ed 08/2009 : caiman.de

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brasilien: Vom Maniokmehl zum Kaviar
DASPU, Vai Vai und die Kollektion 2010
THOMAS MILZ
[art. 1] druckversion:

[gesamte ausgabe]


spanien: Ein Plädoyer für die "Playa Negra"
BERTHOLD VOLBERG
[art. 2]
brasilien: 24/7 Boa Morte in São Paulo
Restaurierte Barockkirche im Dienste der Armen
THOMAS MILZ
[art. 3]
kuba: Roberto Fonsecas afrokubanisches Herz
TORSTEN EßER
[art. 4]
macht laune: Los Roques von oben (Bildergalerie)
MARIA JOSEFA HAUSMEISTER
[kol. 1]
erlesen: Villa-Lobos. Der Aufbruch der brasilianischen Musik
TORSTEN EßER
[kol. 2]
helden brasiliens: Adeus für einen treuen Freund
Zurück auf der Ilha Grande
THOMAS MILZ
[kol. 3]
lauschrausch: Mittelalterpunks
TORSTEN EßER
[kol. 4]





[art_1] Brasilien: Vom Maniokmehl zum Kaviar
DASPU, Vai Vai und die Kollektion 2010
 
Und da laufen sie wieder! Dieses Mal präsentierte sich das etwas andere Modelabel auf heiligem Boden. Die Sambaschule "Vai Vai", dreimal Sieger des Carnavals São Paulos, hatte ihre Tore geöffnet und alle strömten in die kleine Halle: Presse, Schaulustige, VIPs und manche, die sich dafür halten, Angehörige der "Vai Vai" und die treuen Fans des Prostituierten-Modelabels DASPU wollten bei der Vorstellung der Sommerkollektion 2010 dabei sein.



Seit vier Jahren sorgt DASPU für Furore und bringt Bewegung in die Modewelt; ins Leben gerufen von Gabriela Leite, ebenfalls Gründerin der Prostituiertenorganisation DAVIDA aus Rio de Janeiro. Am Anfang waren es lediglich T-Shirts mit provokativ-witzigen Sprüchen, die in der Szene schon bald Kultstatus erlangten. Jetzt hat man ein professionelles Team zusammengestellt, das für die Ganzkörperausstattung von Mann und Frau sorgen soll.

"Da Farofa ao Caviar" (Vom Maniokmehl bis zum Kaviar) heißt die Kollektion. "Wir wollten zeigen, dass DASPU alle mitreisst, von der breiten Masse bis zu den kultigen und alternativen Leuten", meint die junge Modeschöpferin Alzira Calhau. "Und da wir stets mit Doppeldeutigkeiten arbeiten, entschieden wir uns dieses Mal für das Thema "essen - vernaschen"." 

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So hat man die Logos bekannter Lebensmittel- und Getränkelabels etwas umgestaltet. Ganz im Sinne der lasziv-erotischen DASPU-Tradition. "Ich denke, dass die Kollektion, die wir hier vorstellen, sehr ausgearbeitet bzw. konzeptionell ist. Die Modeschöpferinnen aus Belo Horizonte, mit denen wir zusammenarbeiten, lernen gleichzeitig mit und von uns und umgekehrt", sagte Gabriela der "Folha de S. Paulo". "Wir alle durchlaufen noch einen Lernprozess, trotzdem ist meiner Meinung nach das Ergebnis bereits jetzt schon hochprofessionell."

Momentan steht DASPU vor dem Einzug in die Modegeschäfte. Stolz verkündete Gabriela, dass die komplette Kollektion bereits verkauft worden sei. "Zwar kämpfen wir immer noch gegen Vorurteile an, aber man sieht, dass wir bereits etwas bewirkt haben", meint sie.

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Auch privat gibt es gute Nachrichten für Gabriela. Nachdem ihre Biographie "Filha, mae, avo e puta" in den letzten Monaten in den brasilianischen Medien und Buchhandlungen für Furore gesorgt hat, soll ihr bewegtes Leben nun verfilmt werden. "Ihre Geschichte ist sehr provokativ", sagt der Filmemacher Caco Souza, der von Leite die Rechte an der Verfilmung erworben hat. 2011 sollen die Dreharbeiten beginnen.

Ob Souza den Buchtitel als Filmtitel übernehmen wird, steht noch nicht fest. "Mal schauen, manchmal stößt man ja bei der Recherche noch auf etwas anderes, aber der Titel ist eigentlich gut", so Souza gegenüber der "Folha de S. Paulo". Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, dass manche Leute sich durch den Titel abgestoßen fühlen. "Die Leute haben viele Vorurteile über eine Sache, die seit Anbeginn der Geschichte zum menschlichen Alltag gehört."

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Text + Fotos: Thomas Milz


Filha, mãe, avó e puta
Gabriela Leite

ISBN 9788573029246
228 páginas
Formato: 16 x 23 cm
Data de Lançamento: 03/04/2009 
R$ 33,90 (preço sugerido)


Bisher bei caiman zu diesem Thema erschienen:
Brasilien: DASPU contra Fashion Week 2008
Bunte und schrille Modetage in São Paulo
http://www.caiman.de/07_08/art_1/index.shtml

Brasilien: Tochter, Mutter, Oma und Hure
Das bewegte Leben der Gabriela Leite
http://www.caiman.de/05_09/art_3/index.shtml

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: brasilien]





[art_2] Spanien: Ein Plädoyer für die "Playa Negra"
 
"Direkt vor dem Hotel ein kilometerlanger, schneeweißer Sandstrand..." - "Berühmt sind diese Dünen, die sich vom Strand bis zum Horizont erstrecken, für ihren sehr feinen, puderzuckerweißen Sand..." Wer kennt nicht solch euphorische Strandbeschreibungen  aus den Prospekten von Reise-Anbietern, die sich in Superlativen überbieten, um die Feinheit und strahlendweiße Farbe des Sandes anzupreisen, auf den der Urlauber sich zu betten gedenkt? Alles gut und schön, aber wieso immer weiß? Wir finden, es ist an der Zeit, mit diesem "Strand-Rassismus" aufzuräumen!

Nichts gegen weiße Sandstrände, aber auch schwarze Strände haben ihre Vorzüge und die Vorurteile gegen schwarzen Sand sind lächerlich.

Viele eher unerfahrene Urlauber verbinden mit schwarzen Stränden die Vorstellung, dieser Sand oder Kies sei "schmutzig" - was für ein Quatsch! Sand hat die Farbe des Gesteins, aus dem er entstanden ist und wenn es sich dabei um schwarzes Vulkangestein handelt, ist natürlich auch der Sand schwarz. Schöne Beispiele für solche schwarzen Strände gibt es auf den Kanarischen Inseln, vor allem auf den westlichen Kanaren (Teneriffa, La Palma, El Hierro).

Der schwarze Sand an den Stränden im Nordwesten Teneriffas (Playa Jardín in Puerto de la Cruz, Playa de Benijo, Playa de Bollullos, Masca oder Playa Paraíso - jawohl!) ist genauso feinkörnig wie weißer und fühlt sich auch genauso an. Wenn man mit geschlossenen Augen über einen weißen und einen schwarzen Strand laufen würde, könnte man keinen Unterschied spüren. Naja, zugegeben, wenn man diesen Vergleich tagsüber bei Sonnenlicht durchführt gibt es schon einen kleinen Unterschied, der alle Unvorbereiteten schmerzhaft treffen kann. Jeder, der schon mal bei über 30° Grad ein pechschwarzes T-Shirt getragen hat, weiß wovon ich spreche: die Farbe schwarz zieht das Sonnenlicht magisch an und schwarze Gegenstände erhitzen sich dadurch deutlich mehr als helle.

Also sind Badelatschen oder Flip-Flops beim Betreten von schwarzen Sandstränden auf Teneriffa oder anderswo sehr wichtig. Andernfalls holt man sich auf dem Weg zur ersten Welle, und sei er noch so kurz, Brandblasen oder gegrillte Fußsohlen.

Denn spätestens im Mittagslicht hat sich der schwarze Sand so dermaßen erhitzt, dass seine Temperatur kurz vor dem Siedepunkt angelangt ist. Aber seien wir mal ehrlich: sind nicht alle schönen Dinge im Leben auch mit etwas Schmerz verbunden? Was wäre das schönste Liebesglück ohne ein paar Momente Herzschmerz zwischendurch? Die paar Sekunden Fußsohlenschmerz machen die Liebe zu schwarzen Stränden doch umso intensiver und leidenschaftlicher!

Zum totalen Klischeebild des Urlauberparadieses à la Karibik mag zwar neben türkisblauem Meer, einem sanft schaukelnden Fischerboot und in einer Tropenbrise wehenden Palmzweigen immer noch ein weißer Sandstrand gehören. Was aber kaum zu rechtfertigen ist. Wenn wir schon von Traumbildern sprechen: garantiert nicht gerade ein schwarzer Strand einen besonders spektakulären Kontrast zum weißen Wellenschaum?

Und hebt nicht Schwarz als Einfassung das brillante Türkisblau einer Meeresbucht effektiver hervor - wie ein Saphir, der mystisch aus dem Dunkel leuchtet? "Black is beautiful!" gilt also nicht nur für Menschen, sondern auch für Strände!


Übrigens noch ein Tipp für die etwas erfahreneren Touristen, die im Urlaub auch mal ein Buch (oder ausgedruckte Caiman-Artikel) zur Hand nehmen: da schwarzer Sand das blendende Sonnenlicht viel weniger reflektiert als weißer ist das Lesevergnügen an schwarzen Stränden ungetrübter, da weniger anstrengend für die Augen...

Text + Fotos: Berthold Volberg

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: spanien]





[art_3] Brasilien: 24/7 Boa Morte in São Paulo
Restaurierte Barockkirche im Dienste der Armen
 
Auf den ersten Blick übersieht man sie leicht. Mitten zwischen hässlich modernen Hochhäusern liegt die Kirche "Nossa Senhora da Boa Morte - Unsere Frau des schönen Todes" im Herzen São Paulos. Im Juli wurde sie nach dreijährigen Renovierungsarbeiten von São Paulos Erzbischof Dom Odilo Pedro Scherer feierlich wiedereröffnet. Von außen ist sie immer noch schlicht, "Barroco Paulista" nennt man das hier - Barock á la São Paulo. Von innen ist sie wieder das Schmuckstück, was sie seit ihrer Erbauung 1810 immer schon war.



Oder fast immer. Sieben Jahre lang war sie geschlossen, drohte einzustürzen. Teile des hölzernen Dachstuhls waren von Termiten zerfressen und die Wände wegen Wasserinfiltrierung morsch und schwarz verschimmelt. Dank der gemeinsamen Initiative der Landesregierung und einiger Privatunternehmen konnten die für die ab Oktober 2006 durchgeführte Renovierung benötigten 6,5 Millionen Reais schließlich und noch rechtzeitig aufgebracht werden.

Die 1810 erbaute Kirche ist eines der wenigen übrig gebliebenen Zeugnisse kolonialer Architektur, das der hektischen Expansion des Stadtzentrums ab den 1930er Jahren Stand gehalten haben. In einer kleinen Seitenstraße, der Rua do Carmo, gut 500 Meter von der Kathedrale Sé, dem Bischofssitz, entfernt gelegen, gilt sie heute als Hoffnungsstätte für die Obdachlosen und Drogenabhängigen der Region.

Der Name der Kirche ist eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Zum Tode durch Erhängen Verurteilte wurden vor der Vollstreckung in die Kirche geführt um um einen schönen Tod zu bitten. "Diese Kirche hat eine große Bedeutung, sowohl historisch wie auch kulturell und religiös", so Erzbischof Scherer. "Aber diese Kirche ist kein Museum, sondern eine lebendige Kirche. Und derzeit gibt es keine andere Kirche außer ihr, die rund um die Uhr geöffnet ist. Dies ist etwas Neues und zeigt die Präsenz der Kirche in unserer Stadt."


São Paulo sei eine Stadt, so Erzbischof Scherer, die niemals ruhe. "Deshalb brauchen wir auch nachts religiöse Räume, wo Menschen Aufnahme finden können, wo sie die Möglichkeit haben einzutreten, zu beten und Gehör zu finden." Schätzungen der Stadtregierung zufolge leben zwischen 12.000 und 15.000 Menschen auf den Straßen São Paulos, davon etwa 4.000 im Zentrum der 11 Millionen Einwohner zählenden Stadt.

"Hier treffen Sie alles an, von Drogenabhängigen, Prostituierten, verzweifelten und verirrten Menschen, Obdachlosen bis hin zu Menschen, die einfach einsam sind und Gesellschaft suchen. Und diese Menschen brauchen jemanden, der ihnen zuhört, der sie anschaut - und der Zeit für sie hat. Genau dies hat Jesus von uns gefordert: menschlicher zu sein", so Padre Julio Lancelotti, Koordinator der Obdachlosenpastorale in São Paulo.

Als erste Kirche in der Stadt wird sie täglich 24 Stunden geöffnet sein um Menschen in Not beizustehen. "Eine jederzeit geöffnete Kirche bedeutet eine humanere Kirche, eine sensiblere Kirche, die näher an denen dran ist, die leiden", sagt Padre Lancelotti.

Für die Betreuung der nach Hilfe Suchenden stehen 15 Padres der "Alianca de Misericordia" (Bund der Barmherzigkeit) bereit, einer vor zehn Jahren in São Paulo gegründeten kirchlichen Laienbewegung. Neben sozialer und religiöser Arbeit auf den Straßen der Stadt unterhält die Alianca auch zwei Obdachlosenheime und eine Anlaufstelle für Drogenabhängige im Stadtzentrum, an die man die dringlichsten Fälle weiterleiten werde, erklärt Bruder Gabriel Maria.

Er erwartet einen "wahren Ansturm" auf die Kirche und ist sich der begrenzten Kapazitäten bewusst. "Unsere Kirche ist klein, aber unser Wunsch ist es, alle aufzunehmen die an unsere Türe klopfen. Abweisen werden wir jedenfalls niemanden."



Die in die Restaurierung der "Nossa Senhora da Boa Morte" investierten 6,5 Millionen Reais seien auf jeden Fall gut angelegt, so Bruder Gabriel Maria. "Für uns ist diese Kirche ein Wunder. Nach sieben Jahren öffnet sie erneut ihre Türen und das Volk und besonders die Armen haben diese Kirche verdient."

Text, Interviews + Fotos: Thomas Milz

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: brasilien]





[art_4] Kuba: Roberto Fonsecas afrokubanisches Herz

Der 34jährige Roberto Fonseca gehört zur Garde der jungen kubanischen Jazzpianisten, die seit einigen Jahren die Musikwelt mit ungewöhnlichen Klängen und Experimenten bereichern. Torsten Eßer sprach mit ihm in Köln anlässlich seines neuen Albums "Akokan" (Herz)

Auf dem Cover deiner neuen CD sticht das rot-weiße Armband hervor, die Farben von changó. Und auch der Titel - Akokan - ist ein Wort aus der Yoruba-Sprache. Was bedeutet die santería für Dich und deine Musik?
Das Armband trage ich, weil ich ein "Sohn" changós bin, denn ich bin auch ein santero. Und, wie Du ja weißt, die afrokubanische Musik hat eine unglaublich rhythmische Kraft und viel Ausdrucksstärke. Das alles habe ich auf sehr persönliche Weise in meine Musik eingebaut. Ich wollte so auf meine Wurzeln verweisen. Alle fragen zuerst, was "Akokan" bedeutet, und so fangen die Leute an, meine Welt zu entdecken. Darum ist das Cover schwarz-weiß gehalten und nur das, was meine Kultur repräsentiert, wird farblich abgesetzt. Dieses Album präsentiert sehr stark mein privates Leben zu dem natürlich auch die Musik gehört.

Roberto Fonseca
Akokan
Enja 9534-2
http://www.robertofonseca.com/

Und bist Du als "Sohn" changós auch schon babalao (Priester)?
Nein, ich möchte es aber werden und bin auf dem Weg, aber das dauert und hängt nicht nur von mir ab.

Stammst Du aus einer religiösen Familie? Viele Jahrzehnte war es auf Kuba ja nicht gerade angesagt, sich religiös zu betätigen?
Das hat sich sehr geändert, heute praktizieren viele Menschen ihre Religion ganz öffentlich. Und die santería war ohnehin immer schon enorm stark. Was mir nicht gefällt ist, dass die afrokubanischen Religionen so populär geworden sind, dass sich mit ihnen Geld verdienen lässt, und so vieles, was intim bleiben sollte, nach außen dringt. Bestimmte, sehr geheime Rituale, wurden sogar gefilmt. Das gefällt mir nicht, das ist respektlos.

Im Gegensatz zu früheren Alben verwendest Du seltener afrokubanische Rhythmen…
Es gibt viele Wege, seine Wurzeln zu verarbeiten. Es muss nicht immer so sein, wie alle es erwarten. Ein afrokubanischer Musiker muss nicht immer eine batá-Trommel erklingen lassen. Um zu zeigen, dass ich Kubaner bin, muss ich nicht Zigarre rauchen. Ich lasse gewisse Dinge sehr intim einfließen, entgegen der öffentlichen Erwartungshaltung.

Das Stück "Siete Potencias" klingt sehr spirituell. Basiert es auf einer Idee von Dir oder von deiner Gastsängerin Mayra Andrade?
Von mir. In Kuba kennen wir die sieben Energien, die uns beschützen; ebenfalls ein Teil der afrokubanischen Religion. Mayra Andrade stammt von den Kap Verden, ebenfalls sehr folkloristisch orientierten Inseln. Und mir gefiel ihre Musik, ihr Gesang und so bat ich sie um einen Text. Wir unterhielten uns über meine Inspiration hinsichtlich der Melodie und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Die zweite wichtige Inspiration scheint deine Familie zu sein. Ihr sind einige Stücke gewidmet?
Meine Familie hat mich bei allem, was ich getan habe, immer unterstützt. Sowohl lobend als auch mahnend, wenn ich mal wieder Mist gebaut hatte. Vor allem meinem Vater und meinen Brüdern verdanke ich meine Karriere und bin deswegen heute hier.

Gab es mal Zweifel?
Na klar, als Jugendlicher verstehst du manchmal nicht, warum du üben sollst, während alle anderen am Strand liegen. Dieses Opfer ist groß. Und dann ist es gut, wenn dich die Familie unterstützt und dir gut zuredet. Dafür bin ich heute dankbar.

Eine weitere Widmung gilt der Modemarke "agnes b". Was hat das mit Musik zu tun?
Mode und Musik, beides sind Kunstformen. Die Erscheinung eines Musikers ist wichtig, denke ich. Musik, vor allem in der Konzertsituation, ist ein Gesamtkonzept: Musik, Lichter, Sound, die Bühne und eben auch die Mode, alles gehört dazu. Ich hatte das Glück, dass dieses Label mich als "Model" auswählte, nachdem sie mich während eines Konzerts mit Ibrahim Ferrer in Südfrankreich gesehen hatten, und ich fühle mich in ihren Sachen extrem gut.

Nun hast Du Ibrahim schon mal erwähnt. Wie wichtig war die Zusammenarbeit mit dem Buena Vista Social Club (BVSC) für deine Karriere und deine Musik?
Tatsächlich war sie für meine musikalische Entwicklung wichtiger als für meine Karriere. Na klar hat mich Ibrahim gefördert, aber musikalisch lernte ich die traditionelle kubanische Musik viel besser verstehen, sie zu leben. Ich konnte von den Musikern lernen, die die traditionelle Musik mit geprägt hatten. Ich war der letzte junge Musiker, der das Glück hatte, mit ihnen zu arbeiten und zu spielen.

Da fällt mir ein anderer Name ein. Hatte Emiliano Salvador Einfluss auf deine Musik?
Ja, sehr, denn mein Standpunkt zum Latin-Jazz ist ein wenig anders als bei den meisten Kubanern, weswegen "Akokan" ja auch anders klingt. Und das war bei Emilianos Klavierspiel auch so, weswegen er ein Vorbild für mich war. Ein weiterer kubanischer Pianist, der für mich wichtig ist, war Lilí Martínez, der in der Band von Arsenio Rodríguez gespielt hat. Die beiden habe ich bewundert.

Auf deinen ersten Alben hast Du viel Synthesizer gespielt, nun gar nicht mehr!
Weil ich auf der Suche nach meinen Wurzeln bin und auf der Suche nach dem puren, natürlichen Klang. Ich benutzte auch heute noch manchmal einen Synthesizer auf der Bühne. Es eröffnen sich viele Möglichkeiten durch ihn, aber der warme Klang "echter" Instrumente wird vom Publikum mehr geschätzt.

Manchmal "singst" Du wie Keith Jarrett. Ist das Zufall?
Nein. Jarrett ist einer der größten Pianisten auf dieser Welt und außerdem war die erste Jazzaufnahme, die ich gehört habe, von ihm. Diese Cassette habe ich heute noch Zuhause. Das war wie eine Offenbarung, ich dachte, was macht der denn da mit seiner Stimme. Ich merkte durch seine spontanen Gesangsausbrüche, dass er sehr genoss, was er tat. Es gibt Musiker, die darauf achten, dass bei einer Aufnahme kein Geräusch entsteht, ihm ist das egal. Das zeigt, dass für ihn die Musik das Allerwichtigste ist.

Und es kommt der lateinamerikanischen Musikerseele entgegen...
Ja, genau.

...wie auch bei Glenn Gould...
Der war einfach unglaublich. Als ich Student war, spielte mir meine Lehrerin die Goldberg-Variationen vor. Danach wollte ich kein Klavier mehr spielen, denn ich dachte, das werde ich im Leben nicht erreichen. Aber dann wurde ich psychologisch behandelt und kehrte ans Klavier zurück (lacht!).

Der Titel "El ritmo de tus hombros" klingt für mich wie eine afrikanische Ritualmusik, kaum nach Kuba!
Ich habe dabei weder an das eine noch an das andere gedacht. Mir ging es darum mich zu entspannen, ausgelassen zu sein. Darum ist das Klavierspiel auch so freaky. Da wir in Kuba natürlich so stark von afrikanischen Rhythmen geprägt sind und ich mich auch damit beschäftige, liegt dein Gedanke nahe.

Viele Gedanken zu deinen Stücken sind ernst, manchmal fast traurig. Das ist man von Kubanern nicht gewohnt. Weniger Freude, mehr Reflektion...
Das kommt von meiner Spiritualität. Und auch daher, weil mein Weg bis hierhin nicht immer leicht war, denn viele Leute missgönnen einem den Erfolg. Das ist ja normal, aber manchmal sehr enttäuschend, wenn es sich um vermeintliche Freunde handelt. Auch im BVSC haben mir - dem Jüngsten - einige den Erfolg nicht gegönnt. Erfolgreich zu sein macht einsam, darum sind einige Lieder denen gewidmet, die immer an mich geglaubt haben, und so klingt manches wohl eher nachdenklich. Wie z.B. "La flor que no cuidé"; bei diesem Titel weiß jeder sofort, dass eine Blume, die man nicht hegt, eingeht. Das ist denjenigen gewidmet, die mich in einem bestimmten Moment gebraucht haben, in dem ich dann nicht - rechtzeitig - da sein konnte, oder umgekehrt.

"Lento y despacio" ist wohl eine ironische Anspielung darauf, dass viele Europäer die Lateinamerikaner für langsam halten...
(lacht!) Das ist ein interessanter Gedanke, daran habe ich aber nicht gedacht. Ich wollte nur ein wenig Spaß machen. Wenn jemand den Titel liest, bereitet er sich auf eine Ballade oder Ähnliches vor... und dann kommt der agressive Rhythmus, diese Vorstellung fand ich lustig.

Raul Midón singt auf "Akokan" den Titel "Eeveryone deserves a second chance". Gilt das für Jeden?
Ja, auf jeden Fall.

Auch für Fidel Castro?
Ja, ... na ja, ... jeder macht Fehler. Für manche sind das dann auch Fehler, für andere eben nicht. Aber auf Tourneen über Politik zu sprechen ist nicht gut, denn wenn du nicht vor Ort bist, weißt du nicht genau, was Zuhause passiert. Im Grunde genommen ist es egal, in welchem Land man aufwächst, denn man muss ohnehin für das kämpfen, was man möchte, so hat man es mir beigebracht. Manche denken, dass sie schnell reich werden, wenn sie in ein anderes Land ziehen, aber das ist natürlich Unsinn. Wenn du eine gute Ausbildung hast, hart arbeitest und eine klare Vorstellung davon, was du willst, schaffst du es auch, denn es kommt immer der Moment der Wahrheit, egal wo du bist.

Chucho Valdés hat mal gesagt, dass man, um kubanische Musik spielen zu können, in Kuba leben muss, zumindest die meiste Zeit!
Ja, dort lade ich meine Batterien auf und erhole mich. Dann gehe ich auf Tournee und entlade mich bei meinen Auftritten.

Text: Torsten Eßer
Fotos: amazon

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: kuba]





[kol_1] Macht Laune: Los Roques von oben (Bildergalerie)
 
Und dann ward er präsent der Traum, der Traum vom Fliegen. Von Kindesbeinen an schwebte die kleine Tigerin des Nachts über die Stadt, die Häuser zum Greifen nahe. Nur so konnte sie registrieren, was unter ihr so vor sich ging, ihren Freunden beim Schlafen zusehen.

Viele Jahre später sitzt die kleine Tigerin im Flieger zum Inselarchipel Los Roques vor der Küste Venezuelas. Die Maschine hat fünf Sitzplätze, hintereinander angeordnet. Obwohl von eher zierlicher Statur kann die Tigerin links und rechts aus den Fenstern heraus alles beobachten, ohne hin und her rutschen zu müssen. Und dann tauchen die ersten Inselchen am Horizont auf und fasziniert lässt sie ihre Kamera rotieren.

Einmal gelandet, reisst ihre Begeisterung für Los Roques nicht ab. Wieder und wieder drückt sie auf den Auslöser und hält so ihre Eindrücke fest. Nach wenigen Tagen auf dem Weg zurück von der Hauptinsel Gran Roque in Richtung Caracas fliegend, hält der Pilot die Kleinmaschine auf exakt der gleichen Höhe wie sie sich selbst früher durch ihr Barrio schweben sah. Aufgeregt sortiert sie die Luftaufnahmen den Vorort-Fotos zu und lässt uns teilhaben...

Gran Roque / Cayo Francisquí
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Cayo Muerto und die Inselgruppe Noronquises
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Cayo Krasquí
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Cayo Matrizquí / Cayo Pirata
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Boca de Agua
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Text: Maria Josefa Hausmeister
Fotos: Dirk Klaiber

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: macht laune]





[kol_2] Erlesen: Villa-Lobos. Der Aufbruch der brasilianischen Musik

"Ich bin nicht gekommen, um zu lernen, sondern um zu zeigen, was ich bisher gemacht habe." Selbstbewusst betrat der brasilianische Komponist Heitor Villa-Lobos (1887-1959) 1923 europäischen Boden. Und hier, fern der Heimat, entdeckte er die lateinamerikanischen Klänge und benutzte sie, um sie mit der europäischen Kunstmusik zu aufregenden Kompositionen zu verschmelzen.

Villa-Lobos "reift" in Paris, feiert Ende der 1920er Jahre seinen internationalen Durchbruch und entwickelt sich so zu einem der bedeutendsten und erfolgreichsten Komponisten Lateinamerikas im 20. Jahrhundert.

Villa-Lobos. Der Aufbruch der brasilianischen Musik
Manuel Negwer
Schott Music, Mainz 2008
~240 Seiten, 30 Abb. [+CD]

Natürlich beginnt Villa-Lobos' musikalischer Werdegang früher. Schon sein Vater Raul liebte Musik und vermittelte seinem Sohn diese Leidenschaft. Allerdings schwenkte der junge Villa-Lobos bald vom Cello auf Gitarre um und verwandelte sich in einen leidenschaftlichen Anhänger des choro - der populären Musik Rio de Janeiros. Er übte solange auf der Gitarre bis er in einer choro-Gruppe mitspielen konnte; sehr zum Leidwesen seiner Eltern, denn in Brasilien fristete die Gitarre zu jener Zeit noch eine Existenz als Instrument der Spelunken.

Autor Manuel Negwer schildert diese und andere Geschichten und verknüpft sie gekonnt mit historischen und musikwissenschaftlichen Fakten. Nebenbei gelingt ihm eine lebendige Beschreibung der Kultur Brasiliens zur Zeit Villa-Lobos'.

Allerdings ist Vieles, das über Villa-Lobos kursiert, schlicht erfunden. Denn der Komponist war ein Fabulierer, der nicht nur in der Musik Neues erschuf, sondern, wenn es ihm nützte, auch sich selbst. So brachte er beispielsweise in den Pariser Salons immer neue Abenteuergeschichten über seine Reisen zum Amazonas in Umlauf. Manuel Negwer versteht es, diese Mythen zu entzaubern, ohne Villa-Lobos zu demontieren. So auch die häufig falsche Datierung seiner Werke, die der Komponist betrieb, um in jeder Hinsicht als innovativ zu gelten (und z.B. nicht als Kopie des von ihm verehrten Igor Strawinsky).

Bei seinen Aufenthalten in Frankreich lernte Villa-Lobos, u.a. durch seine Freundschaft mit dem Pianisten Artur Rubinstein, berühmte Künstler und Komponisten kennen, darunter Pablo Picasso, Andrés Segovia und Aaron Copland. Mit Edgar Varèse verband ihn eine enge Freundschaft, obwohl sie sich musikalisch nicht "verstanden", denn Varèse lehnte den Nationalismus, den Villa-Lobos in der Musik betrieb, ab: "Von meinem Standpunkt aus ist die Ausbeutung der Volksmusik durch Komponisten ein Zeichen von Impotenz." Villa-Lobos integrierte aber nicht nur brasilianische Rhythmen und Instrumente in seine Werke, er erfand sogar eine sinnfreie "Indianersprache", die er u.a. in seinen choros Nr. 3 und Nr. 10 einsetzte.

Zurückgekehrt nach Brasilien zeigte Villa-Lobos keine Scheu, sich mit den Mächtigen zu arrangieren, wenn es seiner Musik und seiner Vorstellung von Musikerziehung diente. Unter dem Regime des Putschisten Getúlio Vargas komponierte er für den neuen Präsidenten eine Siegeshymne, verstärkte die Komposition massentauglicher patriotischer Werke (brasilidade), veröffentliche 1941 die Schrift "A Música Nacionalista no Govêrno Getúlio Vargas" und verscherzte es sich so mit der nachfolgenden Komponistengeneration und überhaupt mit vielen Intellektuellen, allen voran mit seinem langjährigen Wegbegleiter, dem Dichter Mário de Andrade.

Der mäßige Pianist und gute Gitarrist Villa-Lobos schuf über 1.000 Einzelwerke, darunter die berühmten "Bachianas", aber auch Opern, Lieder und Sinfonien. Einige Stücke aus diesen Werken verwandelten sich in Evergreens, die auch heute noch fast jeder Brasilianer kennt; so z.B. das Lied "Trenzinho", das ursprünglich den "Bachianas" entstammt. Während er in seiner Heimat und in den USA ein "Superstar" war und ist, fiel seine Rezeption in Deutschland - wen wundert's - zunächst unterkühlt aus, da die verkopften und eurozentristisch orientierten Musikkritiker oft ratlos vor seinem Werk standen.

Die ausführlichen Beschreibungen der wichtigsten Werke Villa-Lobos' fügen sich homogen in Negwers Gesamttext ein und sind nicht nur für Musikwissenschaftler interessant. Ein sehr lesenswertes Buch, dessen Sprache manchmal ein wenig hölzern ist, aber das hätte der Lektor ausbügeln müssen (ebenso die im Text übrig gebliebenen Links auf S. 59). Begleitet wird das Buch von einer CD, die rare Aufnahmen von Villa-Lobos aus den 1930er und 40er Jahren enthält, in entsprechender Tonqualität. Die ersten beiden Stücke präsentieren ihn als Gitarristen, während er in den folgenden Titeln die deutsche Sängerin Beate Rosenkreutzer am Klavier begeleitet.

Text: Torsten Eßer
Cover: amazon

[druckversion ed 08/2009] / [druckversion artikel] / [archiv: erlesen]





[kol_3] Helden Brasiliens: Adeus für einen treuen Freund
Zurück auf der Ilha Grande
 
Die Insel, endlich! Nach langen Jahren wieder einmal den Fuß auf jenes traumhaft-schöne Eiland vor der Küste von Rio de Janeiro gesetzt. Viel hat sich nicht getan. Ein neuer, zweiter Bootssteg für die Touristenboote, ein paar neue Pousadas (es soll jetzt schon über 200 hier geben). Claude und Mara hatte ich gestern angerufen, "Hallo, ich bin’s. Erinnert Ihr Euch noch?" Ein kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung, dann ein "Wo warst Du nur so lange? Wir dachten schon Du wärst zurück nach Deutschland gegangen...".



Jetzt stehen die beiden vor mir, ein wenig älter, wie wir alle halt. Aber sonst immer noch die gleichen. "Schau nicht in den Garten - Mara baut mal wieder die Zimmer um." Claude verdreht die Augen. "Immer muss etwas neu gemacht werden..."

Die Zimmer hinten im Garten sollen etwas geräumiger werden, "um auch mal eine Gruppe von vier Leuten dort unterbringen zu können," meint Mara. Sie kocht gerade für die Bauarbeiter: Reis und Bohnen und ein Stück Fleisch für jeden. Claude verzieht sich, er meidet den Rummel.

Erst später taucht er wieder auf, als alle anderen weg sind, haut einen Fisch in die Pfanne und presst ordentlich Zitronensaft drüber. "Jetzt mach ich mir mal erst mein Mittagessen!" In der einen Hand die unvermeidliche Zigarette.

Der Bart ist gestutzt, die grauen Locken sind weg, und neuerdings ist er ganz ohne Hut unterwegs. Auf Fragen danach reagiert er nur mit Augenverdrehen. Dann macht er ein paar Schritte durch die Küche und stolpert fast über einen zwischen seinen Beinen hindurchhuschenden Schatten. "Diese Katze geht mir ziemlich auf den Sack!", flucht er vor sich hin.

Zugelaufen sei sie ihnen, und Mara habe sie behalten wollen. Wie die Katze heiße, will ich wissen? "Miau, Bruihhh oder irgendwie so. Such’s Dir aus." Er lacht verschmitzt.

Am nächsten Morgen liegt die Katze schlafend im Liegestuhl vor dem Frühstücksbuffet. Mara nimmt sie liebevoll hoch, setzt sich und legt das Tier in ihren Schoss. "Sie kam hier reinspaziert, legte sich hin und ist geblieben", sagt Mara und krault den schnurrenden Vierbeiner.

Aus der Küche kommt ein kleiner Hund mit einer rot-weiß-gestreiften Wärmejacke angewackelt. "Den hat meine Schwiegermutter hier abgeliefert", meint Claude. "Aber besser ihren Hund hier haben als sie selbst." Er grinst breit über das ganze Gesicht. "Ist gestern von nem großen Hund gebissen worden, da hab ich ihm die Wärmejacke umgetan, damit er die Wunde nicht leckt."

Die Vorderpfoten des Hundes sind vollkommen schief. "Jaja!", lacht Claude. "Und weißt Du, wie er heißt? Rai, wie der Fußballspieler." Er giggelt vor sich hin. Und unser alter Freund Pom-Pom, der struweligste Hund der Welt, genauso lockig wie einst sein Herrchen Claude? Wo treibt er sich bloß diesmal wieder herum?

"Mein guter alter Pom-Pom, über so viele lange Jahre mein treuer Kamerad... Im Februar ist er gestorben." Claude schaut traurig auf das dunkelblaue Meer. Ein Gewitter ist aufgezogen. "Die Zeckenkrankheit hat ihn erwischt. Wir haben ihn noch zum Tierarzt nach Angra dos Reis und Rio de Janeiro gebracht, aber die konnten auch nichts mehr machen. Scheiß Zecken!"

Leider ist es ein kurzer Besuch, ich muss weiter und so verabschiede ich mich. "Das nächste Mal bring ich ein wenig mehr Zeit mit", verspreche ich den beiden. Hund und Katze schleichen zum Abschied um meine Füße herum.

Die beiden scheinen sich gut zu verstehen. Neue Freunde, alte Freunde. Claude winkt zum Abschied. "Bis demnächst!"

Text + Fotos: Thomas Milz

Die Pousada "Mara e Claude" liegt in der Rua da Praia, 333, Vila de Abraão. Tel: 024 - 3361-5922. Nähere Infos und Fotos der Pousada und der Ilha Grande im Internet unter www.ilhagrande.com.br. Für Fragen und Kontakt tom@caiman.de.

Claude und Pom-Pom in unserem Caiman-Archiv:
Pom-Pom und der Hut von Senhor Claude
Senhor Claude revisited - Zurück auf der Ilha Grande

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[kol_4] Lauschrausch: Mittelalterpunks

Els Berros de la Cort
Egregore
nufolk / galileo mc
Mittelalterfeste sind vor der Jahrtausendwende stark in Mode gekommen, in Deutschland, aber auch in Katalonien. Dort kann man im Spätsommer / Herbst jedes Wochenende ein solches Fest besuchen, z.B. in Castelló d'Empuries zu Füßen der beeindruckenden Kathedrale. Auf diesen Festen spielen Straßenbands wie Els Berros de la Cort ihre Musik und treten zumeist mit Gauklern und Rittern auf. Genau wie vor Jahrhunderten soll diese Musik das Publikum zum Tanzen und zu guter Laune animieren (denn nur dann rollen die Taler). Und das gelingt Els Berros de la Cort schon vom ersten Stück an, das nach einem mehrstimmigen a-capella-Gesang mit schrillen Dudelsack- und Flötenklängen gepaart mit wilden Schlaginstrumenten direkt in die Beine geht: "Gaudete"!

Els Berros de la Cort
Egregore
nufolk / galileo mc

Ausgewählt haben diese sechs "Punks" des Mittelalters Stücke aus ihrer Heimat, sowie aus Okzitanien, Kastillien und Deutschland (in Form zweier Cover der Band Corvus Corax und zweier Stücke aus der "Carmina Burana"). Gralla und Tarota, die iberischen Schalmeien, Tenora, Dudelsäcke und der rasende Puls der Percussion erzeugen einen hypnotisierenden Klang. Auf "Egregore” werden sie durch weitere Instrumente - Dulcimer, Flöte, Bouzuki - ergänzt, die nur in einer Studioproduktion genug Kraft entwickeln können, auf der Straße würden sie "absaufen". So ist der Klang hier vielschichtiger als bei den Straßenkonzerten der Gruppe. Els Berros de la Cort beschränken sich jedoch nicht darauf, das Mittelalter zu preisen, sondern kritisieren diese hochbrutale und ungerechtfertigt idealisierte Zeit auch in ihren Booklet-Texten. In der aufrüttelnden, exzessiven Musik jener Zeit wird erkennbar, wie groß das Bedürfnis nach Zerstreuung war, ob all der Grausamkeit.

Text: Torsten Eßer
Fotos: amazon

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