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caiman.de 8. ausgabe - köln, 01. august. 2000
Os heróis do Brasil - Brasiliens Helden

Dies ist die zweite Folge der Kolumne "Os heróis do Brasil-Brasiliens Helden". In ihr sollen Persönlichkeiten präsentiert werden, die die brasilianische Gesellschaft geprägt haben oder dies immer noch tun. Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Geschichte, Fernsehen, Musik, der High–Society und den Klatschspalten der "yellow–press".

Personen, ohne die Brasilien nicht das wäre, was es heute ist.

Pelé – der "Gott" mit der Nummer 10


"Wie buchstabiert man Pelé?" - "G-O-T-T."
(The Sunday Times)

Mit dem Rücken zum gegnerischen Tor bekommt er den Ball zugespielt, stoppt ihn mit dem Oberschenkel, lässt ihn auf den Spann tropfen, hebt ihn über den Kopf, dreht sich um dem verdutzten Verteidiger Bergmark und schießt das Leder volley ins linke Eck, vorbei am schwedischen Torwart Svenson.

Wie angewurzelt können Gustavsson und Axbom nur noch hinterherschauen. "Nach dem fünften Tor wollte ich ihm nur noch applaudieren." so sein schwedischer Bewacher Sigge Perling über den bis dahin vollkommen unbekannten 17jährigen Edson Arantes do Nascimento, den die Welt von nun an als Pelé kennt.

Die Nr. 10 der "seleção brasileira", der brasilianischen Nationalmannschaft, schießt sich in das Reich der Legenden und seine Mannschaft 1958 zum ersten WM-Titel.
Noch zweimal soll ihm dies gelingen.



der " gott" mit der nummer 10
Allerdings ist der erneute brasilianische Triumph 1962 für ihn persönlich eher eine Enttäuschung: verletzt muss er nach der Hälfte des Turniers ausscheiden, genau wie 4 Jahre später bei der WM in England.

Die WM 1962 wird daraufhin zum Festival des brasilianischen Stürmerstars Mané Garrincha.

Aber Pelés große Stunde schlägt 1970 bei der Weltmeisterschaft in Mexico. Er ist der überragende Spieler des Turniers, schießt nicht nur selber Tore, sondern setzt als Regisseur seine Mitspieler, wie beim Tor von Carlos Alberto im Endspiel gegen Italien, glanzvoll in Szene.


"Ich dachte, er ist auch nur aus Fleisch und Knochen, so wie ich. Aber ich habe mich getäuscht." sagte sein italienischer Bewacher Tarciso Burgnich nach dem brasilianischen 4:1 Finalsieg.

Und so wurde Pelé zum einzigen Spieler der Welt, der dreimal den Weltmeistertitel errang.

"Da läuft Pelé mit dem Ball, den Gott ihm gegeben hat." (Armando Nogueira, brasilianischer Sportreporter)

Dabei wollte der kleine Edson aus Três Corações in Minas Gerais eigentlich Pilot werden. Doch er folgte dem Vorbild seines Vaters, der unter dem Namen Dondinho als Mittelstürmer von Fluminense Rio de Janeiro spielte und als einer der besten Kopfballspieler seiner Zeit galt. Dieser erkennt früh das ungewöhnliche Talent seines Sohnes.

Denn Dico, wie ihn seine Freunde damals nannten, umspielt, ohne Hemd und Schuhe, jeden Gegner, auch die viel älteren Jungs aus seiner Straße, lenkt den Ball mit scheinbar übermenschlichen Fähigkeiten aus jedem noch so unmöglich erscheinendem Winkel ins Tor. Später sagt man über ihn: "Wäre Pelé nicht als Fußballspieler geboren, so wäre er als Ball auf die Welt gekommen."

Erst mit 12 Jahren zieht er sich ein Trikot über, das von Ameriquinha. Zwei Jahre später erscheint sein Name dann zum ersten mal in der Zeitung. In einem Spiel der zweiten Division des Campeonato Paulista schießt er für sein Team, die Jugendmannschaft von Bauru Atlético Clube, gegen die Jugend von Flamengo Rio de Janeiro 7 Tore.

Sein Trainer Waldemar de Brito, Star der brasilianischen Nationalmannschaft von 1934, verschafft ihm 1956 einen Vertrag mit dem Santos Futebol Clube. Dessen Präsidenten wird Pelé mit den Worten vorgestellt: "Dieser Junge wird einmal der beste Spieler der Welt werden."

So beginnt am 07.09.1956 im Spiel gegen Corintians Santo André mit seiner Einwechselung, für die er sich wenige Minuten später mit seinem ersten Tor für Santos bedankt, die große Liebe seines Lebens. Seine ganze Karriere über hält er, trotz nicht enden wollender phantastischer Angebote aus der ganzen Welt, seinem Club die Treue.

Pelé ist nicht nur der beste Spieler aller Zeiten, sondern auch der erfolgreichste Torschütze der Welt. In 1363 Spielen hat er 1284 Tore geschossen. 1969 erzielt er im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro im Spiel gegen Vasco da Gama sein berühmtes 1000. Tor, das er den "Kindern dieser Welt" widmet, und das die brasilianische Post auf einer Briefmarke verewigt.

Er galt auf allen Positionen, ob als Verteidiger, Mittelfeldspieler oder Stürmer, als Idealbesetzung. Sogar als Torwart schrieb er Geschichte: Am 19.01.1964. vertritt er im Halbfinale der Copa do Brasil den 5 Minuten vor Ende der Partie vom Platz gestellten Torwart Gilmer . Santos führt zu diesem Zeitpunkt mit 3:2 - alle drei Tore hat Pelé geschossen -und durch zwei glanzvolle Paraden rettet er den Sieg für Santos.

Doch wie jede große Liebe auf dieser Welt muss auch die zwischen Pelé und Santos enden. 18 Jahre nach seinem ersten Spiel für Santos wechselt er sich selber aus. Für immer.

Am 3.10.1974, in der 21. Minute des Spieles gegen Ponte Preta, nimmt Pelé plötzlich den Ball in die Hände, kniet nieder und streckt die Arme gen Himmel. Unter den entsetzten Blicken der vollkommen überraschten Zuschauer verlässt die "Schwarze Perle" den Rasen von Vila Belmiro.

Was nun folgt ist nur noch ein lockeres Auslaufen. Für Cosmos New York absolviert er 3 Spielzeiten, um den Fußball in den USA populär zu machen, wie er sagt. Und auch das schafft er, zehntausende Zuschauer strömen in die Stadien des Fußballexoten USA, um ihn zu sehen. Dann endet seine Fußballkarriere endgültig.

Nun beherrscht sein Name nicht mehr die Sportseiten der Zeitungen sondern die Klatschspalten, wo man sich über seine Liebschaften und Affären auslässt. Seine kurze und turbulente Ehe mit dem späteren TV-Globo-Star Xuxa erregt viel Aufsehen.

Würde sich Pelé in Brasilien um die Präsidentschaft bewerben, er würde zweifelsfrei mit überwältigender Mehrheit gewählt werden. Doch seine politischen Ambitionen hat er seit Jahren darauf beschränkt, seinen Posten als "Außerordentlicher Minister für Sport" zu bekleiden. Ein Posten für die Ewigkeit, denn für jede Regierung Brasiliens wäre es politischer Selbstmord, dieses Wesen aus einer anderen Welt zu entlassen.

Noch heute ist er in den Medien ständig präsent, reist um die Welt und schüttelt die Hände nahezu aller wichtigen Persönlichkeiten, von den amerikanischen Präsidenten bis zum Papst.
"Junge bist Du populär !" soll Robert Redford ausgerufen haben, als die kreischende Menge in New York Pelé umringte und den blonden Schauspieler dabei vollkommen ignorierte.

Aber dies ist für Pelé normal. Wie sagte der Reporter Armando Nogueira einst:

"Sogar der Spielball bat Pelé um ein Autogramm"


Thomas Milz

Unsere Reihe wird fortgesetzt!

Freut euch jetzt schon auf die kommenden Helden: Santos Dumont, Carla Perez, Silvio Santos, Ayrton Senna und viele andere!
pa`rriba

(Text + Zeichnung: Thomas Milz)
für Infos kontaktiert: tom@caiman.de (Thomas Milz)
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