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Kuba: Studieren in Havanna und Rum-Reisen auf Kuba
Die Idee eines Auslandsaufenthaltes hatte ich schon zu Beginn meines Studiums: andere Kursinhalte kennen lernen, eine fremde Kultur erleben, die Sprache aufbessern und weitere Erfahrungen sammeln. Eine sorgfältige Planung vorab erleichtert natürlich den Start im Ausland. Dennoch gerät man immer wieder in Situationen, über die man vorher weder gelesen noch gehört hat.
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Bereits die Planung der Reise und des Aufenthaltes gerieten zum Test, die Fähigkeit zu entwickeln, einerseits ein halbes Jahr auf einer Insel voller Temperament auszuharren und andererseits auch in nervenaufreibenden Situationen gelassen zu bleiben: Den Anstoß zu der Idee gab mir meine kubanische Spanischlehrerin an meiner damaligen Universität, der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale. Sie versicherte mir, dass ich dort studieren könne, wenn ich das wolle.
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Gut, dachte ich mir, dann werde ich mal alle Papiere, Flugunterlagen, Informationen über die Unterkunft etc. besorgen - aber nichts da. Weder die Universität noch meine Dozentin konnten mir wirklich verbindliche Immatrikulationsunterlagen etc. geben, noch hatte ich eine feste Zusage von einer Unterkunft vorort. Das einzige, was ich zwei Wochen vor Abflug in der Hand hielt, war mein Flugticket. Und so stand ich nun aufgeregt in Havanna am Flughafen, glücklich, dass ich nach gründlicher Gepäckkontrolle meinen 23-Kilo-Koffer wieder zu bekam, und wartend, ob mich denn jemand von meiner kubanischen Gastfamilie, mit der ich wenige Tage vorher Email-Kontakt hatte, abholen würde. Tatsächlich: Alles funktionierte, der Sohn meiner "kubanischen Mutter" stand mit einem Lächeln im Gesicht und ein Pappschild (mit meinem falsch geschriebenen Namen) hoch haltend in der wartenden Masse.
Die nächsten Tage verbrachte ich damit, mich zuerst mal an die äußeren Umstände - das Klima, die Geräusche und den Geruch - zu gewöhnen; und daran, dass irgendwie alle zwei bis drei Tage der Strom ausfiel. Schnell merkte ich, dass meine Gastmutter eine der reicheren Kubanerinnen war, genoss sie schließlich als eine der wenigen im Land den Vorteil, Geschäfte mit Ausländern machen zu dürfen, wofür sie jedoch monatlich eine saftige Gebühr an den Staat zu entrichten hat.
Allerdings gab ich in Kuba mehr Geld für die Miete aus als in Deutschland. Aber dafür brauchte ich mir auch keine Sorgen um Verpflegung oder Wäsche-Waschen machen, denn beides war im Preis von 350 US-Dollar inbegriffen.
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Für weitere Dinge muss man dann nicht mehr viel ausgeben: Kino, Theater und Essen sind in der Nationalwährung (Peso) sehr günstig.
Bis vor Kurzem waren auf Kuba noch drei Währungen im Umlauf: der Peso (moneda nacional), der Peso convertible und der diesem gleichwertige US-Dollar, der einem alle Türen öffnen konnte. Nun hat Fidel Castro den US-Dollar abgeschafft und der Peso convertible (umgangssprachlich auch "Fula" genannt) gilt neben der Nationalwährung Peso als alleiniges Zahlungsmittel - besonders in den vielen Shops, in denen ausländische Waren angeboten werden. Touristen werden angehalten in dieser Währung zu zahlen, während bei ausländischen Studenten gegen Vorlage des Studentenausweises die umgerechnet lohnenswertere Nationalwährung akzeptiert wird.
Das Studium auf Kuba läuft in dem deutschen Schulwesen ähnelnden Klassenverbänden ab. Zum Pflichtprogramm gehören systemnahe Kurse in Philosophie und Geschichte. Außerdem sind sehr viele Studenten in der sozialistischen Partei aktiv. Die Betrachtung und Reflexion verschiedener Sichtweisen ist im Vergleich zu deutschen Universitäten nicht so ausgeprägt sicher durch die politischen Machtverhältnisse bedingt. Aber gerade ein anderes System kennen zu lernen, hat mich sehr interessiert. Hierzu zählt auch die Bürokratie. Meinen Studentenausweis beispielsweise erhielt ich erst nach zwei Monaten.
Die Bibliotheken sind in der Regel schlecht ausgestattet. Es gibt wenig aktuelle oder ausländische Literatur. Dadurch wird es schwierig, für Hausarbeiten zu recherchieren. Außerdem dürfen die Bücher meistens nicht ausgeliehen, sondern nur in der Bibliothek gelesen werden. Kopierer habe ich, wenn überhaupt, oft nur defekt vorgefunden. Hausarbeiten schreiben die Studierenden an den wenigen Computern der Uni oder aber, wie ich es konnte, am eigenen Laptop.
Da nach Weihnachten keine Unikurse mehr stattfanden, war für mich zunächst Rum-Trinken auf Studentenpartys, zu denen man als Ausländer gerne eingeladen wird, angesagt. Auf diesen Partys wird Domino gespielt und viel mehr getanzt als bei uns, oft auch paarweise. Die Kubaner versuchten immer wieder, mich zum Tanzen zu animieren. Anfangs war ich wenig überzeugt, habe mich sogar geschämt, weil ich nicht so gut tanzen konnte, wie die Kubanerinnen. Aber nach und nach wurde es mir egal, und ich glaube, das ist auch die richtige Einstellung.
Nachdem ich ausgiebig gefeiert hatte, entschied ich mich fürs Rum-Reisen. Dabei habe ich viel über Land und Leute erfahren, vor allem über das ruhigere Leben abseits der vom Denken europäisch geprägten Metropole Havanna.
Zunächst bin ich in den Osten geflogen nach Santiago de Cuba und anschließend über die Mitte Kubas (Santa Clara, Santi Spiritus, Trinidad) bis in den Westen (Viñales, Pinar del Rio) gereist. Auch die im Süden gelegene Isla de la Juventud habe ich besucht. Der Flug von Havanna dauert knapp 20 Minuten, die Rückreise mit dem Schiff dafür mehrere Stunden. Und so habe ich recht unterschiedliche Orte, Menschen und natürlich auch Strände gesehen.
Reisen auf Kuba kann entweder bequem und teuer oder anstrengend und billig sein. Entweder zahlt man etwas mehr dafür, dass man touristischen Service genießen kann, mit anderen Ausländern in leider oft unterkühlt klimatisierten Bussen unterwegs ist, weniger Kubaner kennen lernt, aber auch nicht so lange anstehen muss und pünktlich ankommt, oder man fährt mit so genannten Camiones. Das sind Transporter oder Lastwagen, die meistens Sitzplätze haben und die Kubaner von einem Ort zum anderen bringen. Das große Manko der Camiones ist jedoch, dass sie nur unregelmäßig fahren und auch nicht besonders komfortabel sind. Dafür kommt man aber für ein paar Dollar oder sogar wenige Cent zum Ziel.
Auf meinen Reisen habe ich die Menschen auf Kuba als sehr offen und hilfsbereit erlebt. So bat ich beispielsweise einmal eine junge Kubanerin, mir zu sagen, wo ich am besten aussteigen sollte, die, da sie es nicht wusste, wiederum einen älteren Herrn ansprach. Nach drei Minuten beratschlagte der ganze Bus.
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Manchmal fuhr ich per Anhalter. Das ist in Kuba normal und auch als Frau äußerst sicher. Aufpassen muss man jedoch vor Dieben, vor allem in den typischen Touristenorten. In Trinidad wurden mir sogar meine Schuhe gestohlen. Ich war aber selber schuld, denn ich stellte sie zum Auslüften auf das Fensterbrett und verließ kurz den Raum, während draußen wohl jemand die Schuhe sah und mitnahm.
Rückblickend war das halbe Jahr auf Kuba meine bislang wichtigste Lebenserfahrung, geprägt durch viele schöne Erlebnisse. Ich habe einiges an Menschenkenntnis dazu gewinnen können. In Kuba lebt, liebt und leidet man auf der Straße: Dort wird getanzt, sich von Balkon zu Balkon unterhalten, Fleisch und Gemüse verkauft (manchmal auch an für mich ungewohnt unhygienischen Stellen wie Müllcontainer), es werden Autos repariert, sich gestritten - kurz, das gesamte Leben spielt sich auf der Straße ab. Ich habe während des Studiums in Havanna die deutsche Ausbildung und den Komfort, den wir beim Studieren genießen, richtig schätzen gelernt. Natürlich war nicht immer alles so schön, aber ist es das hier bei uns? Wer sich richtig informiert, in Kuba aufpasst und nicht jedem sofort vertraut, der wird das Land nicht nur aus der touristischen Perspektive, sondern auch von innen heraus schätzen lernen.
Text + Fotos: Sarah Lindner