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caiman.de 09. ausgabe - köln, september 2001
peru

Kunst-Tipp:
RAICES. Zeitgenössischer ancestralismo in Peru

Kunst zwischen westlicher und einheimischer
Kulturtradition
25.08. - 11.10.2001.

Arbeiten auf Papier von
Ricardo Wiesse und Herbert Rodriguez

Seit der Debatte um die Postmoderne wird zunehmend eine Position betont, nach der die Weltkunst nicht mehr als weltweiter Supercode im Sinne eines Internationalismus gesehen wird. Im Rahmen global vernetzter Strukturen ist sie vielmehr durch lokale Unterscheidungs- und Identitätsmerkmale zu verwirklichen.

Ricardo Wiesse 2000

Dies ist genau das Anliegen des lateinamerikanischen ancestralismo (Spanisch: ancestral bedeutet etwa archaisch). Es handelt sich hierbei nicht um einen Kunststil, sondern um eine ästhetische Konzeption.


Ricardo Wiesse 1999
Im Fokus steht die Bezugnahme auf präkolumbische Kulturwurzeln und deren Umsetzung und Integration in eine moderne Bildsprache westlichen Charakters. Dabei geht es um einen authentischen künstlerischen Ausdruck für das moderne multikulturelle Lateinamerika, das Resultat eines 500-jährigen Durchdringungsprozesses indianischer und europäischer sowie afriakanischer und asiatischer Kulturen ist.

Ricardo Wiesse (Lima, 1954) studierte an der Katholischen Universität von Lima (1972-78), im Atelier 17 (Paris, 1982-83) und an der Slade School of Fine Art (London, 1986). Er repräsentierte sein Land auf internationalen Kunstbiennalen: u.a. in Havanna, San Juan, Cuenca, Valparaiso, Cannes sur Mer und Lima.

Von 1980 bis 2001 realisierte er 18 Einzelausstellungen und beteiligte sich an zahlreichen Gruppenausstellungen in Lateinamerika, USA, Europa und Asien.

Ricardo Wiesse

Für sein Werk erhielt er mehrere Kunstpreise und Auszeichnungen. Außerdem schuf er zahlreiche Kunstwerke im öffentlichen Raum, so v.a. Keramik-murales, von denen das Fresko auf der Stadtautobahn von Lima mit 10.600 Quadratmetern das größte dieser Art in Peru darstellt. Ricardo Wiesse ist u.a. von präkolumbischer Kunst (Chancay, Huari, Nazca) und westlichen Kunstschaffenden wie Mark Rothko, Ad Reinhardt, Frank Stella, Bridget Riley, Jean Dubuffet und Lucio Fontana beeinflußt. "Meine Kunst ist als Kreuzung zwischen einer Welt imaginärer und subjektiver Prozesse, der Geschichte und der Natur anzusiedeln.

Ich betrachte mich als Schöpfer visueller Konstruktionen. (...) Mich interessiert, was ich mit eigenen Augen sehen kann. Die Einsamkeit und Stille der großen Sandflächen der Küste, ist dies keine Herausforderung, sie so zu betrachten, als wären sie ursprünglich?"

Herbert Rodríguez 1998

Herbert Rodríguez (Lima, 1959) studierte Kunst an der Katholischen Universität von Lima (1976-81) und vertrat Peru auf den internationalen Kunstbiennalen von Sao Paulo, Havanna und Lima.


Herbert Rodríguez 1998
Von 1981 bis 1999 präsentierte er 16 Einzelausstellungen in Galerien und Kulturzentren. Außerdem wirkte er in Kunst-Gruppen und -Aktionen mit und organisierte alternative Kunstfestivals.In den 80er und 90er Jahren realisierte er sein Projekt KUNST-LEBEN durch die Schaffung von murales (Fresken) und die künstlerische Gestaltung von Theaterwerken, Rockkonzerten und Filmprojekten.

Seine Gestaltungsprinzipien sind primitiven Ursprungs. Hierin sieht er die adäquate Form der Übertragung des Peruanischen in eine zeitgenössische Sprache.


Herbert Rodríguez
Inspirationsquellen sind Formen und Farben der Chavín-, Nazca- und Paracas-Kunst, die er mit dem Neo-Dadaismus verbindet. Seine symbolischen Figuren übermitteln magisch-religiöse Inhalte. Sie wiederholen und ergänzen sich und prägen einen eigenen Stil. "Ich habe stets den Kontakt zum Volk gesucht, indem ich auf den Straßen murales machte.

Dabei lernte ich, wie eine gemeinschaftliche menschliche Erfahrung in die Möglichkeit von Ausdruckskraft umgesetzt werden kann."



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