Brasilien: Tupi or not Tupi - Teil 3 / [teil 1] / [teil 2]
Bevor wir zum letzten Teil der Reihe Tupi or not Tupi kommen, hier die Auflösung der Eingangsfrage aus Teil 2: Wieso nannte man den Anhangabaú den Fluss der Schlechtigkeit? In Teil 2. haben wir bereits erfahren, dass sich die ursprünglich positiv besetzte Figur des Anhanga, des Schutzgeistes der Fauna und Flora, unter dem Einfluss der Jesuiten zum Synonym für den Teufel wandelte. Auf einem Hügel am Ufer des Anhangabaú errichteten die Portugiesen einen Schlachthof, und der Fluss färbte sich rot vor lauter Blut der getöteten Tiere. Und so wurde der Anhangabaú zum Fluss der Schlechtigkeit, zum verwunschenen, Tod bringenden Fluss. Bis er im 20. Jahrhundert zubetoniert und in eine Schnellstraße umgewandelt wurde.
Teil 3: Indianismen in der Geografie Brasiliens
Historischer Hintergrund der Verbreitung der Indianismen
In ganz Brasilien trifft man auf Indianismen für geographische Bezeichnungen. Ob diese Orte jedoch in der heute anzutreffenden Gesamtheit originär von den Índios so benannt wurden, ist schwer zu beurteilen. Tupinambá, also die Urform des Tupi, wurde mit den bandeirantes (Sklavenjäger, Gold- und Diamantensucher, "Eroberern des Landesinneren) und durch die Jesuitenpadres und ihren Missionen in alle Regionen Brasiliens exportiert, also auch in Gegenden, in denen ursprünglich andere Índio-Sprachen gesprochen wurden. Die bandeirantes, in der Mehrzahl mamelucos (Mischlinge), die oftmals jahrelang durch die Weiten Brasiliens zogen und dabei gefangene Indianer mit sich nahmen, sprachen praktisch nur Tupi.
Die Verbreitung von gleich lautenden Ortsbezeichnungen über ganz Brasilien kann allerdings auch Resultat der Nähe der Indianersprachen zueinander gewesen sein, wobei eine Angleichung von Schreibweise bzw. Aussprache dann in späterer Zeit erfolgt sein könnte.
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Da sich die bandeirantes entlang der großen schiffbaren Flüsse und passierbarer Gebirgsübergänge bewegten, trifft man dort auf Bezeichnungen in tupi antigo, also Tupinambá. So wurde der Fluss Anhemby (rio das perdizes = Fluss der Rebhühner) in São Paulo von den bandeirantes in Tietê (rio verdadeiro = navegável = schiffbar) umbenannt. Dementsprechend auch die Bezeichnung Paraíba (rio impraticável = ungeeigneter Fluss). Auf diese Weise haben in unzugänglichen Gebieten des Nordostens, die von den bandeirantes nicht durchzogen wurden und den Indianern als Rückzugsorte dienten, Ortsbezeichnungen in anderen Indianersprachen wie z.B. in cariri überlebt.
Regionale Verbreitung
Schon ein erster Blick auf die Karte Brasiliens zeigt, dass die Indianismen sich auf das gesamte brasilianische Staatsgebiet verteilen. Flüsse (Solimões, Tocantins, Ipiranga, Araguaia, Iguaçu, Jaguaribe, Paraguai, Uruguay), Gebirge (Maracaju), Wasserfälle (Iguaçu), Seen, Inseln (Marajó, Paqueta, Bananal, Tinharé, Itaparica), Täler und Berge (Roraima, Tabatinga) tragen indianische Bezeichnungen. Die Mapa Brasil 1998 verzeichnet für Gesamtbrasilien 5266 Städte mit mehr als 2000 Einwohnern. Von diesen Städten sind 30,8 % nach Indianismen benannt.
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Für die dünn besiedelten Gebiete Brasiliens, die in dieser Quelle im wesentlichen unberücksichtigt blieben, also vor allem der Norden bzw. das Amazonasbecken und Zentralbrasilien, kann bei genauerer Betrachtung der Ortsnamen grob ein ähnliches Verhältnis festgestellt werden.
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Ein Blick auf die Namensgebung brasilianischer Bundesstaaten ergibt folgendes Bild:
Norden:
Amapá |
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Árvore da fam. Apocinacias / Bezeichnung eines Baumes des Amazonasgebietes |
Pará |
Mará, y-pá-rá |
O mar, colecionador das águas, rio volumnoso / Das Meer, Wasseransammlung, voluminöser Fluss |
Roraima |
Roó-aima |
Sem carne, sem caça, magro / Fleischlos, ohne Jagd, mager |
Tocantins |
Tucan-tim |
Nariz de tucano / Nase des Tukan |
Nord-Osten:
Maranhão |
Mbará-nhã |
O mar corrente / fließendes Meer bzw. Wasser |
Piauí |
Py-yáu / Py-yáu-y |
A pele manchada = peixe, O rio dos piaus / Gefleckter Fisch bzw. Fluss des gefleckten Fisches |
Ceará |
Cê-ará |
Fala ou canta o papagaio / Sprache oder Gesang des Papageien |
Paraíba |
Para-ayba |
Rio ruim (oder auch árvore) / Schlechter Fluss |
Pernambuco |
Paranã-mbuca
Paranã-puca |
A brecha natural do recife por onde o lagamar se comunica com o mar / natürliche Bresche in den Riffen durch das das Binnenmeer mit dem großen Meer kommuniziert |
Sergipe |
Cirigype, Sirigype |
No / ao rio dos siris / Am oder im Fluss der Siris |
Zentral-Westen:
Goiás |
Goyá, Guayá |
Indíviduo semelhante, da mesma raça /
Ähnliches Individuum, der selber Rasse |
Süden:
Paraná |
Pará-na |
O mar, grandes rios, parecido com o mar /
Das Meer, große Flüsse, ähnlich dem Meer |
Indianische Ortsnamen in Brasilien: [nur online]
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