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[art_3] Brasilien: Zwischenstopp in Bahia
Dom João VI in Salvador

Teil 2 unserer Trilogie über die Überfahrt des portugiesischen Königshauses nach Brasilien. (Teil 1 / (Teil 3)


Nahezu zwei Monate lang war der vor Napoleons Soldaten aus Lissabon geflohene portugiesische Königshof und seine englische Begleitflotte zum Jahreswechsel 1807/1808 unterwegs, um den Atlantik Richtung Brasilien zu überqueren. Die Bedingungen an Bord müssen allerdings alles andere als königlich gewesen sein.

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Während der dickliche Prinzregent Dom João VI und seine Familie wenigstens noch über Privilegien wie ein eigenes Außenbordklo verfügten, drängelten sich tausende Adelige zusammengepfercht auf den Schiffen der königlichen Flotte. Allein an Bord des lediglich 67 Meter langen Flaggschiffs Príncipe Real sollen1054 Menschen gewesen sein. Die hygienischen Bedingungen waren gruselig und die Essensrationen karg. Läuse grassierten sogar auf den königlichen Kopfhäuten, so dass sich die Damen der Königsfamilie Glatzen scheren lassen mussten.

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Als ob all dies nicht schon genug des Übels gewesen wäre, schüttelte ein gewaltiger Sturm die Flotte am 8. Dezember 1807 vor Madeira kräftig durch. Masten und Segel gingen flöten, doch zumindest konnten sich alle Schiffe retten. Auf der Höhe des Äquators verharrte man im Anschluss dagegen nahezu zehn Tage lang aufgrund ausbleibender Winde.

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Am 22. Januar 1808 landete schließlich ein Teil der Flotte in Salvador da Bahia an der Nordostküste Brasiliens. Dom João VI hatte sich erst auf hoher See entschlossen, Salvador anzulaufen, statt direkt nach Rio de Janeiro zu segeln wie es der ursprüngliche Plan vorgesehen hatte. Er wollte sich versichern, dass auch die alte Hauptstadt voll und ganz hinter dem portugiesischen Königshof stand.

Unter dem Jubel der Bewohner Salvadors und dem Donner des Kanonensaluts ging der Monarch am Morgen des 23. Januars an Land. Er war damit der erste und einzige europäische König, der jemals eine amerikanische Kolonie betreten hat.

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In Salvador gründete Dom João VI die erste medizinische Fakultät des Landes. Doch seine wichtigste und folgenreichste Tat überhaupt vollzog er am 28. Januar, als er die Öffnung der brasilianischen Häfen für Handelsschiffe befreundeter Nationen erklärte.

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Damit war natürlich England gemeint und ab nun sollten englische Waren die brasilianischen Märkte überschwemmen und gleichzeitig den Untergang Portugals als Handelsmacht beschleunigen. Was als Dank (oder vielleicht sogar Tribut?) für Englands Treue gedacht war, beschleunigte letztlich nur die brasilianische Unabhängigkeit und den Niedergang des einstigen portugiesischen Handelsimperiums.

Ansonsten feierte der Prinzregent ausgiebig in Salvador, ließ sich von seinen Dienern durch die engen Gassen der Stadt tragen und warf auch schon mal Goldmünzen unter das Volk. Kein Wunder also, dass dieses den Prinzregenten aufforderte, doch lieber in Salvador zu bleiben, statt nach Rio de Janeiro weiter zu segeln.

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Doch Dom João VI ließ sich vom vielen Bitten und Betteln nicht erweichen und am 26. Februar Richtung Süden Segel setzen – die letzte Etappe der Überfahrt des portugiesischen Königshauses nach Brasilien. Nachzulesen ab März hier an dieser Stelle.


Text + Fotos : Thomas Milz

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