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spanien

II. Die Bruderschaft der schwarzen Sklaven

17.00
: In der Straße Javierlasso de la Vega. Nazarenos mit leuchtendweißen Tunikas und spitzen Gesichtskapuzen: die Bruderschaft „Los Negritos“.

Info: Kapuzen der Los Negritos
Absurderweise wird oftmals behauptet, diese Maskierung hätte ihren Ursprung im Ku-Klux-Klan. Dieser rassistische Geheimbund der US-Südstaaten ist jedoch anti-katholisch und entstand erst im frühen 19. Jahrhundert. Zu jenem Zeitpunkt waren die Sevillaner Semana Santa und ihre Kleiderordnung aber schon über drei Jahrhunderte alt. Gerade hier bei dieser Prozession könnte die Assoziation Ku-Klux-Klan kaum falscher sein, denn es handelt sich um die Bruderschaft „Los Negritos“.

Bis zur Mitte des 19. Jh. durften ihr nur schwarze Sevillaner beitreten. Diese traditionsreiche Vereinigung ist sogar die zweitälteste Bruderschaft Sevillas: sie wurde 1393 vom Erzbischof Gonzalo de Mena gegründet. Als Bußbruderschaft, die auch Prozessionen organisiert, konstituierte sie sich allerdings erst 1554. Nun liegt die Frage nahe, warum ausgerechnet eine „schwarze Hermandad“ eine so wichtige Rolle spielte. Bereits im Zuge der arabischen Invasion von 711 brachten die Araber erste schwarze Sklaven mit nach Andalusien. Jahrhunderte lang war es in der arabischen Oberschicht Sevillas üblich, sich schwarze Knaben als Hausdiener oder Pagen zu schenken, die man z.B. von einer Pilgerreise nach Mekka als „Souvenir“ mitgebracht hatte. Als die maurischen Mönchskrieger der Almoraviden im Jahre 1095 Sevilla eroberten, kamen in ihrem Heer auch freie Schwarze und Mulatten in den Süden Spaniens. Nach der Reconquista Sevillas 1248 machten die christlichen Eroberer viele dieser Farbigen zu Sklaven und Dienern. Fast jeder aristokratische Haushalt der Stadt hatte schwarze Dienerschaft oder schwarze Sklaven auf seinen Latifundien. Entsprechend hoch war der Anteil der Schwarzen und Mulatten an der Gesamtbevölkerung Sevillas (um 1400 zwischen 10% - 15%).

Im Laufe der Zeit wuchs die Zahl der freigelassenen Schwarzen; zu Hunderten bevölkerten sie als obdachlose Bettler die Straßen. Um diesen Vergessenen zu helfen, gründete der Erzbischof die Bruderschaft der Schwarzen und ließ ein Hospital und Altenheim bauen, um sie von der Straße zu holen. Der Kardinal ernannte sich zum Fürsprecher der Sklaven und redete ihren Herren ins Gewissen. Während der folgenden Jahrhunderte wurde die „Cofradía de los Negritos“ mit Geldspenden hochrangiger Adliger bedacht und entwickelte sich zu einer der angesehensten Bruderschaften Sevillas.

Der Paso der "Negritos"

Um 1500 erhob man sogar eines ihrer Mitglieder in den Adelsstand. Juan de Valladolid, Kammerdiener der Katholischen Königin Isabel II., erhielt den Titel eines Grafen. In ganz Sevilla nannte man ihn respektvoll den Conde Negro (schwarzen Grafen), und bis heute ist eine Straße nach ihm benannt.

Vielleicht sind es sogar seine Nachkommen, die nun den „Cristo de la Fundación“ herantragen. Allerdings gibt es heute nur noch wenige schwarze Nazarenos unter diesen weißen Kapuzenmasken, die „Negritos“ sind überwiegend weiß geworden. Verglichen mit dem barocken Pomp von „Los Caballos“ ist dieser Paso der Bruderschaft eher klein und schlicht: aus edlem Mahagoniholz mit sehr schön geschnitzten Ecklaternen - ganz ohne Gold. Auf einem Hügel aus Lilienblüten erhebt sich das Kreuz mit der Christusskulptur von Andrés de Ocampo (1622). Leider stoppt der Paso nicht vor uns, sondern zieht zügig vorbei. Doch schon nähert sich der zweite Paso der „Negritos“: der Baldachin mit der „Jungfrau der Engel“ („Virgen de los Ángeles“). Mit ihrem niedlichen Kindergesicht ist diese Madonna ein Extrembeispiel für die Eigenart der Sevillaner Kunst: die beim Tode Christi ca. 50jährige Schmerzensmutter wird als 15jährige Schönheitskönigin dargestellt. Das Design ihres Baldachins ist in Sevilla einzigartig, denn es dominiert neo-byzantinischer Stil mit vielen exotischen Elementen und auf einem türkisblauen „Himmel“ aus Seide tummeln sich verspielt schwarze und weiße Englein in multikultureller Eintracht.







 
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