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[kol_4] Lauschrausch: Retrosounds aus Lateinamerika
Ondatrópica und Curumin
 
Retro ist nicht nur in Europa angesagt, auch Lateinamerika wird schon länger von einer Retrowelle erfasst. Entweder werden alte Aufnahmen zusammengetragen, technisch bearbeitet und veröffentlicht – siehe z.B. "The roots of Chicha" – oder sie bilden die Grundlage für Neubearbeitungen, am besten gemeinsam mit Musikern von damals. Letzteres haben der kolumbianische Musiker Mario Galeano und der in Medellín lebende Brite Will "Quantic" Holland getan, der schon mehrere Musik-Projekte in seiner Wahlheimat gestartet hat. Im ehemaligen Studio des legendären kolumbianischen Labels "Discos Fuentes" versammelten sich Musiker, die die Musik des Landes in den vergangenen Jahrzehnten geprägt haben. Hinzu kamen junge Talente, so dass am Ende 42 Musiker mitwirkten.

Ondatrópica
Ondatrópica
Soundway / beats international

Das kreative Potential war so groß, dass der Output am Ende für drei Alben gereicht hätte. Aber bereits diese beiden CDs reichen aus, um lahme Partys anzufeuern und / oder sich mit der Musik Kolumbiens anzufreunden. Schon der Einstieg "Tiene Sabor, tiene sazón" ist ein Knaller im 70er Jahre-Salsa-Sound. Weiter geht es mit gerappten oder mit dezenter Elektronik unterlegten Akkordeontiteln ("Suena" / "3 reyes"). Den weit gefassten Einfluss auf die Cumbia-Salsa-Musik zeigen Titel wie "Punkero Sonidero", "Ska Fuentes" oder "Libya", die aber fast immer tanzbar sind, spannend ohnehin. Indigene gaita-Flöten kommen ebenso zum Einsatz wie E-Pianos, alles analog aufgenommen. Da funktioniert sogar ein Black-Sabbath-Cover ("I ron man").

Mit "Passarinho" befindet sich auf dem neuen Album von Curumin (alias Luciano Nakata Albuquerque) ein absoluter Hit, der nicht nur für einen Sommer gut ist. Eine tanzbare Brasil-Popballade mit 70er-Orgelklängen. Auch sonst ist vieles – nicht nur das unvermeidbare LP-Knistern – Retro auf diesem Album; allerdings gelungen gemischt mit modernen Elementen der (brasilianischen) Musik: so treffen psychedelische Klänge, Tropicalismo ("Pra nunca mais") oder Soul auf bailefunk ("Sapo cururu") und dubstep ("Treme terra"), Elektronik auf Samba oder Reggae ("Vestido de prata"), alles unterbrochen bzw. ergänzt von kurzen elektronischen Klangcollagen, die zwischen die Titel "gequetscht" (arrocha) werden.

Curumin
Arrocha
Six Degrees / Exil

Schöne Melodien, knarzige Sounds, schräge Rhythmen und alles zusammen ergibt die Soundvielfalt des neuen Brasilien, den Curumin noch mit seinen persönlichen Anlagen – von spanisch-japanischen Eltern – würzt.

Text: Torsten Eßer
Cover: amazon

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