caiman.de 10/2015

[art_4] Uruguay: El Paisito – das warme Herz Lateinamerikas (Teil 1)
Ciudad Vieja – die Altstadt atmet Geschichte
 
"Uruguay? Warum würde jemand in Uruguay Urlaub machen wollen?", fragt Lars Borchert, Autor des im August im Reise Know-How Verlag erschienen Reiseführers Uruguay – Handbuch für individuelles Entdecken in seinem Vorwort etwas rhetorisch. In dem kleinen Land irgendwo zwischen Argentinien und Brasilien gebe es doch "nichts außer beißende Fußballer und Kühe". So, schiebt er direkt hinterher, heiße es zumindest immer. Die Antwort auf seine Frage gibt der Autor selbst: Ohnehin sei Uruguay in vieler Hinsicht besonders. Aber absolut einzigartig sei, dass sich dort das Urlaubsgefühl von Entschleunigung und Entspannung schon auf der Autobahn einstelle. "Denn häufig nutzen sogar Jogger, Kutschen oder Rinder die Rutas Nacionales – und der Anblick der Oldtimer, die hier beschaulich tuckern, ist schlicht unbezahlbar." Urlaub in Uruguay sei auch aus vielen anderen Gründen nicht nur eine Erholungs-, sondern auch eine Zeitreise. Eine Zeitreise?

Was er damit genau meint, erzählt der Autor ab dieser Ausgabe in ausgewählten Kapiteln seines Uruguay-Reiseführers, die wir an dieser Stelle abdrucken. Ergänzt werden sie durch Lars Borcherts Wein-Kolumne ‚traubiges’, die er schon seit über einem Jahr exklusiv für den Caiman schreibt. Dort stellt er, ebenfalls ab diesem Monat, immer einen der uruguayischen Weine vor, die er bei seiner Recherchereise bei den Bodegas verkosten durfte.

Ciudad Vieja – die Altstadt atmet Geschichte

Als kleine Halbinsel in den Río de la Plata hineinragend ist die Altstadt, die Ciudad Vieja, das historische Herzstück Montevideos. Ursprünglich war sie lediglich als Festung zum Schutz gegen die Angriffe argentinischer und brasilianischer Truppen gebaut worden und daher einstmals komplett ummauert. Die Puerta de la Ciudadela, das Tor einer gewaltigen Zitadelle, die sie zusätzlich absichern sollte, steht noch heute gegenüber der Plaza de la Independencia (der Nahtstelle zwischen Alt- und Neustadt), die Zitadelle selbst ist Vergangenheit. Ein Spaziergang durch die im Schachbrettmuster angelegte Ciudad Vieja ist wie ein Ausflug in die Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts.

Foto: Die Puerta de la Ciudadela und der Palacio Salvo

Hier finden sich noch immer prächtige Kolonialbauten, Kirchen und die Kathedrale von Montevideo (1804 eingeweiht, war sie das erste öffentliche Gebäude der Stadt) sowie Paläste in den unterschiedlichsten Stilrichtungen: von der Renaissance über den Barock bis hin zu den verschiedenen Ausprägungen von Klassizismus und Neoklassizismus. Direkt gegenüber der Kathedrale erhebt sich der Cabildo, zur Kolonialzeit sowohl Rathaus als auch königliches Gefängnis.

Es lohnt sich unbedingt, nicht nur durch die Gassen zu bummeln, sondern auch hier und da in die alten Hinterhöfe zu schauen oder sich auf eine der Plazas zu setzen, um bewusst den außergewöhnlichen architektonischen Reichtum zu bestaunen. Besonders pittoresk ist die Plaza Zabala, die nach Bruno Mauricio de Zabala, dem Gründer Montevideos, benannt ist: Ihm zu Ehren steht in der Mitte sein überlebensgroßes Reiterdenkmal. An den Platz grenzt der dreieckige Palacio Taranco, der erst 1910 fertig gestellt wurde und heute das Museo Nacional de Arte Decorativo beherbergt. Seine Fassaden wurden von zwei französischen Architekten eklektisch gestaltet und erinnern an den Louis-XVI.-Stil, ebenso wie die Inneneinrichtung.

Wo immer möglich (vor allem in öffentlichen Bauten) ist es ein Muss, die Gebäude zu betreten und ihre üppige Ausstattung zu bewundern: Carrara-Marmor auf den Böden, Kristalllüster unter den Decken, riesige französische Spiegel an den Wänden sowie Gold- und Stuckornamente, wohin man schaut. All das zeugt heute oft weit mehr als die Fassaden dieser architektonischen Meisterwerke vom einstigen Reichtum in der Stadt.

Von außen sehen einige Gebäude ziemlich heruntergekommen aus. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Achterbahnfahrt der vergangenen Jahrzehnte fehlt(e) es vielerorts an den Mitteln für die nötige Sanierung. Doch das tut dem Charme der Häuser und der Altstadt als Ensemble keinen Abbruch. Es lohnt sich unbedingt, eines der Caféhäuser aufzusuchen oder in ein Museum zu gehen und vor allem das Teatro Solís zu betreten, das erste große Theater Lateinamerikas, ganz gleich, ob zu einer Führung tagsüber oder zu einer der Vorstellungen am Abend (am besten beides). Die Errichtung des klassizistischen Baus im italienischen Stil war noch vor der neunjährigen Belagerung Montevideos begonnen worden, als die Stadt gerade einmal 30.000 Einwohner umfasste.

Bei einem Gang durch die Altstadt lassen sich an einigen Stellen noch die Überreste der alten Stadtmauer besichtigen. Das lukullische Herz der Ciudad Vieja schlägt gegenüber dem Hafen mit zahlreichen Restaurants und dem Mercado del Puerto (Hafenmarkt). Diese Markthalle aus dem Jahr 1868 galt lange Zeit als einer der schönsten Märkte Südamerikas. Heute findet sich hier ein Lokal neben dem anderen, ferner ein paar Geschäfte mit Kleidung sowie Kunsthandwerk. Besonderer Blickfang ist aber die in der Mitte der Halle aufgestellte Paganini-Uhr, die extra für den Markt aus Liverpool importiert wurde.

Text + Foto: Lars Borchert

Reiseführer Uruguay: Dieser Text ist dem Reiseführer Uruguay – Handbuch für individuelles Entdecken erschienen im Reise Know-how Verlag entnommen. Wer nicht bis zum nächsten Caiman warten, sondern möglichst schnell mehr über Uruguay erfahren möchte, kann sich diesen Reiseführer für 16,95 Euro unter info@larsborchert.com persönlich beim Autor bestellen oder im gut sortierten Buchhandel kaufen.

Titel: Uruguay – Handbuch für individuelles Entdecken
Autor: Lars Borchert
ISBN: 978-3831725908
Seiten: 300
Verlag: Reise Know-How
1. Auflage 08/2015

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