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[kol_3] Grenzfall: Wenn sie nicht stechen...

Quer über dem Wellblechdach, das bei Regen und Sturm dem Toilettenseparee schützend zur Seite steht, ruht ein schweres, vom Wetter gezeichnetes Holzbrett. Auf der einen Seite steht es leicht über. Ein perfektes Stehpult. Doch kaum dem Äußeren eine kreative Note verliehen, den Blick in der Ferne verloren, mahnt ein finsteres Wesplein, dass sie und ihre Sektenschwestern wie von Sinnen am Bauen wären und zwar direkt unter dem Pultbrett.

Ermahnung:
Hier nicht!

Es schwirrt mir durch den Kopf: Haarspray und Feuerzeug! Doch beides nicht zur Hand.

Oftmals gibt es in prekären Situationen genau eine Lösung: Rauf aufs Bike. Durch die Felder über Berg und Tal nach Sant Miquel in die Lieblingsbar am Fuße des gleichnamigen mittelalterlichen Klosters, von dem aus die Tauben die unachtsamen Kirchgänger, die zu nahe an der Mauer laufen, bekacken. Vom fröhlichen Wirt bekomme ich ein kaltes Bier, das ich mit nach draußen nehme.

Ein älterer Herr fragt, ob er sich mit auf die Parkbank setzen dürfe. Er ist 83 und erzählt, dass Hugo Chávez in Venezuela vielleicht eine Lösung sei gegen das imperialistische Gebaren, das Armut und Kriminalität mit sich brächten und dass die USA aus Vietnam nichts gelernt hätten. Er schaut ungläubig als ich ihm von einem jüngst erschienen Interview mit Henry Kissinger erzähle, demnach die USA aus dem Vietnamkrieg als Sieger hervorgegangen wären.



Wir verabreden uns für den nächsten Tag. Ich will schauen, ob ich eine spanische Version des Kissinger-Interviews im Netz finde. Im Krämerladen neben der Bar - es gibt einen Durchgang am Kicker, dessen Spieler in Barça und Real Madrid Trikots stecken, der Bar und Laden verbindet – erstehe ich Haarspray und Feuerzeug. Und sollte es helfen und sie mich nicht stechen, radel ich morgen wieder nach Sant Miquel.

Text + Fotos: Dirk Klaiber