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[kol_4] Lauschrausch: Zuco 103 trifft Mojarra Electrica

Zuco 103
After the carneval
World Connection / edel
Sagen wir es direkt: Mit "After the carneval" ist Zuco 103 ein weiterer Meilenstein des Brasilectro-Dancefloors gelungen, den sie selbst 1999 begründet haben. Allerdings präsentieren Sängerin Lilian Vieira (BR), Drummer Stefan Kruger (NL) und Keyboarder Stefan Schmid (D) ihn hier nicht in seiner massenkompatiblen Weichspülform, sondern haben ihn weiterentwickelt zu einer intelligenten Tanzmusik mit Anleihen u.a. an Funk und 80er-Synthiepop: So beginnt "Beija a mim" mit einem Synthiebass wie ihn die Kombo Deutsch-Amerikanische Freundschaft ihr eigen nannte. Überhaupt finden sich - gepaart mit Samba- und Bossaklängen - einige Anspielungen auf den 80er-Synthiepop, so z.B. in "She", wo im Hintergrund bedrohlich eine Klangtapete à la "Proximity Switch" von den Informatics wabbert, oder in "Ginga de criança", das wie ein gebremstes "Master & Servant" von Depeche Mode beginnt.

Zuco 103
After the Carneval
World Connection / edel

Zuco 103

Die Texte klingen manchmal leicht einfältig, drehen sich meistens um Liebe, Sehnsucht, Trennung und auch mal um die Tidenwelle des Amazonas ("Pororoca"). Das alles hört sich aber auf Brasilianisch wunderbar an, und es handelt sich ja auch um "Tanzmusik". Ich hoffe, dass Lilian und der "doppelte Stefan" noch viele solche Alben in Umlauf bringen, die zwischen Jazz, Samba, Bossa, Elektro und Pop angesiedelt sind.

Mojarra Electrica
Raza
Nuevos Medios / galileo
In Kolumbien leben die Nachfahren der schwarzen Sklaven aus Afrika vor allem an der Karibikküste. Dort, wo sie stark vertreten sind, hat sich auch ihre Kultur erhalten, allen voran die Musik. Viele Afro-Kolumbianer mussten aus wirtschaftlichen Gründen in den vergangenen Jahren in die großen Städte ziehen und mit ihnen ihre Kultur. Mojarra Electrica ist ein Abbild dieser Geschichte, vereint die Gruppe in ihren Stücken doch die afrokolumbianischen Traditionen und Instrumente (Marimba, Tambores etc.) mit urbanen Sounds.

Mojarra Electrica
Raza
Nuevos Medios / galileo

Auf "Raza", dem zweiten Album der 2001 gegründeten Band, wechseln sich flotte Tanznummern mit eher folkloristischen Titeln ab. Jazzimprovisationen, vor allem der Bläser, ziehen sich durch alle Titel. In ihren Texten beschäftigt sich die Gruppe u.a. in einem ironischen Abgesang mit der Sehnsucht vieler Kolumbianer, in die USA auszuwandern zu "blonden Silikonmäuschen und Ferrarifahrern" ("El hueco") oder in "Calle 19" mit den alltäglichen Morden aufgrund des Bürgerkrieges und der Kriminalität. In dieser Straße in Bogotá trafen sich die Musiker übrigens zum ersten Mal zu Jam-Sessions. Mojarra Electrica produzieren einen interessanten und pulsierenden Stilmix, auch wenn manchmal die textlichen Endlosschleifen etwas nerven ("El hoyo negro").

Text: Torsten Eßer
Fotos: amazon

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