suche



 



[art_4] Brasilien: Kahal Zur Israel - Amerikas erste Synagoge

Recife, Hauptstadt des Bundesstaates Pernambuco im Nordosten Brasiliens. Rua do Bom Jesus, Hausnummer 197 und 203. Ein von außen vollkommen unscheinbares Haus beherbergt die Überreste der ersten Synagoge auf amerikanischem Boden. Es legt Zeugnis ab über eine kurze, von wirtschaftlicher, kultureller Blüte und religiöser Freiheit gekennzeichnete Episode der brasilianischen Geschichte.

Die 1621 gegründete holländische Westindische Kompanie startete ab 1624 zahlreiche Versuche, sich im Nordosten Brasiliens festzusetzen.

Aber erst mit der Entsendung des Prinzen Johann Moritz von Nassau-Siegen 1637 gelang die Konsolidierung des eroberten Gebietes, das von der Amazonasmündung bis nach Bahia reichte.


Mit Moritz von Nassau kamen außerdem protestantische Prediger, Künstler und Wissenschaftler in die Kolonie und ihre Hauptstadt Recife, damals Mauritsstat genannt.

Von Nassau baute Olinda und Recife zu zivilisierten Städten aus, vergab günstige Kredite zur Ankurbelung der lokalen, vom Zuckerrohranbau bestimmten Wirtschaft und verordnete Religionsfreiheit, von der lediglich die Jesuiten ausgeschlossen waren. Während seiner Herrschaft migrierten etwa 600 jüdische Familien aus Holland nach Recife. Unter ihnen der Rabby Isaac Aboab da Fonseca, ein Abgesandter der jüdischen Gemeinde in Amsterdam. In dieser Zeit wurde Kahal Zur Israel, die erste Synagoge Amerikas, gegründet.

Neben der Synagoge wurden noch zwei Religionsschulen errichtet, die Talmud Torah und Etz Haym. Ein jüdischer Friedhof wurde außerhalb der Stadt angelegt, dort, wo sich heute das Viertel Bairro dos Coelhos befindet.

Doch Moritz Kolonialkonzept verschlang solche Unsummen, dass die auf kurzfristige Gewinne hoffende Westindische Kompanie schließlich ihr Interesse an der fernen Kolonie verlor. Entnervt erklärte Moritz 1644 seinen Rücktritt und kehrte in seine Heimat zurück. Die holländische Herrschaft über den Nordosten Brasiliens zerbrach zusehends, und 1654 kapitulierte Recife vor den portugiesischen Truppen.

Mit der holländischen Kapitulation 1654 und der Wiederherstellung der Herrschaft des katholischen Portugals über die Region, wurde der jüdischen Gemeinde ein Ultimatum von drei Monaten gegeben, um sich aus Brasilien auszuschiffen. Viele Juden zog es nordwärts, wo sie sich auf einem Flecken mit dem Namen Neu-Amsterdam niederließen und Nordamerikas erste jüdische Gemeinde gründeten.

Der Flecken trägt heute den Namen New York. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts wurden die Überreste der Synagoge in Recife nahezu vollständig zerstört, um einer Bank zu weichen. In den letzten Jahren jedoch hat man 750 Tonnen Erde abgetragen und die Fundamente der Synagoge wieder freigelegt.


Heute ist hier das Jüdische Kulturzentrum Pernambucos zu Hause. Die jüdische Gemeinde der Stadt umfasst 1,500 Personen. Etwa so viele wie vor 350 Jahren.

Text + Fotos: Thomas Milz