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caiman.de 4. ausgabe - köln, 01. april. 2000
amor

Volkssport für die einen - Ärgernis für die anderen

Sie kommen unerwartet, zu jeder Gelegenheit, an Bushaltestellen, mitten auf der Straße, in Bars, überall, wo Frauen gehen und stehen. Dabei spielt Aussehen, Alter und Schönheit der Adressatin keine Rolle. Gemeint sind die weit verbreiteten "Schmeicheleien" der spanischen Männerwelt, die sogenannten piropos. "!he, guapa, ven aqui!", ruft der grinsende Busfahrer der vorbeilaufenden hochschwangeren Frau hinterher. Sie geht weiter ohne eine Miene zu verziehen, vorbei an Bauarbeitern, die in ihrer Arbeit inne halten und ihr hinterherrufen :"Bonita, tus ojos, tan oscuros, no me dejan dormir, ven conmigo, guapa!". Immer noch unbeeindruckt, biegt sie in die nächste Straße ein. Endlich beim Metzger angelangt, erhält sie, während der Metzgermeister ihr die 200gr Jamon Serrano über die Theke reicht, den nächsten piropo: "Como me puedes dejar tanto tiempo solo? Tienes que venir mas a menudo, mi vida. Haces brillar el sol!". Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht: "Gracias, senor." Stolz verläßt sie erhobenen Hauptes den Laden.
Piropos, Volkssport Nummer eins der spanischen Machos, können, wenn sie im richtigen Moment zugerufen werden, jede Frau erweichen. Sie bauen das Selbstbewußtsein auf und zeigen dem weiblichen Geschlecht, wie sehr es doch von den Männern verehrt wird.
Kehrseite der Medaille ist, daß piropos an manchen Tagen genau das Gegenteil bewirken, und dann als höchst belästigend empfunden werden.

Dieses Phänomen tritt besonders bei piropo-unerfahrenen Ausländerinnen zu Tage. Vor allem deutsche Frauen fühlen sich beobachtet und in ihrer Privatsphäre verletzt. Man stelle sich vor, der Straßenbahnfahrer würde plötzlich die weiblichen Fahrgäste mit den Worten: "Schöne Frau, komm mit mir, ich kann nicht ohne dich leben, du bist der Sonnenschein meiner tristen Tage..." begrüssen. Oder der Bäcker empfängt die Kundin beim morgendlichen Brötchenkauf mit: "Der Anblick deiner Augen verursacht mir schlaflose Nächte, sei mein..."

"Mi vida,
ich lege dir den Fisch zu Füßen..."

Auf viele Frauen würden solche Sprüche wahrscheinlich, wie eine blöde Anmache wirken. Dabei sind die piropos von den spanischen Volkshelden nett gemeint und haben mit sexueller Belästigung nichts gemein. Vielmehr geht es hierbei um die phantasievollsten Umschreibungen der weiblichen Persönlichkeit. Und ist zudem ein nicht weiter ernst zunehmender Zeitvertreib der Männerwelt. Die Erfahrung zeigt, daß selbst die für recht nüchtern gehaltenen deutschen Frauen dem Charme der Spanier früher oder später erliegen. Denn wer hört nicht gerne Komplimente schon am frühen Morgen.
Schreibt uns eure schönsten piropo-Erlebnisse (in Originalton oder der entsprechenden deutschen Version) an:
pa`rriba
lara2002@hotmail.com (Kathrin Megerle) oder inti@caiman.de (Jutta Huppertz)
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