brasilien: Willkommen auf dem Mond!
Brasília bei Nacht - Bildergalerie
THOMAS MILZ
[art. 1]
cuba: Varadero - Auszüge aus einem Reisetagebuch
Teil 4: Ausflug auf Cayo Largo
NORA VEDRA
[art. 2]
peru: Auf dem Inka-Trail nach Machu Picchu
MATTHIAS BAYER
[art. 3]
spanien: Andalusische Olivenölroute
MICHAEL SCHWAIGHOFER
[art. 4]
heldeninnen brasiliens: Kick it like Marta (WM 2007)
THOMAS MILZ
[kol. 1]
amor: Frühlingserwachen
ANDREAS DAUERER
[kol. 2]
pancho: Dorade
DIRK KLAIBER
[kol. 3]
lauschrausch: Achilifunk / Peret / Sonido
TORSTEN EßER
[kol. 4]




[art_1] Brasilien: Willkommen auf dem Mond!
Brasília bei Nacht

Bei Tag ist es grau und triste. Autos jagen über die sechsspurigen Asphaltpisten und kaum ein Fußgänger verirrt sich in die an Bäumen karge Betonwüste. Seit fünf Monaten wartet der braun verfärbte Rasen auf Regen, und unerbittlich brennt die Sonne hernieder. Seltsame Betonbauten säumen die Landschaft, die mal nach Kernkraftwerk und mal nach Fliegenpilz aussehen.

Doch bei Nacht verwandeln sich Oscar Niemeyers graue Betongebäude in überraschend beeindruckend schöne Architekturereignisse. Folgen Sie uns durch das nächtliche Brasília!

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Text + Fotos: Thomas Milz





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[art_3] Peru: Auf dem Inka-Trail nach Machu Picchu

Seit wenigen Wochen sind sie eines der neuen sieben Weltwunder - die Inka-Ruinen von Machu Picchu. Die Besucherzahl steigt beinahe täglich an, doch es gibt einen Weg, die Touristenmassen zu meiden. Der berühmte viertägige Inka Trail, eine der bekanntesten Wanderstrecken der Welt. Da die Zahl der Wanderer auf 500 pro Tag begrenzt ist, ist die Strecke nicht so überlaufen, wie dem Trail oft nachsagt wird…

Kurz vor dem ersten Pass [zoom]
Machu Picchu [zoom]

Kraftlos, aber glücklich, werfe ich meine Wasserflasche auf einen Felsblock, lege meinen Wanderstock, meinen kleinen Hüftrucksack und die überflüssige Kleidung daneben und wische mir mit dem T-Shirt den Schweiß von der Stirn. Dann bin ich bereit, das zu tun, wofür ich seit drei Tagen durch die Hochanden Perus stapfe. Noch einen Schritt und ich stehe im Intipunku, dem Sonnentor zur verlorenen Stadt der Inkas, dem Bild, mit dem wohl jede Peru-Reise beginnt, dem Sonnentor nach Machu Picchu. Beim ersten Blick auf die Ruinen gehen mir die vergangenen drei Tage noch einmal durch den Kopf.

Ich hab die Bilder vor Augen, als wir am Ufer des Urubamba-Flusses aus dem Bus gebeten, mit kleinen Snacks versorgt und durch die Eingangspforte des Nationalparks geschleust wurden. Wie es dann zunächst ebenerdig am Ufer entlang ging, kaum merklich leicht ansteigend. Wie wir nach etwa zwei Stunden die erste Pause einlegten, während unser Guide José wegen eines defekten Walkie-Talkies zurück zum Ausgangspunkt rennen musste und wir (ich und 12 Weitere auf den Spuren der Inka) schon mal alleine hinabkletterten ins Tal des Wayanay und auf der anderen Seite mit 60 Höhenmetern die erste richtige Steigung bewältigten und uns oben darüber freuten, die Inka-Ruinen von Llaqtapata zu Gesicht zu bekommen. Ich kann mich erinnern, wie wir nach insgesamt neun Kilometern in Wayllabamba, dem letzten Dorf entlang des Treks, rasteten und uns dann bereit machten, den ersten kleinen Abschnitt des sechs Kilometer langen Anstiegs zum Warmiwañusqa-Pass anzugehen. Wir waren frohen Mutes, da nach eineinhalb Stunden Anstieg unser Camp zum Übernachten auf uns wartete.

Bergurwald [zoom]
Blick zurück ins Tal [zoom]

Ich denke mit ein wenig Stolz auch an den zweiten Tag, der uns von unserem Camp um sieben Uhr aufbrechen ließ um den (übersetzt aus dem Quechua ist es der Pass der toten Frau) anzugehen und noch mal etwa 800 Höhenmeter zu überwinden. Die Gruppe zerfiel kurz nach dem Camp, ein Engländer rannte voraus, wir anderen "verteilten" uns auf dem Pfad. Auch unsere Guides hatten zu kämpfen und verloren recht schnell den Anschluss. In stetigem Tempo ging es vorbei an schwitzenden Mitkämpfern aus anderen Gruppen, Trägern, die ob ihrer gewaltigen Last auf dem Rücken nur mühsam voran kamen und wunderschönen Landschaften tief unten im Tal. Letzteres wurde allerdings von Stufe zu Stufe unwichtiger, da jeder mit sich selbst genug zu tun hatte. Zudem wurde es nun - auf etwa 3800 Metern - immer kühler. Richtig kalt wurde es dann, als es leicht zu nieseln begann und ich gezwungen war, meinen Poncho überzuziehen.

Nach knapp drei Stunden endlich kam er in Sicht - der Pass der toten Frau. Einige mühsame Minuten noch die viel zu hoch geratenen Stufen hinaufkraxeln, dann stand ich auf 4215 Metern, ließ mir den frischen Wind durch die schweißnassen Haare wehen und schaute mit ein bisschen Stolz zurück auf den Pass, wo sich andere noch tapfer mühten, in Tritt zu bleiben und nicht Opfer von Kälte, Höhe und eigenem Schweinehund zu werden.

Passhöhe 4215m [zoom]
Salkantay [zoom]

Doch für den Stolz blieb nur wenig Zeit. Um nicht auszukühlen ging es direkt wieder bergab - über eine Stunde auf steilen, glitschigen Felsen. Schließlich dann das Camp auf 3600 Meter und endlich Mittagessen. Nach einem Koka-Tee brachen wir dann auf zum 2. Pass - diesmal auf 4000 Meter. Fluchend, da während des ersten Steilstückes noch träge vom wirklich guten Essen, passierten wir nach etwa 25 Minuten die Ruinen von Runkuraqay, wo wir 20 Minuten verweilten. Dann weiter nach oben, bei weitem nicht so schlimm wie am Morgen, doch mit dem Marsch vom Morgen in den Knochen. Der Blick zurück ins Tal entlohnte aber für die Mühe - vor allem vom Gipfel des zweiten Passes, wo wir uns alle abklatschten, in der Gewissheit, dass der schwerste Teil des Treks geschafft war. Der 400-Höhenmeter-Abstieg ins Camp bildete noch einmal einen ungemütlichen Abschluss eines wirklich langen Tages, an dessen Abend wir uns den Fruchtcocktail mit Rum, organisiert von unseren Guides Julio und José, redlich verdient hatten.

Ich denke in diesem Moment, während des Schrittes durch das Sonnentor, vor allem an die Stunden vorher. Es ist der dritte Tag und es war ein genialer, wenn auch mit frostig kaltem Start um fünf Uhr morgens. Doch als die ersten Sonnenstrahlen die Gletscher-Kette Vilcabamba anstrahlten, war all die Kälte, all die Mühe vom Vortag vergessen. Es ging einfach nur mit froher Erwartung auf zum dritten Pass, der bereits nach 35 Minuten geschafft war - von da an nur noch bergab. Wir kamen vorbei an einigen Lagunen, wir passierten kleine Höhlen, der Weg bohrte sich durch einige Tunnel und unter gewaltigen Ästen hindurch. Auf der linken Seite stand der eindrucksvolle Salkantay, der gewaltigste, aber bei weitem nicht der einzige Gletscher der Region, unter wolkenlosem Himmel und schien uns noch mehr anzuspornen. Nach vier Stunden Abstieg machten wir Mittag nahe den Ruinen von Wiñaywayna.

Am zweiten Pass [zoom]
Aufstieg zum zweiten Pass [zoom]

Nach der Rast konnten wir es kaum erwarten weiter zu gehen - schließlich stand am Ende der nächsten ein- bis eineinhalb Stunden der Blick durch das Sonnentor auf Machu Picchu. Als hätten es die Inka den Touristen von heute besonders schwer machen wollen, waren die letzten 25 Minuten noch einmal von viel zu hohen Stufen, von Kletterpartien, aber auch von der freudigen Erwartung geprägt.

Dann bin ich bereit dazu, das zu tun, wofür ich seit drei Tagen durch die Hochanden Perus stapfe. Ich gehe noch einen Schritt und stehe im Intipunku, dem Sonnentor zur verlorenen Stadt der Inkas, dem Bild, mit dem wohl jede Peru-Reise beginnt, dem Sonnentor nach Machu Picchu. Und da unten, am gegenüberliegenden Hang, da strahlt Machu Picchu in der Nachmittags-Sonne, als wolle es unsere Gruppe persönlich begrüßen. Nach den ersten Eindrücken werden wir weiter gehen auf dem Inka-Pfad, immer am Hang entlang, immer die Ruinen im Blick, die von Schritt zu Schritt größer und prächtiger erscheinen. Etwa eine Stunde und etliche Freudenrufe später, werden wir den Aussichtspunkt erreichen und einfach schweigend im Gras liegen.

Sonnenaufgang am dritten Tag [zoom]
Wanderer [zoom]

Am nächsten Morgen werden wir genau dahin zurückkehren, nach einer Stunde Wanderung, dem letzten und anstrengenden Teil des Trails. Wir werden schon um sechs Uhr in den Ruinen sein und den Sonnenaufgang genießen, bevor wir uns beim Rundgang durch Machu Picchu trotz der Hitze etwas entspannen können. Gegen Mittag werden wir die Ruinen verlassen, mit der Gewissheit, dass diese Stelle etwas Magisches hat…

Text + Fotos: Matthias Bayer





[art_4] Spanien: Andalusische Olivenölroute

In Andalusien werden 80% des spanischen Olivenöls hergestellt. Die restlichen 20% verteilen sich auf Castilla la Mancha (7%), Extremadura (5%), Cataluña (3,5%) und das übrige Spanien (4,5%).

Durch die Einführung regionaler Ursprungsauszeichnungen und Kontrollorganismen (die so genannten DOs: Denominaciones de Origen e Indicaciones Geográficas) und der Etablierung von einheitlichen Standards bezüglich des Anbaus und der Herstellung ist man seit einigen Jahren bestrebt, die Qualität der spanischen extra nativen Olivenöle zu steigern und ein differenziertes Identitätsprofil der Olivenanbau-Regionen zu schaffen. Diese Institutionen erhalten durch EU-Zulassung einen offiziellen Status.



Iberische Schweine im Olivenhain

Zunächst soll jedoch noch auf ein paar allgemeine die Qualität von Ölivenöl beeinflussende Merkmale eingegangen werden:

Reifegrad: Neben Sorte und Anbaugebiet bestimmen Erntezeitpunkt und Reifegrad den Charakter und die Qualität eines Olivenöls. Im Frühling trägt der Olivenbaum Blüten und die Farbe der Oliven ist grün. Sie wechselt allmählich über violett zu schwarz und erst dann sind die Oliven reif. Allgemein sind die Öle, die aus grünen oder violetten Oliven gewonnen werden, im Aroma fruchtig und duften nach grünem Grass. Der Geschmack ist pfeffrig und bisweilen bitter. Öl, das aus schwarzen Oliven hergestellt wird, nennt man auch reifes Öl. Sein Aroma ist weniger fruchtig und der Geschmack süßer.

Ernte: Für die Qualität eines Öls ist zudem der reibungslose Ablauf der Ernte ausschlaggebend. Hohe Qualität zeichnet sich durch eine rasche Verarbeitung aus, wobei die Früchte unbeschädigt bleiben, das Pressen umgehend erfolgt, sprich am gleichen Tag, und die Oliven sorgfältig gereinigt werden vor allem auch von Blättern, Stielen und Zweigen.

Verfahren der Ölgewinnung: Die wichtigste Vorraussetzung bei der Herstellung von extra nativem Olivenöl ist das Kaltpressen. Das Öl darf dabei nicht über 27º C erwärmt werden. Zur Erntzeit in den Wintermonaten liegt die Temperatur in den Olivenmühlen manchmal nicht über 10º Celsius. Es gilt, umso kälter gepresst wird, desto höher die Qualität. Problem hierbei ist, dass sich sehr kalte Oliven nur schwer pressen lassen.

Kommt es zu einer die 27°C übersteigenden Erwärmung, so spricht der "Ölmühler" von "cocido", was wörtlich übersetzt "gekocht" bedeutet und als negatives Geschmacksattribut bei der Verkostung von Olivenöl gilt.

Man unterscheidet beim Pressen in Andalusien drei Methoden: römische Steinmühle, traditionelle Stahlmühle und modernes Endlos-Extraktionsverfahren.

Das Pressen der Oliven mit Steinmühlen geht auf die Römer zurück. Der Einsatz von Steinmühlen ist in Andalusien zwar selten geworden, man kann ihn aber immer noch finden. Der Nachteil der Steinmühlen-Methode ist die Langsamkeit. Der Vorteil ist, dass die Oliven beim Vorgang nicht besonders stark erhitzt werden.

Auch die Methode des Einsatzes traditioneller Stahlmühlen findet noch Anwendung in Andalusien. Die Handhabung ist jedoch nicht nur sehr zeitintensiv, da die Herstellung in mehreren Schritten erfolgt, sondern hat auch den Nachteil, dass der Olivenbrei großflächig und über einen längeren Zeitraum Sauerstoff ausgesetzt ist und so eine Autooxidation hervorgerufen wird. Dies hat zur Folge, dass die so genannten Phenole zerstört werden. Phenole sorgen dafür, dass sich Blutgefäße auch nach einem fettreichen Essen problemlos an die Veränderungen des Blutflusses anpassen. Anhand von Forschungen der Universität von Córdoba konnte nachgewiesen werden, dass der Konsum von phenolreichem Olivenöl die Anpassungsfähigkeit der Gefäßwände an Schwankungen der Blutmenge verbessert.

Heutzutage findet man in den Olivenmühlen Andalusiens - vor allem in denen, die in einer DO organisiert sind - hauptsächlich das moderne Endlos-Extraktionsverfahren. Vorteile bei diesem Verfahren sind verbesserte hygienische Bedingungen und erheblich höhere Kapazitäten.

So können mehr Oliven zu ihrem idealen Reifezeitpunkt gepresst werden. Eine qualitätsmindernde Lagerung ist nicht mehr notwendig.


Endlos-Extraktionsverfahren

Die Oliven werden unmittelbar nach der Ernte zur Mühle geliefert. Dort lagert man sie zunächst für einige Stunden in luft-durchlässigen Containern. Dann gelangen sie über einen Trichter und ein Transportband zur Saugstation, welche Blätter und kleinere Zweige entfernt. Im Anschluss erfolgen das Waschen und das Zerkleinern. Letzteres geschieht durch ein schnell rotierendes Metallschwingrad. Der entstandene Olivenbrei wird dann mit einem "Schneckensystem" ca. 20 Minuten gerührt. Falls notwendig wird dem Olivenbrei auch Wasser zugesetzt. Danach kommt der Brei in den Dekanter, in dem in einem Arbeitsgang das Öl von einem großen Teil des Fruchtwassers sowie dem Trester automatisch getrennt wird. Den letzten Schliff erhält das Öl in der Zentrifugier-Station, die für die endgültige Trennung von restlichem Fruchtwasser und Öl verantwortlich ist.

Die oben erwähnte regionale Unterteilung der Anbaugebiete in DOs, wird in den folgenden Beschreibungen behandelt:

Montes de Granada: Die DO-Region Montes de Granada liegt im östlichen Teil der Provinz Granada, begrenzt durch die Dörfer Alicún de Ortega, Benalúa de las Villas, Calicasas, Campotéjar im Osten und Torrecardela und Villanueva de las Torres im Westen. Dieser Landstrich besticht durch eine karge Landschaft und so weit das Auge reicht, sieht man nichts als Olivenbäume. Da die Region in den Ausläufern der Sierra de Nevada liegt, kann es im Winter auch schon mal Schnee geben und gefrieren.

80 % der Oliven, die hier angebaut werden, gehören zu der Sorte "Picual". Diese zeichnet sich durch ihre Robustheit gegen Kälte aus. Das Öl, welches man aus Picual-Oliven gewinnt, ist dank eines hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren lange haltbar.

Geschmack und Aroma dieser Sorte variieren, je nachdem ob sie im flachen Land oder den bergigen Lagen angebaut werden. Das Öl aus den flachen Anbaugebieten besticht allgemein durch seine Bitternoten und den Geschmack nach Pfeffer - manchmal auch ein wenig nach Holz. Das extra native Olivenöl aus den Berglagen ist mit einem angenehm frischen Flavor ausgestattet und kann zudem süßlich schmecken.



DO-Region Poniente de Granada

Poniente de Granada: Diese DO-Region befindet sich im Westen der Provinz Granada. Sie steht unter dem klimatischen Einfluss des Mittelmeeres. Die Temperaturen fallen daher in den Wintermonaten nicht ganz so tief wie in Montes de Granada. Dies erlaubt den Anbau von Olivensorten, die länger dauernde Kälteperioden nicht überstehen würden. Die Sorten, welche man in dieser Region anbaut, sind Hojiblanca, Picual, Picudo und Lucio. Hinzu kommen die Sorten Illoreño, Nevadillo de Alhama de Granada und Loaime, die ihren Ursprung in dieser Region haben. Das Ergebnis der Sortenvielfalt ist eine große Bandbreite an unterschiedlichen extra nativen Olivenölen. Charakteristisch für Olivenöle aus dieser Region sind aromatische Öle, die nach Äpfeln, grünem Gras oder auch Tomaten duften. Im Geschmack finden sich die Aromen von grünen Mandeln und auch Waldbeeren.

Der Westen von Granada ist altes Kulturland; reich an Denkmählern und historischen Stätten. Man findet hier auch noch, im Gegensatz zu anderen Regionen Andalusiens, viele sehr alte Olivenbäume. Olivenbäume wachsen langsam. Nach 5 - 10 Jahren tragen sie zum ersten Mal Früchte. In einem Alter von 35 bis 100 teilweise auch 150 Jahren gelten die Bäume als ausgewachsen. Ältere Bäume tragen weniger Früchte und sind somit nicht mehr so wirtschaftlich. Aus diesem Grund trifft man sie in vielen Olivenregionen nicht mehr an.

Priego de Córdoba: Die DO-Region der Priego de Córdoba befindet sich im Südosten der Provinz Córdoba im Herzen des Naturparks Parque Natural de las Sierras Subbéticas angrenzend an Jaén und Granada. Olivenbäume wachsen hier größtenteils in über 700 Meter Höhe. Ein eigenständiges Mikroklima und hohe Temperaturunterschiede sind Elemente, welche diese Region für den Olivenanbau einzigartig machen. Ausgrabungen weisen auf eine lange Tradition des Olivenanbaus hin. Sie bezeugen, dass bereits im 2. Jahrhundert nach Christus von der hispanisch-römischen Bevölkerung Oliven gepresst wurden.

Priego de Córdoba ist für die ausgezeichnete Qualität seiner extra nativen Olivenöle bekannt. Die Sorten, welche hier angebaut werden, sind Picudo zu 60%, Hojiblanca zu 25% und Picual zu 15%. Vor allem die Sorte Picudo glänzt durch ein unübertreffliches Geschmacksgleichgewicht und Süße. Es ist kein strenger Geschmack, sondern vielmehr ein leicht an exotische Früchte, Äpfel und Mandeln erinnernder.

Viele Gerichte der traditionellen Küche Córdobas basieren auf dem extra nativen Olivenöl der Region. Hierzu zählt der Salmorejo cordobés, der in den Sommermonaten auf keinem Tisch fehlen darf. Es handelt sich hierbei um eine kalte Creme, die aus Tomaten, Olivenöl und Weißbrot (vom Vortag) besteht. Dazu reicht man hartgekochte Eier und Iberico Schinken.

Sierra de Segura: Die DO-Region Sierra de Segura liegt im östlichsten Teil der Provinz Jaén und deckt sich weitestgehend mit den Begrenzungen des gleichnamigen Naturparks. In den hohen Bergen des Parks entspringen die wichtigsten Flüsse Andalusiens: der Guadalquivir, der Segura und der Guadalimar. Da es hier sehr kalt werden kann, wird hauptsächlich die Olivensorte Picual angebaut. Das Ergebnis, je nach Anbauort und Erntezeitpunkt, sind extra native Olivenöle mit einem ganz eigenen Charakter. Grastöne mischen sich in das pikante Aroma.

Sierra de Gazorla: Angrenzend an den Naturpark Sierra de Segura y Gazorla findet man die DO-Region Sierra de Gazorla, die in ihrer landschaftlichen Beschaffenheit und in Bezug auf Anbau und Verarbeitung der Oliven der der DO-Region Sierra ähnelt. Die wichtigste Sorte ist Picual. Eine weitere Sorte, welche hier angebaut wird, ist die Olive Royal. Diese zeichnet sich durch einen besonders milden und süßen Geschmack aus. Gemischt mit Oliven der Sorte Picual erhält man als Ergebnis ein extra natives Olivenöl, welches durch sein mittelfruchtiges Aroma mit Geschmacksnuancen nach grünen und reifen Tomaten sowie Mandeln besticht. Zudem ist der Geschmack zu Beginn angenehm süß, dann zartbitter. Der relativ hohe Niederschlag in dieser Region zeigt sich verantwortlich für den süßeren Geschmack der extra nativen Olivenöle im Gegensatz zu denen der Sierra Mágina.

Sierra Mágina: Ebenfalls in der Provinz Jaén liegt die DO-Region Sierra Mágina inmitten des gleichnamigen Naturparks. In dem 20.000 Hektar umfassenden, rund um das Gebirge der Sierra Mágina gruppierten, Anbaugebiet wird zu 95% die Olivensorte Picual kultiviert. Typisch für qualitativ hochwertige extra native Olivenöle aus dieser DO-Region sind folgende Geschmacks- und Aromamerkmale:

Kräftiger aromatischer Eindruck durch intensiven Duft nach Kräutern und auch nach Tomatenzweigen, Artischocken und frisch geschnittenem Gras; im Geschmack an Tomaten und Gemüse erinnernd und einem leicht pfeffrigen Abgang.

Baena: Die DO-Region Baena befindet sich im Süden der Provinz Códoba zwischen der Campiña und den Ausläufern der Berge Serranía Subbética. Baena ist eine der ältesten Olivenanbauregionen Spaniens. Schon die Phönizier gefolgt von den Römern bauten hier Olivenbäume an. lm 12. Jahrhundert dann unter arabischer Herrschaft avancierten Oliven zum wichtigsten Agrarprodukt der Region. Die extra nativen Olivenöle aus der DO Baena sind fruchtig im Geschmack und sehr aromatisch. Die klimatischen Voraussetzungen des Landstrichs ermöglichen den Anbau vielfältiger Olivensorten. Die wichtigste Sorte ist die Picuda. Daneben existieren: Lechin, Chorúa, Pajarero, Hojiblanca und Picual. Typisch für extra native Olivenöle aus dieser Region sind ein Aroma nach frisch geschnittenem Gras und Fenchelkraut und der Geschmack nach Früchten wie Äpfel, Bananen und Mandeln. Anhaltend süß und mild mit einem leichten Bittergeschmack zum Ende hin.

Sierra de Cádiz: In Richtung Atlantik zwischen der Sierra de Líjar, der Sierra de Algodonales und der Sierra de Grazalema im Südosten liegt die DO-Region Sierra de Cádiz. Teile der Region erstrecken sich in den Naturpark Parque Natural de la Sierra de Grazalema. Die Olivensorten, welche man in dieser Zone anbaut, sind vor allem Lechín, aber auch Manzanilla, Verdial, Hojiblanca, Picual, Alameña und Arbequina. Das Verkostungsprofil des extra nativen Olivenöls der Sorte Lechín zeichnet sich durch ein aromatisches Gleichgewicht zwischen dem Duft nach Gras und Olive aus. Im Geschmack ist es leicht bitter und etwas pfeffrig, im Abgang leicht nach Mandel schmeckend.

Estepa: Die DO-Region Estepa erstreckt sich von der Provinz Sevilla bis zu Puente Genil in der Provinz von Córdoba. Sie ist eine der wichtigsten Zonen Andalusiens im Hinblick auf die Produktion von extra nativem Olivenöl und Tafeloliven. Letztere machen gut ein Drittel der Olivenernte aus. Die Olivensorten, welche man in dieser Region kultiviert, sind Hojiblanca, Manzanilla, Arbequina, Marteña (Picual) und Lechín. Die wichtigste Sorte ist Hojiblanca.

Bei der Verkostung von extra nativem Olivenöl der Sorte Hojiblanca findet sich eine große Vielfalt an Geschmacksrichtungen.

Im Allgemeinen sind diese Öle zu Beginn der Verkostung süß im Geschmack. Im Aroma findet man fruchtige Töne und frisches Gras. Man sollte den Verkostungsvorgang zweimal wiederholen, dann entdeckt man eine leichte Bitternote und manchmal sogar den Geschmack von Fruchtsalat und einen Nachgeschmack nach Mandeln.



Olivenhain in Andalusien

Antequera: Die Do-Region Antequera befindet sich in der Provinz Malaga und erstreckt sich bei Palenciana bis in die Provinz Córdoba. Die wichtigste Olivensorte Antequeras ist die Sorte Hojiblanca, welche 90% der Produktion ausmacht. Weitere Sorten, die in dieser Region angebaut werden, sind Picual und Marteña, Arbequina, Lechín und einige Sorten, die nur in dieser Region vorkommen wie Gordalilla de Archidona o Romerilla. Folgende Geschmacks- und Aromamerkmanle zeichnen die Sorten der Region aus:

Hojiblanca: Extra natives Olivenöl von gelb-goldener Farbe. Im Geschmack wenig pikant und leicht fruchtig.
Gordalilla: In der Nase präsentiert es frische Aromen von Äpfeln, Kiwi und Sauerampfer. Im Mund zeigt es sich mit einem angenehmen Walnusston.
Lechín: Intensiver Duft nach frischen Oliven. Der Geschmack ist pikant und leicht bitter.
Arbequina: Ein Aroma nach frischen Früchten, ein leichter Duft nach grünen Äpfeln, Kräutern und Blumen, im Geschmack süß und mild und im Abgang leicht pfeffrig.

Die extra nativen Olivenöle werden entweder als reinfuchtige Öle oder als Cuvees angeboten. So erreicht man sehr interessante Öle, beispielsweise durch Mischung eines streng bitteren, aber intensiv fruchtigen Öls der Sorte Picual mit einem mild süßen Öl der Sorte Hojiblanca. Im Ergebnis können Öle entstehen, die alle positiven Attribute der unterschiedlichen Sorten in sich vereinigen.

Text + Fotos: Michael Schwaighofer

Info: Michael Schwaighofer ist Betreiber der Website: www.olivenwerkstatt.com
Olivenwerkstatt: Interessantes über die ländlichen Regionen von Andalusien, Wissenswertes über die Herstellung von extra nativem Olivenöl, Kochrezepte traditioneller südspanischer und moderner mediterraner Küche, online Reservierung von ländlichen Unterkünften in allen Regionen Spaniens.





[kol_1] Heldinnen Brasiliens: Kick it like Marta

Gott ist ja bekanntlich Brasilianer. Aber heißt das automatisch, dass er auch den Kickern vom Zuckerhut stets die Daumen drückt? Und wenn dem so ist, wäre das dann eigentlich als gerecht zu bezeichnen? Ist es gerecht, dass die Brasilianer nach 90 Minuten meistens als Sieger vom Platz gehen? Reicht es nicht, dass sie schon die besten Fußballer in ihren Reihen haben?

0:0 stand es zur Halbzeit des WM-Finales 2007. Glücklich für die deutsche Frauenmannschaft, wenn man ehrlich ist. Der Traum von der Titelverteidigung in ganz weite Ferne gerückt. Wer kann einem in solch einer Situation noch zur Seite stehen?

So fragt man sich, ob es eigentlich einen Gott gibt, und wenn ja, wem drückt er die Daumen? Denen, denen er sowieso schon das meiste Talent in die Wiege gelegt hat?

Allen voran Marta, eine erst 21-jährige Stürmerin aus dem Bundesstaat Alagoas, hoch im Nordosten, Brasiliens Nummer 10, die die gegnerischen Abwehrreihen in Grund und Boden spielt. Seit drei Jahren kickt die Weltfußballerin 2006 in Schweden. Denn daheim im Macholand am Zuckerhut hält man nicht viel von Frauenfußball. Ganz anders als in Deutschland, wo Spiele der Frauenbundesliga gerne einmal 10.000 Zuschauer anlocken.

Gegen die brasilianischen Individualisten tun sich deutsche Mannschaften traditionell schwer, denn Individualisten sind auch für ein perfekt organisiertes Kollektiv wie das deutsche meist der Tod.

Erinnerungen werden wach. 0:0 stand es damals auch. Im Urwald, auf einer kleinen Insel inmitten des gigantischen Amazonas, schaute ich das Endspiel 2002. Rivaldo, Ronaldo und Ronaldinho, drei Zauberer gegen eine biedere, namenlose deutsche Elf.

Brasilien gegen Kahn, hieß es damals. Kreativer Offensivfußball gegen den blonden Betonblock im deutschen Tor.

Man musste einfach verlieren, und selbst der an den Pfosten gesetzte Freistoß von Neuville konnte darüber nicht hinwegtäuschen. Nach gut 70 Minuten erfolgte dann der lang erwartete Todesstoß Ronaldos. Das Schicksal hatte sich erfüllt. Und nur Spott blieb für den einsamen Deutschen am Ende der Welt.

Wie froh war man da, dass die Brasilianer wenigstens im Frauenfußball keine ernsthafte Gefahr darstellten. Weltmeister wurden 2003 die deutschen Frauen, denen man auch 2007 zutraute, ihren Titel zu verteidigen. Doch dann kamen die Panamerikanischen Spiele im Juli 2007 und die brasilianische Frauen-Seleção demontierte ihre Gegner auf erschreckende Art und Weise.

Und dann überrollten sie auch bei der WM in China alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Mit 4:0 schickte man die favorisierten USA im Halbfinale zum Duschen. Um die deutschen Frauen konnte einem da eigentlich nur angst und bange werden.

Glück hat man, dass Brasilien im Finale gegen Deutschland nach 23 Minuten nur den Pfosten trifft. Manche Dinge ändern sich einfach nie, denkt man.

Alles schon gesehen. Gegen Brasilien kann man lange gut mithalten, doch am Ende siegt die individuelle Brillanz gegen die taktische Perfektion.

Als der Fatalismus bereits zu ersten Lähmungserscheinungen beim deutschen Zuschauer führt, fällt das 1:0. Birgit Prinz schießt es, und nicht Marta. Kann man das Schicksal besiegen? Dreht sich das Glücksrad plötzlich anders herum?

Marta bekommt ihre Chance in Form eines berechtigten Elfmeters, doch sie zeigt Nerven. Ronaldinho hätte ihn wohl rein gemacht, werden Brasiliens besserwisserische männliche Sportreporter jetzt wohl sagen. Elendige Machos.

Verzweifelt rennen die Brasilianerinnen gegen die drohende Niederlage an, doch es nutzt alles nichts mehr. Marta wird später noch als beste Spielerin und Torschützenkönigin geehrt, aber traurig ist sie trotzdem. Hat Gott sie verlassen?

Oder schaut Gott vielleicht doch lieber Formel 1 statt Fußball und hat sich nach dem frühmorgendlichen Rennen in Japan einfach wieder schlafen gelegt?

Text + Fotos: Thomas Milz





[kol_2] Amor: Frühlingserwachen

Die Tage gewinnen wieder an Intensität. In der Avenida Corrientes. In Buenos Aires. Wir sehnen uns nach dem Sommer, der schon in den Startlöchern steht und nur darauf wartet, endlich dem tristen, kargen, kalten Winter den Kampf anzusagen. Lange wird es nicht mehr dauern, der Frühling ist bereits da und weckt Begehrlichkeiten. Irgendwo dazwischen bin ich gefangen zwischen lauten Latinas, gebrochenen Herzen und ein, zwei Flaschen Rotwein. Malbec heißt die Traube, die man in Argentinien und Chile vorwiegend anbaut. Ein teuflisch gutes Zeug. Der Wein ist wie die Menschen in der Region, von denen er angebaut wird: liebevoll aufgezogen wie die eigenen Kinder, mit Argusaugen begleitet bis sie endlich flügge sind und auf eigenen Füßen stehen um Charakter zu entwickeln. Stark und trocken wie einst Maradona 1978 gegen England.

Mit Finesse und noch viel mehr Anmut. Maradonas Plus war, dass er auf dem Feld selten in Schönheit starb und sein Ziel stets im Auge behielt. Im wirklichen Leben gestaltet sich das anders. Unendlich viele Ziele, unendlich viele Ideen. Und doch so wenig Ausweg.

Ich rieche die Stadt, spüre sie. Und sie fängt mich auf. Sie ist gut zu mir und grausam zu anderen. Ob sie ihr Böses getan haben? Weit gefehlt.

Auch, oder gerade hier, zählt der Dollarkurs. Und der ist schlecht wie seit Jahren nicht. Und dennoch bewahren sich die ärmeren Menschen einen Stolz, der mir Tränen in die Augen treibt. "Schau auf die armen Leute und Du weißt, wie es um ein Volk bestellt ist." Diesen Satz habe ich mir merken können, als ich im Norden des Landes unterwegs gewesen bin. Ein alter, verrunzelter Herr hat ihn mir angetragen. Und er hat nicht Unrecht. Je schlechter es den Menschen geht, umso vehementer lassen sie sich fallen und treiben. Man schaue nur auf Havanna. Eine lebenslustige Metropole, wo über die Hälfte nicht weiß, wovon sie morgen abbeißen sollen. Dann helfen nur Musik und Rum.

Diego ist so einer, der beide Seiten der Medaille kennen lernen musste. Musiker, wie so viele Menschen in Buenos Aires, dieser kreativen Stadt. Er ist ein guter Musiker. Ein sehr guter, um genau zu sein. Er schrieb Lieder für Plattenfirmen wie Universal und Time Warner. Aber die Bosse waren der Meinung, dass er seine gesamten Rechte am komponierten Material an das Unternehmen abzutreten habe. Ich rechne es ihm hoch an, dass er es schließlich nicht getan hat. Klar, er hatte ein wenig Geld in der Hinterhand, konnte eine zeitlang überleben, auch ohne ein geregeltes Einkommen. Nicht wie viele andere hier, die tagtäglich ums Überleben kämpfen. "Ich habe auch meinen Stolz", höre ich ihn sagen. "Meine Seele verkaufe ich nicht." Das Wörtchen noch schwingt irgendwie mit.

Unser Wiedersehen war herzlich. Er sah aus wie immer. Ein paar Haare weniger und ein paar graue dazu. An seiner Seite eine wunderschöne Frau und sein Sohn Franco aus erster Ehe. Für Diego sind die Zeiten härter geworden. Er singt momentan für eine Rockband. Aber das ist nur ein kurzes Engagement, denn er komponiert lieber: Lieder über Liebe, Tod, Trennung, Schmerz und Freude. Über das Leben. Sein Leben. Mit all seinen Facetten. Wenn er die ersten Akkorde seiner Lieder anstimmt, erfüllt es mich mit Wehmut. Es liegt so viel Wahres in seiner Poesie, so viel Anmut. Der Malbec fließt unsere Kehlen hinunter und mit jedem Schluck teilen wir ein Stückchen mehr Erinnerung miteinander. Die Macht der Freundschaft und der Liebe ist ein starkes Band.

Derzeit arbeitet Diego in einem Möbelgeschäft. Nichts großes, es ernährt ihn, macht ihm nur mäßig Spaß, aber er hat ein paar Pesos übrig, um Franco zu unterstützen. Große Sprünge kann er nicht mehr machen. Das war einmal. Versprechen, mich in Europa zu besuchen, habe ich schon ad acta gelegt. Es ist derzeit nicht realisierbar. Wie auch? Er erzählte mir vom Musizieren in der Subte und seiner anfänglichen Überwindung es überhaupt zu tun. Aber auch von der Genugtuung, wenn es ein guter Tag gewesen ist. Jetzt lieber Möbel verkaufen, das ist unverfänglicher. Und der Jüngste ist er ja auch nicht mehr. Die Musik hält ihn am Leben, aber die Kunst allein nährt nicht mehr. Zwei Mal in der Woche fährt er raus mit dem Zug nach Tigre. Aber weniger, um auf den Markt des kleinen Ortes am Delta zu gehen, als vielmehr seine Poesie an die Frau und den Mann zu bringen. Er quält sich dann durch den Zug, sagt brav sein Sprüchlein auf und hofft, dass jemand seine Gedichte kauft. Feste Preise hat er nicht. "Die sollen selber entscheiden, was sie mir geben wollen." An guten Tagen kommt er ohne ein einziges Heft nach Hause. An anderen ist er froh, wenn er auch nur eins verkauft und die restlichen 20 wohlbehalten in die Ecke stellen kann. Es braucht Durchsetzungsvermögen, um im Waggon von den anderen fliegenden Händlern akzeptiert zu werden. Jeder weitere potentielle Konkurrent ist Gift fürs eigene Geschäft.

Nicht selten kommt es vor, dass die Verkäufer handgreiflich werden. Untereinander. Auch hier herrschen die gewöhnlichen Marktgesetze.

Der letzte Akkord ist verklungen. Was bleibt, ist eine tiefe Zufriedenheit mit dem Moment. Schön, am Leben zu sein. Schön, diesen Augenblick mit einem Freund zu teilen.

Ins Pornogeschäft ist er auch eingestiegen. Ich weiß nicht genau, wie er da hineingerutscht ist, aber es bescherte ihm sogar einen Auftritt in der Talkshow bei Suzana Giménez. Man könnte glauben, er hätte es geschafft. Letztlich ist es egal, wie man sein Geld verdient. Ob als Musiker oder als Produzent von schmierigen Streifen. Nach der Show wurde er auf der Straße erkannt. Ein Star für ein paar Wochen. Dann war es vorbei. Francos Schulleiter passte dieser Rummel gar nicht und man wollte ihn der Schule verweisen. Mit welcher Begründung, das wüsste Diego heute immer noch gern. "Wahrscheinlich, weil ich versucht habe, meinen Sohn in diesem Land einfach durchzubringen."

Text + Fotos: Andreas Dauerer





[kol_3] Pancho: Dorade

Eine Dorade zur anderen: Fang! Und dann geht alles ganz schnell: säubern, entschuppen, waschen, füllen, auf die Platte, anstoßen, verschlingen.



Füllung: Knoblauch gehackt, Petersilie gehackt, Olivenöl (Fisch braucht Olivenöl - katalonische Weisheit), Zitrone

Zubereitung: Den gefüllten Fisch in eine heiße Pfanne geben, nach kurzem Anbraten runterschalten und die Dorade garen lassen: 8-10 Minuten für einen 300-400 Gramm schweren Fisch. Dann wenden, anbraten und wieder garen. Sobald sich das Fleisch leicht von den Gräten löst, ist die Dorade verzehrfertig.



Vorspeise: Wilde Gambas aus Pálamos

Getränke: Während der Fisch brutzelt und zur Vorspeise Sekt (Codorníu brut). Zum Fisch Vino Rosado oder Blanco aus Katalonien (etwa Perelada)

Setting: Dachterrasse, Sterne fett am Firmament, Liebesboten in den Lüften

Fischinfo gegen wissbegierige Gäste: Dorade, auch Goldbrasse, ist ein barschartiger Zwitter aus dem Mittelmeer.

Text + Fotos: Dirk Klaiber





[kol_4] Lauschrausch: Achilifunk / Peret / Sonido

V.A.
Achilifunk
(Gypsy Soul 69-79)
love monk/ beats international

Wäre Spanien in den 1960er Jahren nicht wegen der alles lähmenden Franco-Diktatur von vielen Entwicklungen und Märkten im Rest Europas abgekoppelt gewesen, hätten eine Menge Künstler auf dieser Compilation sicher auch über die Landesgrenzen hinweg Erfolg gehabt. Denn die hier versammelten Stücke, funky und mit Soul- und Latinflair, erfüllen alle Voraussetzungen, um die Jugend auf der ganzen Welt zum Tanzen zu bringen.

Cuban salsa
Im Zuge der nicht enden wollenden Retro-Wellen erleben Dolores Vargas, Los Amaya, Rumba Tres uvm. auf dieser mit reich ausgestattetem Booklet versehenen CD nun eine Renaissance.

Vielen Stücken liegt die von gitanos in Barcelona entwickelte rumba flamenca zugrunde, die vor allem Peret - hier mehrfach vertreten - in diesen Jahren beschleunigt; mit Rock-Elementen angereichert und als rumba catalana in die Hitparade gebracht.

Peret
Que levante el dedo
Exil Music

Vom Altmeister ist nach längerer Schaffenspause in diesem Jahr übrigens ein neues Album erschienen:

Cuban salsa
Auf "Que levante el dedo" nähert Peret sich in gekonnter Manier wieder der originalen Rumba an, allerdings mit Texten, die auch moderne Themen behandeln.

Beide Alben sind ein Hörgenuss und absolut partytauglich.


Sonido
Viaje
Toca-Records

Südamerikanische und afrikanische Rhythmen und Klänge verwoben mit Jazzimprovisationen - daraus entstehen die Soundgebilde von Sonido. Das sechsköpfige Akustikensemble aus Deutschland und Polen macht Musik, die zum Entspannen und Verreisen im Kopf einladen soll, und das gelingt ihnen bei den meisten ihrer 14 Kompositionen auch:

Calle Real Con Fuerza

Südseestrände oder Andengipfel lassen sich bei ihren Melodien problemlos vor das innere Auge zaubern, ohne dass die Arrangements platt wirken.


Das kann man allerdings von den Texten im Beiheft nicht behaupten… Tipp: Nicht lesen, nur hören!

Text: Torsten Eßer
Fotos: amazon.de






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