caiman.de 09/2008

[kol_1] Macht Laune: Olé, olé, olé

Der Mann steht breitbeinig in seinen staubigen Schuhen da. Sein weißes Hemd hat er in die enge schwarze Hose gesteckt. Die drei obersten Knöpfe des rüschenverzierten Hemdes hat er pflichtschuldig offen gelassen, so dass man seine Brusthaare sehen kann. Um den dicken Hals liegt gewichtig eine Goldkette. Er lächelt nicht, er grinst, sein Schurrbart verzieht sich dabei. Die dunklen Augen sind glasig. Man weiß nicht, was er denkt. Auf jeden Fall macht er gute Miene zum Spiel – seinem Spiel.

Er ringt seiner Gitarre bekannte Spanien-Melodien ab. Jeder kennt sie, alle singen mit, klatschen, schunkeln. Niemand bemerkt, dass er bloß noch die Refrains singt, dass er sich schon lange nicht mehr die Mühe macht, sich den ganzen Text zu merken. Es scheint auch keinen zu stören, dass er manchmal unterbricht, sich den Schweiß von der Stirn wischt oder aus der Bierflasche trinkt, die am Boden neben ihm steht. Das Publikum hat längst seinen eigenen Rhythmus gefunden, und der ist dumpf und monoton. Eine stumpfe, nicht umzubringende Fröhlichkeit hat sich breit gemacht. Wir sind auf Urlaub. Und so muss der Mann weiterspielen. Lalala. Olé, olé, olé.

Text: Nora Vedra

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