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[art_4] Venezuela: Hotel Tipp - Posada Casa Vieja in Mérida

Bislang ist mir der Sinn verborgen geblieben in die Ferne zu reisen, wenn in Deutschland die Sonne bis tief in den Abend hinein scheint. Nun aber in Anbetracht des ausbleibenden Sommers beschließen meine Gedanken ihren favorisierten Ort aus all den wundervollen, einst besuchten Plätzen herauszufiltern und dann zu auf und davon zu streben. Sekunden vergehen und schon haben sie ihr Ziel erreicht, dessen wohlklingenden Namen sie mir melodisch von einem leichten Nieselregen untermalt unterbreiten: Venezuela, Mérida, Tabay, Posada Casa Vieja.



In der Hängematte unter den Orangenbäumen verbringe ich die Siestazeit. Mit halb geschlossenen Augen dösend genieße ich die Ruhe inmitten des grünen Gartens, der mit reichlich farbtupferspendenden Pflanzen übersät ist. Hin und wieder schwirren Kolibris um die Kelche der Paradiesblumen. Mit dem ersten Sonnenstrahl war ich zu Fuß aufgebrochen zu den heißen Quellen unweit der Posada. Da es zu den Termalbädern fast eine halbe Stunde bergauf geht und weitere 15 Minuten bergab, gefällt mir der Gedanke an diesem Tag bereits genug geleistet zu haben.


Das Fundament der Casa Vieja stammt aus dem 18. Jahrhundert. Zeugen sind die meterdicken Grundmauern und der zwei mal zwei Meter große, aus Stein konstruierte Ofen vor dem Haus. Die sieben Gästezimmer befinden sich im Garten. Alejandra und Joe, die die Casa Vieja leiten, haben sie erst 2003 gebaut, doch sie sind ganz im Stil des Haupthauses gehalten. Jedes Zimmer besitzt einen Zugang zum Garten hin und ist mit je zwei Doppelbetten ausgestattet. Eines steht mitten im Zimmer, das andere befindet sich per Holzleiter erreichbar über dem Bad. Weiter hinten im Garten findet sich für die Gäste eine geräumige Freiluftküche.

Die Posada liegt knapp einen Kilometer vom Plaza Bolívar Tabays entfernt, in einer kleinen Straße, die von der Transandina abgeht, umgeben von sechs weiteren Häusern. Das Areal nennt sich El Paramíto und ist jedem Bus- und Taxifahrer bekannt. Busse nach Mérida (20 Minuten) halten in 150 Meter Entfernung und passieren im Fünfminuten-Rhythmus. In die andere Richtung geht es hoch in die Sierra Nevada. Nach einer Stunde erreicht man die Seen Laguna Negra und Laguna Mucubají, und etwas weiter auf 4200 Meter Höhe den Adlerpass (Paso del Aguila), der mit seinen bis zu drei Meter hohen Frailejónes (Espilezien oder Edelweiss der Anden) und dem gleichnamigen Kloster eine bizarre Landschaft darstellt.



Die Umgebung bietet unzählige Ausflugsmöglichkeiten. Direkt ab der Casa Vieja kann man für einen halben bis zu mehreren Tagen durch den Nationalpark Sierra Nevada aufbrechen. Einfacher erreicht man die 5000er Grenze mit dem Teleférico, der längsten Seilbahn der Welt, die direkt in Mérida Stadt ihre Talstation hat und über drei Zwischenhalte bis zur höchsten Station Pico Espejo empor steigt. Von dort aus geht ein Wanderweg in 4500 Meter Höhe in das Andendorf Los Nevados.



Einzigartig rund um Mérida und Tabay sind Klima, Pflanzen- und Tierwelt. Regenfreier Kaktuscanyon und feuchter Nebelwald liegen nur 10 Autominuten von einander entfernt. Ansonsten herrscht ewiger Frühling: warm bis heiß am Tag, angenehm kühl am Abend. Im Osten, das heißt an der Casa Vieja vorbei über den Adlerpass (wo man mit etwas Glück einen Kondor erspäht) erstrecken sich die Llanos, eine von Flüssen durchzogene Steppenlandschaft. Dieses ist die Heimat der Viehherden und der im Sattel der Pferde heimischen Llaneros. Wildpferde und Ameisenbären treffen an den Wasserlöchern auf Kaimane, Piranhas und Anakondas. Zu den heimischen Voglarten zählen Seeadler und Eisvogel, Rosa Löffler, Schwärme purpurfarbener Ibise und der Jaribu, der größte Storch der Erde.


An die westlichen Abhänge der Páramos de los Conejos grenzt der undurchdringliche Urwald der Zulia-Ebene, die den Maracaíbo-See umschließt, auf dem wie schon zu Zeiten der ersten spanischen Entdecker, die Bewohner in Pfahlbauten leben. Im Jahr 1500 erinnerte der Landstrich den Reisenden Americo Vespuchi an Venedig und er taufte es Venezuela (kleines Venedig).



In Zusammenarbeit mit Posadas oder Agenturen in Los Roques, Choroní, Canaima (Tafelberge) vermittelt Alejandra und Joe Touren durch ganz Venezuela. Auf jeden Fall hat man die besten Chancen, wenn man Gast in der Posada Casa Vieja ist, eine Llanos- oder Zulia-Tour mit Joe als Guide fahren zu können, was aufgrund seines Wissens über Flora und Fauna und seiner Art sich durch das Land zu bewegen Venezuela unvergessen werden lässt.

Text: Silvio Rymsa

Info:
Joe, der die Posada Casa Vieja gebaut hat und nun zusammen mit seiner Frau Alejandra leitet, habe ich bereits 1993 in Kanada kennen gelernt. Damals hat er für ein Dreivierteljahr in den Outdoors bei Winnipeg als Schreiner gearbeitet. In Venezuela gelangte er über die Zwischenstationen Tucacas (Parque National de Morrocoy) und Caracas nach Mérida. Seit 1996 verschmelzen Hobbys, wie Wandern, Reiten, Wildlife, Vogelkunde- und Beruf: Er begeistert Venezuelareisende, Ornitologen und Botaniker, Fotografen und Filmteams mit Touren rund um Mérida, quer durch Los Llanos und das Amazonasgebiet. Darüber hinaus organisiert er Abenteuer-Tripps, wie Canyoning, Paraglyding, Rafting

Website Posada Casa Vieja (dt/eng/es):
www.casa-vieja-merida.com/

Email (dt/eng/es):
info@casa-vieja-merida.com



Online Reiseführer Venezuela (reihe fernrausch)
Der Hauptteil des Reiseführers besteht aus Beschreibungen von Ausflugsmöglichkeiten in die Natur, in Form von ein- oder mehrtägige Touren, individuell oder mit Guide organisiert, und Abenteuertrips.