caiman.de 08/2014

[kol_2] Hopfiges: Montseny Lupulus aus Katalonien
 
Aldi hat in Figueres seinen Standort gewechselt und einen gigantischen Image-Wechsel vollzogen.

Vom spärlich sortimentierten Sparmarkt mit Aldi-Spar-Produkten hin zum Exklusiv-Diskounter mit erlesenen Markenprodukten bzw. Produkten en moda wie Beefeater Gin oder, um bei Alkoholika zu bleiben, Estrella Damm, der Biermarke Kataloniens, und Barceló Rum aus der Dominikanischen Republik. Viele Eigenprodukte gibt es jetzt im edlen Design und ein Novum in Katalonien ist die Auswahl an geräuchertem Lachs, die von Wildlachs bis Lachsforelle reicht.



Besonders angepriesen unter den Bieren wird ein Bier Namens Montseny in vier Versionen: Lupulus (Hopfen), Malta, Negra und Blat (Weizen). Um es dem Verkostenden einfach zu machen, gibt es ein Probierpaket, in dem alle vier Sorten enthalten sind + ein Glas.

In Anbetracht der 38 Grad heute hab ich mir das Lupulus ausgesucht und es noch einmal 5 Minuten ins Gefrierfach gelegt. – Macht man natürlich nicht. – Auf der Flasche wird sein typisch nationaler Charakter gepriesen. Ich denke sofort an das sehr gute Estrella Damm oder an Cruzcampo, muss erlichkeitshalber aber zugeben, dass ich in Bezug auf das Lupulus mehr als skeptisch gestimmt bin. In Spanien endeten schon einige Verkostungen, gerade neuerer Sorten am Markt, mit der traurigen Entsorgung von nicht Trinkbarem.

Das Flaschen-Design besticht nicht. Das Glas ist von geringer Qualität und der Aufdruck ein Aufkleber mit dem Versuch die Balance zu halten zwischen Aldi-Spar und Aldi-Nobel.

Der Schaum hält nicht lange und ist eher großbporigperlig. Das Bier ist unfiltriert und daher leicht naturtrüb. Es schwimmen Teilchen aus Hefe und Eiweiß umher, das ist aber gewollt und unbedenklich. Der Geruch ist hefig, erinnert an Zitrusfrüchte, was dem verwendeten Hopfen geschuldet, und etwas unfertigreif.

Ich muss mich zum ersten Schluck schon fast zwingen. Doch meine Zurückhaltung stellt sich als unbegründet heraus! Für die weltweit fortschreitende geschmackliche Vereinheitlichung ist das Montseny Lupulus heftig herb. Sehr angenehm herb und sehr lange anhaltend! Das Bier ist vollmundig und mit 5’4% vol. Alkohol stark. Letzteres ist auch der Grund, warum ich mir an diesem heißen Morgen nicht direkt ein zweites gönne.



Auf der Website der Brauerei findet sich zudem die Erklärung für das flockig trübe Äußere: Die Biere der kleinen Compañía cervecera del Montseny seien echte Handarbeit und reine Naturprodukte. Sie seien nicht pasteurisiert und unterlägen dem Deutschen Reinheitsgebot. Das Montseny Lupulus bezeichnen die Brauer als ÍBER ALE, als in der Tradition der alten Iberer gebraut. Die Zutaten Hopfen und Malz sind der Herstellung von Pilsener- oder Lager-Bieren entliehen.

Was mir noch nicht so richtig in die Birne will, ist der Verkauf der Montseny-Biere bei Aldi. Wie passt eine 2007 gegründete micro cervecería, die auf Spaß, Tradition und Handarbeit wert legt, zusammen mit dem gigantischen Discounter aus Deutschland, den ich immer noch mit Hansa-Pilz assoziiere? – Ich schätze, dass ich oben beschriebenen Image-Wandel erst noch realisieren muss.

Text: Dirk Klaiber

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