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[kol_1] Helden Brasiliens: Indianer Jones und der Hut aus Hasenhaar
Neue Abenteuer mit altem Kopfschmuck

160 Gramm starker Stoff aus Hasenhaaren. Farbe: Schokolade. Per Hand gefertigt.

"Das ist kein normaler Hut wie wir ihn sonst machen. Er sollte den Charakteristiken des Helden entsprechen: nicht angepasst und etwas verbraucht.” Paulo Cury sitzt auf einem roten Sofa in der Vorhalle der prunkvollen Villa seines Steuerberaters und Rechtsanwalts. Er saugt an einer dicken Zigarre, die ständig ausgeht. Schwarzes T-Shirt unter schwarzem Sakko, eine Goldkette um den Hals.

In dritter Generation führt Cury die traditionsreiche Hutfabrik in Campinas. Sein Großvater und dessen Bruder, libanesische Einwanderer, haben den Betrieb 1920 gegründet. Vor sich hin gedümpelt sei das Geschäft, so Cury, bis man Ende der 60er Jahre begann, in die USA zu exportieren.

Einer seiner Kunden in den USA hat dann den Kontakt zu Hollywood hergestellt.


"Ich wusste nicht, um welchen Film es sich handelte. Sie haben uns das Briefing geschickt, die Charakteristiken des Helden. Ich wusste, dass es Harrison Ford war, aber sonst nichts. Dann kamen zwei Direktoren aus Hollywood, die wollten, dass ich das Modell per Hand fertige. Und dann nahmen sie es mit, um mit dem Dreh zu beginnen."

Erst als Cury im Kino den ersten Indiana Jones Film sah, entdeckte er, auf welches Abenteuer er sich da eingelassen hatte. Seitdem trug Harrison Ford den Hut aus Brasilien in vier Filmen der Reihe – der letzte knackt gerade sämtliche Einspielrekorde der Kinogeschichte.

"Der Indiana Jones Hut wurde unser bestverkauftes Modell", sagt Cury. 900.000 Stück, so schätzt er, habe man in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten davon weltweit abgesetzt. Und aufgrund des derzeitigen Hypes um den vierten Teil der Reihe erwartet er weiterhin gute Absätze.

Auch könne man ja nicht ausschließen, dass in Zukunft noch weitere Indianer Jones Abenteuer folgen würden, meint er. Ob mit Harrison Ford oder nicht, wisse er aber nicht. "Er ist ja mittlerweile schon 65."

"Meiner Meinung nach wird er den Hut an seinen Sohn weiterreichen. Hat er aber in dem aktuellen Film nicht gemacht. Er hat ihn seinem Sohn aus der Hand genommen, bevor der ihn sich aufsetzen konnte."

Ob nun Ford selber oder ein Nachfolger demnächst Indiana Jones auf der Leinwand spielen wird, eins ist sicher: der Hut wird derselbe sein. "Seit dem ersten Film hat man immer denselben Hut "eingesetzt". Man bewahrt die Kostüme auf, um sie später wieder zu benutzen. Und so ein Hut aus Hasenhaaren hält locker zehn Jahre."

Man darf sich also auf neue Abenteuer freuen. Ein alter Hut wird es aber trotzdem bleiben.

Text + Fotos: Thomas Milz

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