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spanien

Unfreiwillige Residenten
Deutsche in Andalusiens Strafvollzug

Die Angst davor, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, beschäftigt nur wenige Ausländer in Spanien. Die meisten Touristen und Residenten halten sich an die landeseigenen Gesetze und achten das spanische Gastrecht. Kriminelle Machenschaften von einzelnen Gaunern sind trotzdem fast jedem deutschen Residenten an der Costa del Sol bekannt. Häufig werden eigene Landsleute beschuldigt, denen man vor kurzer Zeit noch "so viel Vertrauen" schenkte. Doch die Zahl der "schwarzen Schafe" unter den Deutschen ist gar nicht so groß.

Etwa 40 Deutsche befinden sich zur Zeit in andalusischen Gefängnissen. Der Großteil wurde wegen Drogendelikten verurteilt. Doch auch einige Fälle von Betrug, Körperverletzung oder Vandalismus haben sich nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung hier eingefunden. Dass die spanische Polizei bei Ausländern "ein Auge zudrückt", ist ein Gerücht. Auch wenn sie sich nicht besonders um Straftäter kümmert, die in Deutschland wegen geringfügiger Verfahren gesucht werden, so handelt sie bei einer Straftat in Spanien schnell und unerbittlich.


Vizekonsulin
Sonja Rogoll de Lazo
Der Verdacht, eine strafbare Handlung begangen zu haben, reicht aus, den Beschuldigten bis zu 72 Stunden festzuhalten. Nach dem Wiener Übereinkommen ist die spanische Polizei verpflichtet, bei der Verhaftung eines deutschen Staatsbürgers auch das deutsche Konsulat zu informieren. Das Konsulat kann dann Angehörige verständigen oder auch Nachweise bisheriger Unbescholtenheit, z.B. ein Führungszeugnis, beibringen.

In Málaga wird diese Aufgabe von Vizekonsulin Sonja Rogoll de Lazo und Monika Pick Pfeiffer, seit 1988 Mitarbeiterin des Generalkonsulats, übernommen.

Wenn der Haftrichter Untersuchungshaft anordnet, sieht es für den Angeklagten nicht gut aus. Wegen der Überlastung der spanischen Justiz dauert die Untersuchungshaft häufig recht lange; selbst bei klarer Rechtslage ist mit 6 – 15 Monaten, im Ausnahmefall – bei schweren Straftaten und komplizierter Beweislage – mit bis zu vier Jahren zu rechnen. Bei der Unterrichtung über die Haftgründe und der Gerichtverhandlung steht dem Angeklagten unentgeltlich ein Dolmetscher zur Verfügung.

Im allgemeinen urteilen die spanischen Gerichte langsam, aber gerecht. Das schriftliche Urteil soll in der Regel 10 Tage nach der Verhandlung vorliegen, oft werden die Urteile aber erst nach zwei bis drei Monaten bekannt. Dafür ist die Frist für eine Revision sehr kurz. Sie muss nach Erhalt des Urteils innerhalb von fünf Tagen dem Landgericht vorliegen. Bitter für die Straftäter: In Verbindung mit der Haftstrafe wird in der Regel auch eine Geldstrafe verhängt. Bei Zahlungsunfähigkeit wird ersatzweise Haft verbüßt. Um die Bezahlung der zu erwartenden Geldstrafe sicherzustellen, können auch Kraftfahrzeuge und andere Wertgegenstände eingezogen und versteigert werden.

Sofern es zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommt, muss der Verurteilte seine Strafe fast immer in spanischen Gefängnissen antreten. Es gibt zwar seit 1992 ein Verfahren, das auch die Verbüßung der Haftstrafe in Deutschland erlaubt, doch das Prozedere ist sehr kompliziert und nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Bei einer Verfahrensdauer von bis zu 18 Monaten lohnt sich diese Möglichkeit nur bei Haftstrafen von mindestens drei Jahren. Trotzdem wird sie von vielen deutschen Gefangenen gerne genutzt, denn die spanischen Gefängnisse entsprechen nicht unbedingt den deutschen Verhältnissen. Arbeitsmöglichkeiten stehen für Ausländer nur beschränkt zur Verfügung und die spanische Gefängnisküche ist für nordeuropäische Mägen gewöhnungsbedürftig. Zukäufe im Gefängnisladen sind zwar möglich, bieten aber wenig Auswahl. Die Angehörigen dürfen den Gefangenen keine zusätzlichen Lebensmittel (mit Ausnahme von Diät-Kost) schicken und Kleidung und Lesematerial kann nur durch das Konsulat weitervermittelt werden. Die durchschnittliche Besuchszeit beträgt in der Regel 40 Minuten pro Woche.

Geld verändert die Situation des Häftlings nicht unbedingt. Eingehende Geldsendungen werden von der Gefängnisverwaltung verwahrt und auf Wunsch als wöchentlicher Barbetrag ausgezahlt. Leider kommt es nicht selten vor, dass dem Neuankömmling durch Anwendung von Gewalt seitens seiner Mithäftlinge alles abgenommen wird. Wer nichts mehr besitzt, erhält durch einen spanischen Sozialhilfefonds für bedürftige Häftlinge ein Taschengeld. "Es ist keine leichte Zeit für die deutschen Gefangenen," weiß Vizekonsulin Sonja Rogoll de Lazo, vom deutschen Konsulat in Málaga, zu berichten, "doch die meisten Verurteilten finden sich mit der Situation ab und hoffen auf einen Neuanfang nach dem Ende ihrer Strafe".

Für das vollständige Interview mit der Vizekonsulin klickt hier.

Text + Foto: Jon F. Heitmann

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