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[art_4] Spanien: Der wundervolle Botanische Garten von Puerto de La Cruz, Teneriffa

Wer im Badeort Puerto de la Cruz auf Teneriffa ein paar Stunden abseits von Strandtrubel und Wellenreiten verbringen möchte und die üblichen Naturausflüge zum Teide-Nationalpark und zur Masca-Schlucht sowie die Kulturexkursion nach La Laguna schon abgehakt hat, der kann auch in Puerto etwas unternehmen, das mit Sand und Meer einmal gar nichts zu tun hat.

Gemeint ist der Besuch des Botanischen Gartens. Der "Botánico" von Puerto de la Cruz ist nach dem Garten in der Hauptstadt Madrid der zweitälteste von Spanien. Gegründet wurde er bereits 1788 auf Initiative des Bourbonen-Königs Karls III., der hier auf der Atlantikinsel auf der Höhe Südmarokkos exotische Pflanzen aus aller Welt in einer Art Übergangsstation an das Klima in Kastilien gewöhnen wollte. Deshalb beauftragte er Don Alonso de Nava, einen "Akklimatisierungsgarten" für Pflanzen anzulegen, die später in den Königsresidenzen Kastiliens gedeihen sollten. Der Plan funktionierte zwar nicht, weil viele importierte Tropenpflanzen im milden Klima der Kanaren noch prächtig gedeihen, aber in den langen, kontinentalen Wintern der kastilischen Hochebene nicht überleben konnten.

Frangipani [zoom]
Helikonie [zoom]

Dem königlichen Wunsch nach exotischen Pflanzen verdanken wir aber einen der interessantesten Botanischen Gärten, der weniger durch seine bescheidene Größe (ein Rechteck von zurzeit 20.000 Quadratmetern), sondern vielmehr durch dichten Bewuchs und eine Fülle wertvoller lebender Exponate aus dem faszinierenden Reich der (überwiegend tropischen) Flora.

Natürlich durfte in dieser exklusiven Sammlung nicht die Blütenpflanze mit dem betörendsten Duft fehlen: die aus Mexiko und Mittelamerika eingeführte Frangipani. Die schönen, weißen, rosa oder meist zartgelben Blüten, die auf den ersten Blick einer Vanilleblüte ähnlich sehen, verströmen vor allem nachts einen Duft, der sich mit der Intensität von Jasmin messen kann, dabei jedoch variantenreicher ist. Es überrascht also nicht, dass schon die Indios der Westindischen Inseln und Mittelamerikas Frangipani-Duftwasser benutzten und dass diese Blüten nach der Entdeckung Amerikas ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Herstellung von "Eau de Parfume" in Europa wurden.

Strelitzie [zoom]
Calliandra [zoom]

Heute findet man zahlreiche Frangipani-Sträucher auf Teneriffa, ebenso wie eine andere botanische Exotin, die inzwischen zur Symbolpflanze der Kanaren geworden ist: die Strelitzie. Allerdings kommt diese auch Papageienblume genannte Schönheit, die trotz des lilienartigen Aussehens zur Gattung der Bananengewächse gehört, ebensowenig von den Kanarischen Inseln wie die Frangipani, sondern ursprünglich aus Südafrika.

Insgesamt stammen die meisten der hier im "Botánico" präsentierten Pflanzen – sofern es nicht endemische kanarische Arten sind wie die Königspalme – natürlich aus den ehemals spanischen Vizekönigreichen in Amerika. Dabei findet man Nutzpflanzen wie Baumtomate und Mango- , Papaya- sowie Avocadobäume (manche Touristen, die seit Jahren diese Früchte essen, sehen hier zum ersten Mal den ganzen Baum) neben Zierpflanzen (Helikonien, Calliandra, Trompetenbaum). Und zwischen allen Blüten und Blättern kann man plötzlich auch Vertreter der kanarischen Fauna entdecken: erst auf den zweiten Blick erkennt man die endemischen Eidechsen, die in großer Zahl durch diesen künstlichen Dschungel huschen.

Eidechse [zoom]
Bananengewächs [zoom]

Man kann diesen Park auch ohne botanischen Wissensdurst durchstreifen und einfach nur die Farbenpracht der Blüten, das Licht- und Schattenspiel auf dem Blattwerk und die tausend verschiedenen Farbstufungen der Grüntöne genießen. Besonders facettenreich sind die Fächerpalmen (verschiedene Arten von fast jedem Kontinent) und Bananengewächse vertreten.

Das Prunkstück des Botanischen Gartens von Puerto de la Cruz ist jedoch ein monumentaler Ficus macrophylla mit spektakulären Luftwurzeln und enormem Gesamtumfang. Er gehört vielleicht zu den "Gründerpflanzen" Ende des 18. Jahrhunderts und stammt von der einsamen Lord Howe Insel, einem Weltnaturerbe weit vor der Ostküste Australiens mit zahlreichen endemischen Arten.

Insgesamt wirkt dieser Garten trotz der oft dichten Bepflanzung wohl geordnet. Aber an einigen Stellen würde man sich für herausragende Exemplare etwas mehr an Information wünschen, wie z. B. (geschätztes) Alter, Höhe und Umfang des Stammes, Blütenphasen, Seltenheit des Vorkommens usw. Trotzdem ist er auf jeden Fall einen Besuch wert. Und wenn der "Botánico" den Besucher nur für die exotischen Pflanzenschönheiten der Insel sensibilisiert, die es an jeder Ecke zu entdecken gibt. Denn eigentlich ist ganz Teneriffa ein riesiger Botanischer Garten.

Ficus macrophylla [zoom]
Pflanzenpracht außerhalb des Botánico

Text + Fotos: Berthold Volberg



Öffnungszeiten: 9.00 – 18.00 (Oktober – März) bzw. 9.00 – 19.00 (April – September)
Eintritt: 3 Euro
Adresse: C. Retama 2, Puerto de la Cruz
Tel. ++34-922383572
E-mail: jao@icia.es

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