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[kol_4] Macht Laune: Knobi für Doctora
 
Gestern war es wieder mal soweit. Der kleine Max kreuzte des Weges. Der kleine Max, der spricht viel und schnell und rätselhaft.

Einen Latino habe ich getroffen, dessen Blick bringt Eier zum bersten.
Aha, aha, aha!, staune ich und bevor ich die gesamte Tragweite des sinntriefenden Einwurfs erfasse, ist der kleine Max schon beim nächsten Thema:
Doctora HNO, sag ich, dass du keinen Doktortitel trägst, kann ja eigentlich nur einen von folgenden Gründe haben: 1. Du hast einen Doktortitel, trägst ihn aber nicht. Du findest ihn furchtbar albern, weil Ärzte meist Geld an Statistikunternehmen zahlen, die eine Handvoll – sagen wir mal – Blutwerte durch die Formelsammlung jagen, Ergebnisse bereits interpretieren und die Promotion sogar ausformulieren. Titel werden demnach für gekaufte und nicht selbst erbrachte Leistung verliehen. 2. Du hast keinen Titel, weil eine Promotion Ärzte fachlich kein Stück weiter bringt. Von einem Beitrag zur Forschung mal ganz zu schweigen. Der Titel "Dr." hat demnach nichts mit der Qualität des Arztes zu tun. 3. Du hältst Ärzte ohne Titel für ehrlich und kompetent. – Und als die Doctora mir in die Nase leuchtet und mich mit einem "Weia" zur CT schickt, sage ich ihr, dass ich sie aufgrund ihres fehlenden Dr.-Titels ausgewählt hätte. Und natürlich ihr Name.
Wie heißt sie?
Petra Tiburón!
Petra Tiburón? Was ein Name für einen HNO-Arzt! – Und wie hat sie reagiert?
Sie hat gelacht und gemeint, Asthma und Schnarchen würde nach einer kleinen OP keine Rolle mehr spielen in meinem jugendlichen Leben. Nach der CT geh ich wieder zu ihr. Dann bring ich ihr ein Glas Knobi mit.
Knooobi? Wozu Knobi?

Der kleine Max schaut mich, den Kopf leicht zur Seite geneigt, an und macht damit meine Naivität fast greifbar:
Weil du Petra Tiburón mit Chili respektive Habaneros nicht mehr kommen brauchst. Hast du denn Kussbeschuss nicht gelesen?
Er greift in die hintere rechte Jeanstasche zieht ein Büchlein hervor, reicht es mir und fährt fort:
Du musst den Knobi nach dem Schälen für 48 Stunden bei Raumtemperatur mit Olivenöl bedeckt stehen lassen, das macht ihn herrlich mürbe. Dann einfach eine Brise Salz beimischen und mit dem Zauberstab pürieren. – Hey, hat mich echt gefreut, dich getroffen zu haben. Wir müssen unbedingt mal wieder saunieren. Jetzt muss ich eilen, sagt der kleine Max dann.
Ich fühl mich kurz an die Brust gedrückt, aber mit entscheidenden Fragen zum Sinn des Lebens allein gelassen. Ich schlage das Buch auf und lese:

"Den Namen Tiburón, zu Deutsch Haifisch, habe ich von meinem Aufenthalt in Australien. Dort wurde ich beim Wellenreiten von einem Hai am Bein gepackt und durch die Luft geschleudert. Dann versetzte er mir eins mit der Flosse. Mich einfach so zu verzehren, so ganz ohne Spiel, in dem er mich hin und her schleudert und so ins Koma bugsiert, war ihm wohl zu plump. Als er das nächste Mal zupacken wollte, erinnerte ich mich an die Zeitungsmeldung, laut der ein 10-jähriger Junge einer Haiattacke dadurch entkommen war, dass er dem Hai in die Nase biss. Ich tat es ihm gleich und der Hai drehte ab. Am nächsten Morgen stand in der lokalen Presse: Petra Shark survived sharkattack. Daher Petra Tiburón. Tiburón ist das spanische Wort für Haifisch."
"Warum nicht Petra Shark?", entfuhr es Kommissar Shakiro.
"Erstens finde ich, klingt Petra Shark zu gestelzt und zweitens ist Spanisch die wesentlich schönere Sprache."


Text + Fotos: Dirk Klaiber

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