caiman.de mai/2002

Hopfiges
Bier - Das ideale Getränk


In medizinischer Fachliteratur ist das Ideale Getränk wie folgt beschrieben: „Es soll viel Wasser enthalten und nährstoffreich sein, es soll wenig Kalorien enthalten und fettarm sein, und möglichst wenig Alkohol aufweisen.“

Obwohl nicht ausdrücklich benannt, trifft diese Definition voll und ganz auf das gemeine Bier zu, welches weltweit gebraut wird und schon seit mehr als 6000 Jahren einen Großteil der Menschheit erfreut.

In Lateinamerika ist das Biertrinken seit Einzug des technischen Fortschritts populär. Dieser ist im 19. Jahrhundert in erster Linie durch den Bau von Eisenbahnen gekennzeichnet, realisiert durch deutsche und britische Gesellschaften. Da es für die Arbeiter aus Europa unzumutbar erschien, nach Schichtende auf den Genuss des heimischen Bieres zu verzichten, ging der Ausbau der Schienenlandschaft mit der Errichtung erster Brauereien Hand in Hand. Heute hat es den Anschein, als ob Bier bereits das favorisierte Getränk von Quetzalcoatl und Inti Wantanam gewesen sein muss, ist es doch in der Neuen Welt mindestens genauso verbreitet wie im Mutterland des Reinheitsgebotes.

Schmecken und Riechen
Wir wollen in der Kolumne „Hopfiges“ lateinamerikanische, spanische und portugiesische Biere unter die Lupe nehmen. Zur Beurteilung von Bieren allgemein gibt es eine Vielzahl an Prüfschemata. Diese werden zum einen von einschlägigen Instituten für Prämierungen und zum anderen von Brauereien für den eigenen Gebrauch entwickelt. In der Regel unterteilen sich die Schemata in zwei Prüfungsarten:

Bei ersterer wird das Bier einer im Labor durchgeführten chemischen und physikalischen Testreihe unterzogen. Mit geeichten Geräten werden u.a. Werte wie Alkoholgehalt, Stammwürze (Gehalt gelöster Stoffe wie Malzuckerzucker und Eiweiß vor der Vergärung), Farbe, Schaumbildung und CO2-Gehalt (oft und fälschlich als Kohlensäure bezeichnet) bestimmt.

Eine Alternative zur Punktebewertung ist die beschreibende Prüfung. Bei dieser wird versucht, die gesammelten Eindrücke mit Worten zu zensieren. Hierbei handelt es sich um für den Laien mehr oder weniger nachvollziehbare Fachbegriffe.

------------- Infokasten: Beschreiben von Biergeschmack --------------

In Deutschland ist man, was die Beschreibung von Biergeschmack angeht, relativ sprachlos. Dies ist besonders schade, da gerade in einem Land, in dem es rund 5000 verschiedene einheimische Biere gibt und man selbst bei einer Verkostung von fünf Bieren pro Tag fast drei Jahre bräuchte, verbale Unterscheidungsmöglichkeiten hilfreich wären. Über Attribute wie „bekömmlich frisch“, „fein würzig“ oder den berühmten „Hauch herber“, kommen selbst die als kreativ bezeichneten Fachleute der Werbebranche nicht hinaus. Ebenso hilflos sind die professionellen Bierkenner, die nur mit Hilfe unverständlicher Fachtermini in der Lage sind, Bier liebenden Laien zu vermitteln, warum das eine Bier dem anderen vorzuziehen ist. Die anglo-amerikanische Länder sind hierbei um einiges voraus. Dort findet man die blumigsten Beschreibungen von Bieren, die aber leider oftmals nicht halten, was sie an Geschmackserlebnis versprechen.

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Verkostung caiman
Entgegen den konventionellen Verkostungsmethoden legen wir Wert auf das individuelle Empfinden der Situation und Atmosphäre am jeweiligen Ort des Biergenusses.

Eine Standardisierung oder gar eine empirische Reproduzierbarkeit ist nicht gewollt. Wir möchten eher eine Lanze für das alte Kultur-Getränk und dessen weltweite Vielfalt brechen und über Erfahrungen mit Bier sprechen, die auf Reisen gemacht werden.

Text: Dipl. Braumeister Arne Guder