caiman.de 12/2003

Gazpacho: eine filmreife Gemüsesuppe

Wer kennt sie nicht, die grandiose Szene im wohl kultigsten spanischen Kinofilm aller Zeiten: Carmen Maura stellt sich in Almodóvars "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" nicht mehr weit entfernt von letzterem im grellroten Kleidchen vor ihren edel designten Elektromixer, um ein ebenso grellrotes Gazpacho zu bereiten. Und das, obwohl weder Hunger noch Appetit plagen. Die Ärmste will sich nur ganz umständlich selbst umbringen.

Anstatt nun wie jeder normale Mensch die Schlaftabletten einfach mit Wasser zu schlucken, um möglichst schnell aus dem Leben zu scheiden, macht sie sich doch tatsächlich die Mühe, zur Inszenierung ihres Selbstmords die typische andalusische Vorspeise zu zaubern.

Denn eine Diva erschießt sich nicht einfach, sie bereitet die Bühne vor, auf der sie zu sterben gedenkt.

Und so schnibbelt sie Tomätchen für Tomätchen, zerkleinert zeitaufwendig Knoblauchzehen und zerbröselt eine Schlaftablette nach der anderen – bis am Ende schließlich doch alles von anderen getrunken wird und ein paar Polizisten in einen tiefen Schlaf fallen...

Und Carmen Maura gebührt der Verdienst, die Zubereitung dieser köstlichen und überaus gesunden kalten Gemüsesuppe dem Kinopublikum in der halben Welt vorgeführt zu haben. So wollen wir nun ihrer gedenkend ein Gazpacho zubereiten. Allerdings nicht aus Liebeskummer, sondern weil wir Hunger und noch mehr Appetit haben.

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Hier also die Version ohne Schlaftabletten:
Man greife sich zuerst einen elektrischen Mixer, aber keinen zum Sahne schlagen, sondern einen, bei dem das scharfe Messerchen unten rotiert. Für ca. 4 Personen wirft man folgende Zutaten in den Mixer (dabei ist praktischerweise die Reihenfolge egal):
* 4 mittelgroße Tomaten, die sehr reif sein müssen,
* eine halbe Gurke (geschält),
* 1 rote Paprika (mit grünen schmeckt es genauso gut, aber die Farbe wird dann grünbraun, und nicht vergessen: echtes Gazpacho hat die Farbe von Carmen Mauras Kleid!).
* Sodann fehlt noch 1 Zwiebel,
* je nach Diätplan 4 – 8 Eßlöffel Olivenöl (auf keinen Fall anderes Öl),
* 3 – 5 Eßlöffel Essig (Aceto Balsamico oder Sherryessig)
* und/oder der Saft einer Limone, Salz, Pfeffer, wahlweise Oregano, Petersilie oder andere Kräuter.
* Und nun das Wichtigste: mindestens 3 Knoblauchzehen von respektabler Größe. Denn schließlich soll auch jeder riechen, daß wir Gazpacho gespeist haben! Und – beinahe hätte ich vergessen, einen wesentlichen Bestandteil zu erwähnen.
* Denn auch wenn es seltsam klingt: ein altes, hart gewordenes (aber natürlich unschimmeliges) Brötchen gehört einfach dazu. Man muß es in Wasser aufweichen und dann auch in den Mixer bröseln. Es sorgt für die cremige Konsistenz des Gazpacho und natürlich – neben all den Vitaminen – für die nötige Zufuhr von Kohlehydraten.
* Nun sollte man das Ganze einige Minuten lang mixen, mixen, mixen, bis es ganz fein gemahlen ist, dann ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen und mit Petersilie oder einem anderen Kräutlein garniert servieren.

P.S.:
In Córdoba oder Sevilla ist Gazpacho oft das einzige, was die hitzegeplagten Einwohner im August oder September bei 45° im Schatten tagsüber zu sich nehmen, ohne gleich bei der Verdauung ins Koma zu fallen. Es hat alles Lebensnotwendige an Nährstoffen zu bieten. Und so rufen wir Carmen Maura zu: Gazpacho ist ein Lebensretter und nicht nur zum Einschläfern von lästigen Polizisten gedacht!

Text: Berthold Volberg