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[art_3] Brasilien: Oper im Dschungel
Das Teatro Amazonas in Manaus
 
"Manaus ist echt cool. Voll hässlich, aber ein ganz spezieller Ort." Mit diesen Worten berichtete eine Freundin kürzlich von ihrem Trip in die Amazonasmetropole. Ganz treffend, wie ich finde. Die meisten Touristen, die nach Manaus kommen, bleiben höchstens einen Tag, dann geht es weiter auf einen Urwaldtrip. Kaum jemand nimmt sich die Zeit, die Stadt selbst einmal ernsthaft zu erkunden.

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Allerdings: Viel gibt’s auch nicht zu sehen. Im Zentrum kann man rund um das Teatro Amazonas und die davor gelegene Praça Portugal nett sitzen und zur Kühlung Bier schlürfen oder Eis essen. Und das muss auch sein, denn Manaus ist eine heiße, dampfende Waschküche, in der die Sonne zudem unerbittlich brennt.

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Doch den Temperaturen zum Trotz sollte man sich die Zeit nehmen für eine Führung durch das Teatro Amazonas. Eingeweiht am Sylvesterabend 1896 lässt es den Prunk des kurzen Kautschukbooms um die Jahrhundertwende erahnen. Damals holte man sich die besten Baumeister Europas, um am anderen Ende der Welt einen ansehnlichen Prunkbau in den Urwald zu setzen. Wer Werner Herzogs Film "Fitzcarraldo" gesehen hat, kann sich in etwa vorstellen, wie absurd die Idee an sich ist.

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Über 700 Besuchern bietet das Theater Platz. Manaus feinste Gesellschaft lauschte den Aufführungen aus den über drei Etagen angelegten Logen. Ein ausgeklügeltes Kühlsystem sorgt dabei für angenehme Temperaturen, während draußen eine Bullenhitze regiert. Von den Wänden betrachten Skulpturen von Rossini, Mozart und Verdi schweigend das Spektakel.

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Und Liebhaber klassischer Musik kommen im Teatro Amazonas voll auf ihre Kosten. Das hervorragende Orchester ist weit über die Grenzen Brasiliens bekannt. In jüngerer Zeit gaben Christoph Schlingensief (2007) und Roger Waters von Pink Floyd (2008) dem Haus bereits die Ehre. Den Eintritt gibt es meist zum Nulltarif, dank der Kulturpolitik der Regierung, die die Bevölkerung auf den schöngeistigen Geschmack der Kunst und Kultur bringen möchte. Über den aktuellen Spielplan informiert man sich am besten im Theater selbst. Wem klassische Musik nicht zusagt, der hat in Manaus eine breite Auswahl an Urwald-Diskos, in denen man unendlich lauten Forro, eine Art Country-Beat, "genießen" kann.

Text + Fotos: Thomas Milz

Infos zum Theater
http://www.sec.am.gov.br/programas_02.php?cod=0255

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