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caiman.de 2. ausgabe - köln, 01. januar. 2000
amor

16 Stunde in der Maya-Sauna

In Tulum, Yucatán/Mexiko, erbauten die Mayas eine Pyramidenanlage an einem der schönsten Karibik-Strände. Ursprünglich hieß die Stadt Zama, Sonnenaufgang. Abgesehen von wenigen Ausnahmen scheint die Sonne hier das ganze Jahr, und die Durchschnittstemperatur ist so hoch, daß es für uns zunächst nicht ganz nachvollziehbar ist, warum eines der größten Vergnügen der Bewohner Tulums das Saunieren war.

Um diesem Hobby zu frönen, kreierten die Baumeister kleine Einmann-Steinboxen, in die sich die Indios zum Schwitzen zurückzogen.

Heute besteht eine Möglichkeit der Fremde zu begegnen im Extreme-Touring: keine Felswand zu steil, kein Tauchgang zu tief, kein Dschungel zu dicht! In diesem Sinne wandelnd schrecke ich, lange Zeit ein Anhänger dieser Form des Kulturkontaktes, auch vor der 16 stündigen Karibik-Sauna-Erfahrung nicht zurück, welche ich nur unterbreche, um meine Gebieterin zu beglücken:

...schwitzend sitze ich in meiner Box. Nina schaukelt in unserer just erworbenen mattgelben Hängematte. Sie liest in "Der Azteke". Ihr ist warm. Kein Wunder bei 40°, vor denen auch die Palmenblätter nicht schützen. In meiner Box klettert das Thermometer aufs Doppelte – ich harre aus.

Doch wie aus heiterem Himmel bricht ein intuitiver Blitz -Nina hat Durst- über mich herein, und ich rase los: den Deckel meiner Sauna auf – Sprint zum Kühlschrank – auf die Tür – Tecate raus – im Rasen die Dose aufgemacht – bei Nina abgeliefert – und jetzt ein Rückwetz vom Feinsten – zu den Boxensaunadeckel – und wieder warten.

In meiner Box kommt mir so manch philosophischer Gedanke: warum tust du das? – Keine Ahnung. Was solls`.
Bei dieser Hitze ist auch Ninas Füssigkeitsverbrauch überdurchschnittlich hoch.
In der Box spüre ich quasi jeden Schluck des eisgekühlten mexikanischen Bieres auf seinem Weg durch ihre Kehle. Doch was ist das?

- Aus der Traum, der letzte Tropfen kullert aus Ninas Flasche, und ich presche los: den Deckel aufschlagen – zum Kühlschrank mit 50 Sachen – diesmal erwische ich ein Corona – und nur Millimeter vor der Hängematte gelingt es mir, das Feuerzeug zu erfingern, den richtigen Winkel anzusetzen und den Kronkorken knallen zu lassen.

Meine Freude über die gelungene Aktion ist unermeßlich, nur noch zu topen durch Ninas Hand, die zunächst nach dem Fläschchen und dann nach mir greift. Sie schenkt mir ein Lächeln für Sekunden, ein bezauberndes Lächeln, und ich drohe dahin zu schmelzen. Und wie von Engelszungen getragen dringt ihre Stimme an mein Ohr:
"Knappe, wenn du willst kannst du dich jetzt in die Hängematte legen, ich gehe ins Bett."

Ja, es war bereits Dunkel geworden und die Hitze des Tages wich dem Frösteln der Nacht.

Und obwohl ich nun hätte in die Sterne schaukeln können, entscheide ich mich doch für einige weitere Stündchen in meiner Box zu kauern, in Wartestellung auf die intuitive Eingabe wieder loswetzen zu dürfen, um meinem Röschen die Welt zu Füßen zu legen.

Tulum, den 8. märz. 1996

Für mehr Info kontaktiert: dirk@caiman.de (Dirk Klaiber)

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