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caiman.de 8. ausgabe - köln, 01. august 2000
spanien

David und Goliath -
Caimanredakteurin und Telefonica


Ein weiterer caiman versucht den Auszug aus den heimischen Gefilden. Spanien, Nordküste, Santander, was so gut wie keiner kennt, außer den von der französischen Seite kommenden Surfern oder den mit der Fähre landenden Engländer, die man gleich an ihrer geröteten Haut erkennt. Doch all dies nur nebenher.
Caiman versucht das Abenteuer, und alles verlief wunderbar, bis, ja bis die Telefonica kam. Der Riesengigant unter den Telefongesellschaften. Als Kenner der spanischen Mentalität - immer noch gibt’s Situationen, die mit einem "mañana" bereinigt werden - rief ich meinen neuen Telefonanbieter bereits vor meinem Auszug in die Ferne von Deutschland aus an, um mit jenem einen Termin zu vereinbaren. Die Schnelligkeit und Freundlichkeit der Auskünfte, sowie der ausgemachte Termin erfreuten mich.

ein
himmelreich
für ein
telefon

Tag des Erwachens! Es war ein Freitag, der 16. im Juni, als sie vorbeikamen, um mir meine ISDN-Anlage einzurichten. Als gegen 16.00 Uhr immer noch niemand die Klingel meines neuen Domizils betätigt hatte, wurde ich nervös.
Freitag, es ist Freitag, das Wochende naht, und sie haben mich vergessen.
Ich rufe bei der Telefonica an und werde angehalten ruhig zu bleiben, denn schließlich arbeite man bis 21.00 Uhr. Um 20.00 Uhr versuche ich es nochmals. Selbe Antwort, diesmal variierte sie ein wenig: "wenn nicht heute, dann bestimmt mañana, denn Samstags arbeiten wir auch."

Der Freitag neigte sich dem Ende zu, ebenso der Samstag. Telefonica gab die gleiche Antwort, wenn sie heute nicht kommen, dann am Montag. Ich wurde nervös, mehr als das, vertraute den Worten des Operators keine Sekunde länger. Montag! Kaum, dass die Morgenröte sich verzogen hatte, lief ich hinab zur Telefonzelle, der Operator mir mit süßer Stimme ein "buenos días" ins Ohr raspelnd. Ich erklärte meine Sachlage. Wieder einmal mußte ich meinen Namen buchstabieren, er verstand immer noch nicht was Vor- und was Nachname war, dann die Bitte nach der Personalausweisnummer, mit der sie auch ein Problem hatten, denn jedes Mal fehlte ihnen der Buchstabe am Ende, wie es bei spanischen Pässen die Regel ist. "Es ist ein deutscher Pass", schrie ich in den Telefonhörer, da ich mittlerweile schon dreimal weiterverbunden worden war, und jedesmal dieselben Fragen beantworten mußte. Hinter mir bildete sich eine Schlange von Leuten, die auch gern telefoniert hätten. Ich zuckte nur mit den Schultern und sagte: "Telefonica". Kaum ausgesprochen, machten sie sich auch schon auf die Suche nach einer anderen Telefonzelle. "Hören Sie?" – "Sí", schrie ich – "wir finden sie nicht mehr im Computer, könnten sie uns nochmal ihren Namen und die Personalausweisnummer geben?" Ich schrie und schrie, ob er mich denn verarschen wolle.

Seit einer dreiviertel Stunde nun stand ich hier in der Telefonzelle, wollte nichts anderes als eine klare Antwort auf die Frage, wo denn mein ISDN-Anschluß bleibe, und er bat mich erneut meinem Namen zu nennen.

meine heimliche liebe

Nun brüllte auch mein Operator, ich zurück, wollte ihm schließlich erklären, dass ich einen Anschluß brauche, dringend, da ich im Internetbereich arbeite, doch bevor ich zu Ende kam, schmiß er mich aus der Leitung... tut...tut
Ich rief gleich nochmal an, mein Stolz war verletzt, und dachte: diesmal gehe ich geschickter vor und bin nett zu meinem Operator. Beginne mit zuckersüßer Stimme zu erklären, da sagt der doch glatt: "warum reden sie denn soviel?", und beförderte mich abermals aus der Leitung. Am Rande des Nervenzusammenbruchs und den Tränen nahe, denn diesmal war ich doch nett, versuchte ich es noch einmal, wimmerte beim ersten "buenos dias": "Bitte, schmeißen sie mich nicht aus der Leitung, ja, bitte nicht rausschmeißen". Und ich begann von neuem, meinen Namen zu buchstabieren. Täglich wiederholte sich das Spiel, mal war ich nicht im Computer aufzufinden, dann wurde ich aus der Leitung katapultiert, weil ich wohl zu unhöflich war, eines morgens versuchte man mich davon zu überzeugen, daß sie am Freitag den 16. doch bei mir gewesen wären, ein anderes mal wurde von einem Mangel an technischen Material berichtet, das eventuell "mañana" kommen könnte etc., etc.

das neue
zu hause, die
telefonzelle
an der ecke.

Das ganze verlief ungefähr 17 Tage nach dem gleichen Muster. Nach dem sechsten Tag nahm ich es gelassen und freute mich jeden Morgen auf das Streitgespräch mit meinem Operator. Ab und zu, wenn ich gerade nichts anderes zu tun hatte, rief ich sie auch nachmittags an, um sie zu nerven; mir war alles egal. Ich wollte Gerechtigkeit und keinen ISDN-Anschluß mehr. Eines schönen morgens wieder einmal wollte ich mich bei den Operatoren melden, meine mittlerweile auswendig gelernte Nummer des Personalausweises in den Hörer hineinschreien, als mir die Stimme in der Ferne doch tatsächlich erzählt, daß ein ISDN- Anschluß bis zu drei Monaten dauert. Da ich den Auftrag Mitte Mai abgegeben hatte, könnte es schon August, September werden. Ich sagte kein Wort, legte auf und alles war egal, ich hatte die Telefonzelle als mein neues Zuhause akzeptiert.



Anmerkung der Redaktion: Wären wir nicht ein Reisemagazin für Lateinamerika, Spanien und Portugal, so hätte der erste Telefonica - getestete caiman an dieser Stelle zudem einiges zur deutschen Telekom zu sagen, zumal er im 5. Stock Altbau wohnt und bis heute kein Techniker der Telekom diese Wohnung betreten hat.

pa`rriba
Für mehr Info kontaktiert: inti@caiman.de
Text: Jutta Huppertz

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