadt feierte und feierte und wir auch. Tagsüber beschäftigten wir uns nebenher mit dem Verkauf und abends genoß man das breitangelegte Spektakel der locos. Und dann geschah es! Wie der Zufall so wollte, saß man beim Mittagessen, in der glühenden Sonne, die Jünglinge waren schon nicht mehr zurechnungsfähig, als ein muchacho auf seinem Fahrad sich unserem Verkaufsobjekt näherte, bremste und sich für den Wagen zu interessieren schien. Ich schrie ihm zu: "Für 200.000 Pts kannst du ihn haben!" Er zögerte. Ich ging weitere 10.000 Pts mit dem Preis runter und für sage und schreibe 170.000 Pts waren wir den Wagen dann endlich los. Alles nur eine Frage der Verhandlungsbasis.

Die Jünglinge sind mittlerweile auf Mallorca angekommen, reden nur über den schlechten Verkauf des Wagens, anstatt zu entspannen, und ich komme heim nach Santander, und das Telefon steht nicht mehr still, da ein jeder den Wagen haben will.


pa`rriba

Text: Jutta Huppertz
Bilder: Dirk Klaiber

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