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[kol_1] Helden Brasiliens: Ronaldinho geht, Ronaldinho kommt
 
Es tut sich was in Brasilien. 6 Uhr morgens, Guarulhos, São Paulos internationaler Flughafen: da will man einfach nur Freunde abholen, die gerade aus Deutschland eingeflogen sind. Und plötzlich ist man von einer riesigen Menschenmenge umgeben. "O fabuloso voltou…", ruft diese, die auf Luís "Fabuloso" Fabiano wartet, der gerade aus Sevilla einfliegt. Einen Tag später stehe ich vor dem Morumbí-Stadion eine Stunde im Stau - der "Fabuloso" soll den Fans vom FC Sao Paulo vorgestellt werden.



Die kennen ihn natürlich noch gut, ist er doch hier groß geworden, hatte seinen internationalen Durchbruch durch sensationelle Tore für das "Tricolor"-Team. Jetzt, mit 30 Jahren und am Knie verletzt, kommt er zurück. "Geld ist nicht alles im Leben", hatte er seinen Wechsel begründet, die Liebe zu seinem Stammklub sei wichtiger gewesen. Luis Fabiano ist nur einer von vielen brasilianischen Fußballstars, die mittlerweile ihre internationale Laufbahn abgeschlossen haben und nun noch auf die "alten Tage" in Brasilien weiter spielen wollen.

Erst vor wenigen Wochen hat Ronaldo "Ronaldinho Fenomeno" seine Fußballstiefel an den Nagel gehängt. Er war Ende 2008 vom AC Mailand zu Corinthians São Paulo gewechselt. Wieder einmal schwer am Knie verletzt, hatte man ihn in Europa bereits abgeschrieben. Doch er kam noch einmal zurück. Im ersten Halbjahr 2009 verzauberte er das brasilianische Publikum durch Traumtore und bescherte Corinthians endlich wieder Titel.



Auch sein alter Kumpel aus Real Madrid Zeiten, Roberto Carlos, kam im Methusalem-Alter noch mal nach Brasilien und lief gemeinsam mit Ronaldo bei Corinthians auf. Zuletzt wurde sogar über einen Wechsel des dauerverletzten Kaká von Real Madrid zurück nach Brasilien gemunkelt, eventuell zu seinen Jugendklub São Paulo. Dank der starken Aufwertung des Brasilianischen Real können es sich die Klubs aus Rio und São Paulo plötzlich leisten, Weltstars zu verpflichten - oder aber Sorgenkinder.

Der "Imperador" Adriano ist so einer. Nach zuerst sensationellen und dann unterirdischen Leistungen bei Inter Mailand war Adriano zu Flamengo Rio de Janeiro gekommen, schoss den Klub 2009 zum Meister, bevor er sich in zahlreiche Skandale außerhalb des Spielfeldes verstrickte und zum AC Rom flüchtete. Nach weniger als einem halben Dutzend Spielen und Null Toren ist er jetzt als Ronaldo-Ersatz zu Corinthians gekommen. Begeistert sind nicht alle - scheint Adriano doch hoffnungslos in private Probleme verstrickt zu sein, die seine sportlichen Leistungen beeinträchtigen.

Aber niemand hat wohl für soviel Wirbel gesorgt wie Ronaldinho Gaúcho. Nach zuletzt schwachen Leistungen beim AC Mailand heuerte er für ein saftiges Salär bei Flamengo an. Seitdem ist die Fußballszene von Rio wie verwandelt. Zwar spielt er jetzt statt in der Champions League die Rio-Landesmeisterschaft, statt gegen Barcelona läuft er gegen Resende und Volta Redonda auf.



Was er aber wirklich drauf hat, wird sich erst in der brasilianischen Meisterschaft zeigen, die im Mai beginnt. Man darf gespannt sein. Im  diesjährigen Carnaval sorgte er schon für Furore. Gleich bei drei Sambaschulen tanzte er mit, ohne dabei ein einziges Wort von sich zu geben. Reden war noch nie seine Stärke. Ob er die Antworten jetzt auf dem Platz gibt, werden wir sehen.

Text + Fotos: Thomas Milz

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