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Kuba: Von Piraten, Söldnern und Kaimanen - die Zapata-Halbinsel

Von Havanna aus führt mich mein Weg in die geschichtsträchtige Schweinebucht, wo sich einer der schönsten Naturparks mit dem größten Sumpfgebiet der Karibik, der Gran Parque Nacional Montemar, befindet. Neben den Mückenschwärmen tummeln sich hier über 200 Vogelarten, Seekühe und Krokodile. Bewundern kann man letztere in einer Krokodilfarm. Ein Schaudern läuft einem über den Rücken, wenn die Panzerechsen nur wenige Meter entfernt ihr Maul aufreißen und man die dolchartigen Zähne zu Gesicht bekommt.

Eine besondere Kuriosität ist der Manjuari, ein lebendes Fossil, das auch Knochenhecht oder Kaimanfisch genannt wird. Es vereinigt Merkmale von Fisch und Amphibium und besitzt eine krokodilähnliche Schnauze.

In Freiheit trifft man dieses bizarre Tier ebenso selten wie die Seekühe, welche Seeleute mit blühender Fantasie und oft wohl auch einer gehörigen Portion Rum im Blut für Meerjungfrauen hielten.

Ich handele mit einigen Arbeitern aus, dass sie mich per Boot zur Schatzlagune mitnehmen. Dort befindet sich eine der schönsten Hotelanlagen der Insel, da die Bauten im Stil der ehemaligen Taíno-Indianer gehalten sind und die berühmte kubanische Künstlerin Rita Longa ihnen zahlreiche Skulpturen gewidmet hat. Der Indianerstamm verlieh dem inmitten des Sees gelegenen Ort auch seinen Namen: so heißt es, dass die Tainos einen großen Schatz auf dem Grund des Sees versenkt hätten, damit er nicht in die Hände der Spanier fiele.

In Playa Girón stoße ich dann auf das Museo Girón, das die Schweinbucht-Invasion dokumentiert. Nach der Revolution verging nur wenig Zeit, bis die ausgewandert exilkubanische Elite in Zusammenarbeit mit dem CIA Pläne zum Sturz Fidel Castros schmiedete. Dem eigentlichen Angriff am 14.4.1961 ging ein Bombardement kubanischer Flughäfen voraus, mit dem Ziel, die kubanische Luftwaffe zu zerstören. Die Kubaner bekamen jedoch rechtzeitig Wind von der Sache und konnten ihre Maschinen in Sicherheit bringen und dann effektiv gegen die konterrevolutionären Söldner einsetzen. Deren Angriff gegen die entschlossen kämpfenden kubanischen Streitkräfte wurde nach nur 72 Stunden gestoppt. Eine peinliche Niederlage für die von der CIA ausgerüsteten Söldner, denen der nicaraguanische Diktator Somoza, in dessen Land sie ausgebildet wurden, noch großmäulig hinterher gerufen hatte, sie sollten ihm einige Haare aus Castros Bart mitbringen. Der siegreiche "Barbudo" Fidel Castro sprach danach von der "ersten Niederlage des US-Imperialismus in Amerika" und verkündete den sozialistischen Charakter der Revolution. Noch heute, über 40 Jahre danach, bezieht die kubanische Gesellschaft einen großen Teil ihres Nationalstolzes aus diesem Sieg.

Nach soviel Geschichte steht mir der Sinn nach Entspannung: die Caleta Buena (hübsche Bucht) ist nur einige Kilometer entfernt und macht ihrem Namen alle Ehre. In ihrem kristallklaren Wasser kann man die Unterwasserwelt erschnorcheln und sich an der Theke mit seinem all you can drink-Angebot stärken.

Der Kellner zaubert aus seinem "Wunder-Bar" genannten Schlauch so manches Getränk.

Weiter geht es in die Stadt Cienfuegos, die so schön ist, dass sie zu Recht den Namen Perla del Sur trägt. Der wurde ihr im 19. Jahrhundert verliehen, als sie Trinidad den Rang als größte Handelsmetropole der Region ablief und ihre kulturelle Blütezeit erlebte. Noch heute strahlen die Gebäude Cienfuegos den alten Glanz aus.

Von einer Fähre lasse ich mich zum auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht liegenden Castillo de Jagua bringen und mir dabei den Wind um die Nase wehen. Diese 1745 errichtete Festung schützte den Eingang der Bucht vor den "Wölfen der Meere", wie Francis Drake und Co. auch genannt wurden. Um die wuchtigen Steingemäuer rankt sich die Legende von "La Dama Azul": "Man sagt, daß jede Nacht ein schwarzer Vogel das Schloß von Nuestra Señora de los Àngeles de Jagua zu überfliegen pflegte. Und wenn er sich dessen überdrüssig war, ließ er sich irgendwo auf der Festung nieder und durchlief die Höfe, die Salons und engen Gänge. Aber nicht als Vogel, sondern als schöne Frau, die immer in Blau gekleidet war... Die Garnison mied ein Zusammentreffen mit ihr. Die Vorstellung ängstigte die Soldaten so sehr, daß keiner die Nachtwache übernehmen wollte. Eines Nachts jedoch erklärte sich einer bereit, sie zu übernehmen. Er sagte, er glaube weder an Geister noch etwas Ähnliches, auch nicht an Vögel oder Frauen, die nicht vor seiner Schwertspitze umkehren würden. Am kommenden Morgen fand man ihn auf dem Boden liegend, umgeben von blauen Stofffetzen und er brachte kein Wort heraus. Er verlor den Verstand und niemand erfuhr, was in jener Nacht tatsächlich geschehen war."

Cienfuegos ist auch berühmt wegen seiner Son-Legende Benny Moré, der auch der "Barbar des Rhytmus” genannt wurde. Viele Musiker geben heute in den Kneipen seine Klassiker zum Besten und bringen die Stimmung zum Kochen.

Am Abend kann ich die Tanzwut in einer Disco live miterleben und komme aus dem Staunen nicht heraus: die Kubaner scheinen mit den Rhytmen förmlich zu verschmelzen und zelebrieren jede einzelne Bewegung. Das Tanzen scheint ihnen im Blut zu liegen und man gewinnt fast den Eindruck, als seien sie schon tanzend zur Welt gekommen. Inmitten dieses Ambientes erinnere ich mich, wie wir mal in einer Arbeitsbrigade stundenlang mühsam eine Polka eingeübt hatten, um unseren kubanischen Freunden etwas typisch mitteleuropäisches zu zeigen. Als sie unsere verkrampften Bemühungen sahen, lachten sie und stellten den Tanz nach und wirkten dabei aus dem Stegreif einige Nummern eleganter. Wer nicht tanzt, flirtet, was das Zeug hält und glühende Blicke fliegen allerorten durch das Halbdunkel. Ein Kompliment jagt das nächste und den Frauen werden die Schmeicheleien, piropos genannt, nur so hinterhergeworfen. Ganz hoch im Kurs stehen Klassiker wie: "Wenn du so kochst wie du gehst, esse ich sogar das Angebrannte."

Am nächsten Tag erlebe ich bei einem Ausflug innerhalb kürzester Zeit fast die gesamte Pannenbreite eines kubanischen Fahrzeugs. Zuerst gibt uns der Motor protestierend zu verstehen, dass das Benzin ausgegangen ist. Ein Betrunkener bietet uns zwar welches an, und kehrt kurze Zeit später mit einer Flasche zurück, doch der Fahrer meint, dass es zwar hochprozentig, doch kein Benzin sei! Also warten wir ab und starten den Motor einige Zeit später nochmals. Tatsächlich kratzt er sich gierig die letzten Tropfen zusammen und wir kommen einige Meter voran.

Auf diese Weise kriechen wir, den Wagen jedes mal geschickt ausrollen lassend, Stück für Stück weiter, bis wir tatsächlich die 10 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle geschafft haben. Froh setzen wir unseren Weg fort bis kurze Zeit später der Reifen platzt! Und das mitten in der Nacht! Zum Glück habe ich eine Taschenlampe dabei und so ist das Reifenwechseln für meinen Pannen erprobten Fahrer eine Kleinigkeit. Trotzdem habe ich schon erfreulichere Tage erlebt! Ich verlasse mich lieber wieder auf mein bewährtes Mofa und starte am nächsten Tag gen Trinidad.

Viele weitere wichtige Tipps für Individualreisende (auch zu Privatunterkünften und -restaurants überall auf der Insel) findet man auf 640 Seiten in dem Reiseführer "Kuba - selbst entdecken" von Dirk Krüger und Birgit Carls, kürzlich erschienen im Regenbogen-Verlag (www.regenbogen-verlag.ch) und zudem erhältlich bei amazon.de. Wer auf eigene Faust unterwegs ist, das Land wirklich verstehen und seinen Geldbeutel auch mal entlasten will, kommt um dieses Buch nur schwer herum.

Text und Fotos: Dirk Krüger

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