l
caiman.de 6. ausgabe - köln, 01. juni. 2000
amerikanische kulturhauptstadt 2000: merida

MERIDA-T’HÓ (YUCATAN, MEXIKO)
LANDSCHAFT MIT IDENTITÄT

Ab dem 01.01.2000 wird alljährlich die "Amerikanische Kulturhauptstadt" gewählt. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Initiative der gleichnamigen Nichtregierungsorganisation mit Unterstützung der OAE (Organisation Amerikanischer Staaten). Ziel ist es, zur Völkerverständigung untereinander beizutragen, den Zusammenhalt zu fördern und gleichzeitig der übrigen Welt die amerikanische Kultur näherzubringen.
Für das Jahr 2000 wurde die mexikanische Stadt Mérida zur "Amerikanischen Kulturhauptstadt" ernannt.

Überfliegt man die Halbinsel Yucatán im tropischen Südosten Mexikos, breitet sich unter einem ein Meer von Wäldern aus. Dieses ist die Heimat der alten Mayagötter Kin, dem Sonnengott, und Chac, dem Regengott.
Das Zentrum der Region ist Mérida, das man aufgrund der oftmals in Weiß gehaltenen Fassaden auch "la ciudad blanca" (die weiße Stadt) nennt, und die auch heute noch einen hohen autochthonen Bevölkerungsanteil aufweist.
Mérida ist die kosmopolitische Hauptstadt des Mayab und das strategische Tor zum Kontinent, zu Lateinamerika und zum Hinterland Mexikos.


Mérida gehört zu den zehn ältesten Städten Mexikos. Seine Geschichte läßt sich bis in die prähispanische Zeit zurückverfolgen, als die Maya-Stadt T’ho, auch bekannt unter dem Namen Ichcaanzihó oder «Land der großen Sihoes», durch den Kaziken Ah-Chan-Caan der Itzá im Jahr 1240 erbaut wurde.
Bei ihrer Ankunft fanden die Spanier Mitte des XVI. Jahrhunderts lediglich Reste der antiken Mayastadt vor. Am 6. Januar 1542 gründete Don Francisco de Montejo y León, genannt "El Mozo", auf den Ruinen von T´ho die neue Stadt. Man erzählt sich, daß Francisco de Almaraz, einer der Soldaten, dem Gründer den Namen Mérida vorgeschlagen haben soll, in Erinnerung an die antiken Überreste der "Emérita Augusta de Hispanica Romana", des heutigen spanischen Mérida.

Die neu gegründete Stadt wurde sodann nach dem konventionellen spanischen Vorbild schachbrett musterartig angelegt:


casa de las siete muñecas

Im Zentrum ein Exerzierplatz, umgeben von den wichtigsten öffentlichen Gebäuden einschließlich der Kathedrale - der ersten, die auf dem amerikanischen Kontinent errichtet wurde. Als Baumaterial dienten Steine der Ruinenstadt T´ho (noch heute lassen sich diese Steine in einigen Häuserfassaden ausmachen). Um das Zentrum herum gruppierten sich in einem weiten Kreis Lehm- und mit Palmdächern bedeckte Strohhütten.

Nach der Unabhängigkeit Yucatans am 15.11.1821 erlebte Mérida eine Periode wirtschaftlichen Aufschwungs, gestützt auf das "grüne Gold", die "Henequén Faser" der Agave.


catedral
Zuckerrohr-, Mais- und Viehzuchtfarmer erkannten die entscheidenden Vorteile dieser Pflanze, deren Resistenz sie zu einem idealen Rohmaterial für die Herstellung widerstandsfähiger und vielseitig verwendbarer Naturfasern machte.
Dieser Aufschwung dauerte bis zum Anfang des XX. Jahrhunderts. Unbefestigte Straßen wurden ausgebaut und vernachlässigte Gebäude überließen ihren Platz prächtigen Häusern.
Nach dem Ende der Blütezeit des "Henequén" verwandelt sich Mérida wieder in ein kleines, pittoreskes Provinzstädtchen, ohne großen Anspruch auf Universalität.




In den letzten Jahren entwickelt sich Mérida zu einer der vielversprechendsten Städte Mexikos. Hierbei bewahrt die Stadt einerseits ihr Konzept der "flachen Ausbreitung" (obwohl Mérida beinahe 800.000 Einwohner beherbergt, findet man selten Gebäude, die eine Höhe von zwei Stockwerken übersteigen), integriert andererseits aber moderne Bauten wie Geschäftsgebäude, Kongreßhallen, Hotels und zeitgenössische Wohnviertel in das traditionelle Stadtbild.
Es ist relativ einfach, sich in Mérida zu orientieren, da die Straßen durchnumerieret sind. Zudem findet man an vielen Straßenecken des historischen Teils der Stadt Tafeln mit den entsprechende Straßennamen des Stadtviertels und Zeichnungen: z.B. "der Leguan", "der Bär", "die Sonne", "die zwei Gesichter" oder "der Boxer". Oft hört man Sätze wie "der Bus kommt von der Straßenecke des kleinen Hirsches" oder "jemand wohnt in der Nähe des Cocoyol".

Hinter der städtischen Fassade Meridas hat jedes Viertel seine ihm eigene Charakteristika bewahrt.

Das historische Zentrum, in zurückhaltendem Kolonialstil, vermittelt eher einen schmucklosen, jedoch gelassenen Eindruck. Aus ihm führen große Alleen heraus, wie die «Avenida Colon» oder der «Paseo de Montejo», gesäumt von nach französischem Vorbild erbauten Herrensitzen aus den letzten Jahren des XIX. Jahrhunderts, die der Stadt einen herrschaftlichen und vornehmen Charakter verleihen.


casa de montejo

Einer dieser Herrensitze ist der «Palacio Canton», welcher eine vollständige Sammlung von Kunstobjekten der alten Mayas beherbergt. Das nördliche Stadtbild prägen majestätische Hotels im Wechsel mit modernen Wohnvierteln und eindrucksvollen Einkaufszentren. Neben Kinos und Ausstellungshallen befindet sich hier das gerade fertiggestellte Kongresszentrum "Siglo XXI".

Begibt man sich in Richtung Hafen (Puerto de Progreso), stößt man linker- und rechterhand auf ein modernes Industriegebiet, exklusive Reitklubs und einen weitläufigen Golfplatz.
Im «Paseo de Montejo» gibt es ein Monument jüngeren Datums, welches besondere Aufmerksamkeit verdient: das «Monumento a la Patria» Es handelt sich dabei um eine gewaltige Skulptur aus Stein, auf welcher die Länderwappen der Republik Mexikos sowie historischer Persönlichkeiten dargestellt sind - das Meisterwerk des Bildhauers Rómulo Rozo, welches 1956 eingeweiht wurde.

Im Herzen der Stadt befindet sich der «Plaza Grande», bzw. Exerzierplatz, um welchen herum sich die fünf wichtigsten Gebäude Meridas erheben:
die Kathedrale von San Ildefonso, erbaut zwischen 1561 und 1598, die «Casa de Montejo», erbaut zwischen 1543 und 1549 vom Begründer der Stadt, Francisco de Montejo, mit einer prächtig verzierten Fassade, dem einzigen Kleinod ziviler Architektur im Plastereskstil, welches in ganz Mexiko existiert, das Rathaus, erbaut auf den Ruinen der antiken Stadt T’ho.


palacio cantón
Seine Fassade datiert aus den letzten Umbau- und Renovierungsarbeiten des Jahres 1928.
Desweiteren finden wir den Regierungspalast von Yucatán mit seinen auffallenden neoklassischen Linien, welcher eine Sammlung von Wandbildern des yucatanischen Malers Fernando Castro Pacheco beherbergt, und letztendlich gibt es noch den alten Palast Arzobispal, heute ein Museum für zeitgenössische Kunst.


An einer der Ecken des Plaza Grande befindet sich das Olimpo, das städtische Kulturzentrum, welches täglich Ausstellungen, Konferenzen, Konzerte und Theateraufführungen anbietet, und mit einem Planetarium, welches kurz vor seiner Eröffnung steht, ausgestattet ist. Nicht weit von hier "residiert" die autonome Universität von Yucatán in einem Kolonialgebäude aus dem Jahre 1711. Ganz in der Nähe residiert zudem noch das elegante Theater José Peón Contreras , das 1981 seine Wiedereröffnung feierte.

Text und Bildmaterial: Amerikanische Kulturhauptstadt

Deutsche Fassung überarbeitet von Sönke Schönauer und Dirk Klaiber

Schon in 14 Tagen folgt der 2. Teil.
Tragt eure email-Adresse in unser Info-Abo-Formular ein, und ihr werdet rechtzeitig informiert.

Casa de las siete Muñecas (Haus der sieben Puppen), Dzibilchaltún (Maya-Monument)

Das «Haus der sieben Puppen», ein Maya-Observatorium, erhielt seinen Namen durch die sieben Figuren, die sich in seinem Innern befinden. Der Tempel, welcher in den letzten Jahren des Spätaltertums in Dzibilchaltún, welches im Stadtbereich von Merida liegt, erbaut wurde, diente zur Registrierung der Sonnenbewegungen.

Kathedrale
Ansicht der Kathedrale von Merida. Es handelt sich um die erste Kathedrale, welche auf dem amerikanischen Festland erbaut wurde und ist das beste Beispiel religiöser Architektur von Yukatan. Die Kathedrale datiert aus den letzten Jahren des 16. Jh. und liegt am Plaza Grande von Merida.

Casa de Montejo - Fenster
Ein Fenster des Wohnsitzes von Francisco de Montejo, Gründer von Merida. Der Baubeginn wird auf das Jahr 1549 datiert. Es handelt sich um eines der bedeutendsten bürgerlichen Monumente Neuspaniens.


Palacio Cantón
Der «Palacio Cantón», ein prachtvoller Wohnsitz aus dem 19. Jh. beherbergt heute herrliche Werke der antiken Maya-Kultur.

pa`rriba


für nähere infos kontaktiert:
dirk@caiman.de (Dirk Klaiber)

l