caiman.de 01/2005
[art_3] Argentinien: Durch den schönen Norden Teil 1
![]() Mein Bett wackelt. Lass den Quatsch, denke ich bei mir, bis ich die Stimme meines Freundes vernehme: "Raus hier!" Ich bin total neben der Kappe und gehe erst einmal zum Fenster, um mich zu vergewissern, was draußen vor sich geht. Lange bleibe ich nicht stehen, denn mein Kollege packt mich von hinten, und es geht hinaus aus dem Hostal. Mein erstes richtiges Erd-beben und die Zeitungen sollen später von einer Stärke zwischen 6.3 und 8.1 auf der Richter Skala sprechen.
Nach diesem kleinen morgendlichen Schock geht es nach einem guten Frühstück an der Plaza alles hat inzwischen wieder zum normalen Leben zurück gefunden mit dem Bus zu eine weiteren Zwischenstation, nach San Juan, ehe wir weiter nach Tucumán müssen, wo unsere Reise dann richtig starten soll. San Juan ist ein ruhiges Städtchen, das im Jahre 1944 eine sehr traurige Berühmtheit erlangt hat. In diesem Jahre starben bei einem Erdbeben mehr als 10.000 Menschen und deshalb ist die Stadt auch architektonisch neu strukturiert worden.
Da das Gebirge mehr als einmal in sich zusammengesackt ist und durch die weitere Drift des südamerikanischen Kontinents, die unter anderem auch die Anden entstehen ließ, weiter nach oben gepresst wurde, liegen etliche alte Schichten frei zugänglich. So verwundert es auch nicht, dass man auf dem Weg durch das Tal zahlreichen Archäologen dabei zusehen kann, wie sie nach Fossilien suchen. Gefunden wurde im Valle de la Luna natürlich auch etwas: der weltweit älteste Dinosaurier, worauf die Leute hier wahnsinnig stolz sind! ![]() Und das nicht zu Unrecht, wie wir später im angegliederten Museum an Nachbildungen sehen können. Wir fahren also mit einem Wagen durch das Tal Wandern ist leider nicht erlaubt, und man kann nur unter Aufsicht zu den einzelnen Gesteinsformationen gelangen, wo wir auch immer einen obligatorischen Autostopp einlegen. Leider ist es sehr windig und wir beschränken uns auf das Wichtigste innerhalb einer Stunde, wobei die bekanntesten Formationen wie die Bocchiabahn, der Pilz oder das U-Boot nicht fehlen dürfen. Anschließend geht es noch in die studentische Ausstellung über den ältesten Saurier und die Arbeitsmethoden der Archäologen, ehe wir uns wieder auf den Heimweg machen, um noch die letzten Vorbereitungen für den Nachtbus nach Tucumán treffen zu können.
Wir halten es erstaunlich lange in der Stadt aus, was aber auch daran liegt, dass einer meiner Mitreisenden krank geworden ist und wir uns auf zum freien Krankenhaus machen, wo man uns in zwei Minuten eine einwandfreie Diagnose stellt - der Arzt hatte meinen Kollegen nicht mal angefasst -, die sich aber durchaus als richtig herausstellen sollte Infektion des Rachenraums: Bekämpfung mit Penicillin. Nach schließlich drei Nächten geht es nach der Organisation eines Mietwagens endlich auf die Straße in Richtung Salta, wobei wir die Strecke über das Andendorf Cachi wählen, weil man so sehr viel mehr von der eindrucksvollen andinen Landschaft sehen kann.
Wir genießen jede Sekunde und lassen es uns nicht nehmen, heute mal als Sonntagsfahrer zu gelten, wobei auf dieser Strecke ohnehin nicht viele Menschen unterwegs sind. Nach einer gemütlichen Pause mit Bier und Empanadas geht es dann über die Passhöhe und immer weiter in Richtung der Quilmes-Ruinen. Sie liegen malerisch am Berghang und eröffnen dem Besucher einen schönen Ausblick auf das Tal. Die Quilmes-Indianer leisteten den Spanier bis ins 17. Jahrhundert erfolgreich Widerstand, allerdings wurde der Wille durch die Eroberer letztlich doch gebrochen und die Indianer mussten den Gang in die Hauptstadt Buenos Aires antreten, wo die Hälfte bereits auf dem Fußweg dorthin starb. Die Ruinen stellen eine der herausragendsten Kulturstätten Argentiniens dar, wenn sie auch nicht so beeindruckend sind, wie Ruinen in Peru oder Bolivien. Hierbei muss man bedenken, dass Argentinien ein recht junges (Einwanderungs-)Land ist und so gut wie keine indigenen Wurzeln mehr aufweist. Wir gönnen uns eine kreative Pause, denn der Ort lädt zum Entspannen ein, und so sucht jeder der vier Reisenden seine Art die Ruinenstätte zu genießen, ehe es die letzte halbe Stunde in den kleinen Ort Cafayate geht.
Frühmorgens geht es mit dem Auto los mitten hinein in eine Landschaft, die uns den Atem stocken lässt. Wer es nicht besser wüsste, der müsste bei den Bildern meinen, dass wir in Arizona gereist sind. In tiefes Rot sind die Gesteinsformationen getaucht und leuchten verschie-denfarbig je nach Sonnenstand. Wir lassen das Auto nach 30 Kilometern stehen und beginnen einem etwas dürftigen Flusslauf zu folgen. Jetzt ist der Wasserstand noch niedrig, aber wenn es im argentinischen Sommer zu verstärkten Regenfällen kommt, dann fließt hier ein richtig großer Fluss und macht die Erde fruchtbar, auch wenn sie sehr schwer zu bearbeiten ist. Die Sonne brennt bereits unnachgiebig auf uns herunter und wir tut mehr als gut daran, uns einzucremen. Entlang des Ufers, treffen Esel und Pferde, machen unsere Hosen nass, weil wir immer wieder Flussärmchen durchqueren müssen, um unseren Weg weiterzugehen. ![]() Nach fünf Stunden klettern wir wieder auf die benachbarte Straße, schauen uns noch die letzte berühmte Gesteinsformation, die Garganta del Diablo an, den Teufelsschlund, die sich vertikal in das Bergmassiv frisst, ehe wir einen von uns per Autostop zum Auto zurückschicken, um uns abzuholen. Es vergeht nur wenig Zeit an der Straße, und wir fahren gemeinsam zurück nach Ca-fayate, um noch ein wenig den Nachmittag bei gutem Wein in unserem Hostal zu genießen. Das Bergdorf Cachi liegt auf ca. 4000 Meter und hat lediglich 1500 Einwohner und einen phantastischen Ausblick zu bieten. Normalerweise jedenfalls, denn heute ist alles Wolken verhangen, und wir können die Spitzen der weit über 6000 Meter hohen Gipfel nur erahnen. Den berühmten Nevado de Cachi mit 6720 Metern bekommen wir ebenfalls nicht zu Gesicht, so dass wir uns aus diesem Grunde entscheiden, sofort in Richtung Salta weiter zu fahren, das noch vier Stunden entfernt liegt.
Es geht aber dennoch und wir stürzen uns nach einem vortrefflichen Asado in das reichhaltige Nachtleben der 400.000 Einwohner Stadt. Es ist ein wenig ländlicher als beispielsweise in Buenos Aires, aber es macht Spaß, und wir tanzen bis in die Morgenstunden! Morgen wird wohl frei sein! ![]() Zwei Tage bleiben wir in der Stad Salta, die im Volksmund "La Linda", die Schöne, heißt und sie hat diesen Namen auch verdient. Nicht nur, dass die Spanier eine Unzahl an Kirchen hier erbaut haben, das gesamte Stadtbild wirkt ruhig und entspannt, und man fühlt sich rundherum wohl.
Ganz in der Nähe Saltas startet auch der berühmte "Tren de las Nubes" der Wolkenzug, der bis auf 4.200 Meter klettert und mehrere Pässe in Richtung Chile überquert. Leider ist das Vergnügen nun durch exorbitant teure Tickets ein wenig getrübt, so dass wir auf dieses Spektakel verzichten. Text + Fotos: Andreas Dauerer [druckversion gesamte ausgabe] / [druckversion artikel] / [archiv: argentinien] |