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[art_4] Brasilien: Ein Haus für Stefan Zweig
Über das Zweig-Museum in Petrópolis
 
Vor 70 Jahren kam Stefan Zweigs Brasilienbuch "Ein Land der Zukunft" auf den Markt. Mitten im Zweiten Weltkrieg hatte der vor dem vom Krieg zerrütteten Europa nach Brasilien geflohene Zweig seine Vision einer besseren Welt in den Tropen präsentiert. Im Februar nächsten Jahres jährt sich Zweigs Todestag zum 70. Mal. Das Haus, in dem er die letzten Monate seines Lebens verbrachte, wird gerade u.a. mit deutscher Hilfe zu einem Museum umgebaut. Noch vor Zweigs 70. Todestag soll es eröffnet werden.



Mario Azevedo, der Architekt hinter dem Projekt, ist stolz auf seine Leistung. In Monate langer Arbeit haben er und seine Helfer das Zweig-Haus zurück in seinen Urzustand aus dem Jahr 1942 versetzt, Zweigs Todesjahr. Azevedo steht auf der kleinen Veranda, über die man das Haus betritt und auf der Zweig seine "Schachnovelle" schrieb. Im Garten vor dem Haus sollen demnächst noch ein Auditorium und eine Bibliothek entstehen, erklärt der Architekt.

Hinter dem Projekt steht Alberto Dines, einer der besten Zweigkenner und Autor des Buches "Tod im Paradies", in dem er Zweigs Zeit in Brasilien minutiös aufarbeitet. Mit Hilfe von Freunden hatte Zweig das Haus in den Bergen von Petrópolis, gut eine Stunde von Rio de Janeiro entfernt, gekauft. Nicht Zweigs sollen die Besucher zukünftig gedenken, so Dines, sondern den Hunderten von Künstlern und Intellektuellen, die vor dem Krieg und dem Naziterror in Europa nach Brasilien flohen. Ein "Memorial für die Exilierten" schwebt ihm vor.





Interview mit Alberto Dines

Fast 70 Jahre sind bereits vergangen - kennt man Stefan Zweig hier noch?
In Petrópolis leben immer noch ein paar Menschen, die sich an ihn erinnern. Aber auch viele junge Menschen haben schon von Zweig gehört, interessierten sich für ihn und kennen seine Bücher.

Anfang des Jahres haben wir eine Ausstellung gemacht: "Stefan Zweig lebt". Wir wollen generell nicht so viel über seinen Tod reden, der zwar dramatisch und unvergesslich ist. Denn er lebt, sein Werk ist sehr lebendig.

Sein Werk "Brasilien – Land der Zukunft", das vor genau 70 Jahren erschienen ist, ruft immer noch viel Interesse hervor. Als Obama vor kurzem Brasilien besuchte, hat er zwei Reden gehalten. In beiden hat er vom "Land der Zukunft" gesprochen.



Wie wird das Haus nach dem Umbau aussehen?
Wir werden ein "Zentrum des Erinnerns" einrichten, das nicht nur an Stefan Zweig erinnert, sondern auch an alle Intellektuellen, Künstler und Wissenschaftler, die vor dem Terror des Naziregimes geflohen sind. Eine Art Memorial des Exils.

Und wir werden das Haus so einrichten, wie es war als er hier lebte. Er war zwar nicht arm, lebte jedoch in sehr bescheidenen Verhältnissen. Eine schwierige Zeit, ein kompliziertes Leben… Wir werden einen Kurzfilm produzieren, in dem den Besuchern gezeigt wird, wie sich Zweigs Alltag gestaltete.



Text + Fotos + Interview : Thomas Milz

Bisher im caiman zu Stefan Zweig erschienen:
Verloren im Paradies
Stefan Zweig in Brasilien – Interview mit Alberto Dines

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