caiman.de 05. ausgabe - köln, mai 2002

Die Seele hat keine Farbe
Reise durch São Salvador

Bahia, die Allerheiligenbucht, der heiligen Schwarzen und der heiligen Weißen... dort landete ich meinen Körper und meine Seele, um Brasiliens Herz wiederzusehen, seine bunte Seele.

Ich nahm das Flugzeug von Porto Alegre nach Salvador, wo mich bereits zwei deutsche Freundinnen erwarteten. Ze, der Taxifahrer, nahm uns mit, und so machten wir uns auf, an einem Sonntag-Nachmittag im Januar, die Farbe von Salvador zu entdecken.

Der vor lauter Menschen trunkene Verkehr, Menschen, die auch dann noch tanzen, wenn die Musik aufhört... und wir unter ihnen, ohne zu wissen, wohin wir unseren ersten Schritt in diesem Tanz setzen sollen. Aber es gibt keinen ersten Schritt, ohne dass wir es merken, sind wir mitten drin. Worauf warten? Alles passiert. Das Problem ist unsere Seele, die wesentlich länger braucht, anzukommen, als unser Körper.

Wir quartieren uns am Pelourinho ein, in einer Herberge, der "Albergue das Laranjeiras" (www.alaranj.com.br), zentral gelegen und das Geld wert. Hier lernen wir eine Menge Brasilianer und Ausländer kennen. Und von dort machen wir uns auf, die Welt von Bahia, der Stadt São Salvador, zu entdecken.

Unser Ziel ist der zentrale Markt, der "Mercado Modelo", doch bis dahin ist es ein langer Weg. Stell dir vor, du hättest die Augen einer deutschen Blondine, stell dir vor, Ausländer zu sein in diesem Karneval der Farben... und ich als brasilianische Zuschauerin dieses schwarz-weißen Festes. Überall Kinder nach Aufmerksamkeit und Geld haschend, und nicht nur Kinder, auch die großen Leute fordern mehr. Mit allem Respekt, Bahia ist wirklich das Prinzip und das Ende, die absolute Mischung der Rassen, und warum auch nicht?

Wie schön ist es, meine Heimat mit den Augen einer Fremden zu sehen, diese Gerüche und Farben wieder zu entdecken; und der ewige Soundtrack eines Lebens voller Glauben. Es lebe Gilberto Gil, denn ich bin erfüllt vom Glauben, und der Glaube wird niemals erlöschen.

Wir fahren mit dem Aufzug "Lacerda" in die Unterstadt von Salvador und gelangen zum "Mercado Modelo". An jeder Ecke Straßenhändler, die alle möglichen Instrumenten zum Verkauf anbieten: Instrumente zum Überleben! Trommel, Tamburin, Berimbau... Hoffentlich gibt es genug Touristen und Geduld, um den bahianischen Rhythmus der Herzen denjenigen nahe zu bringen, die Durst danach verspüren: den blauen Himmel, die Sonne und das grün-gelbe dieses Landes in einem einzigen Pulsschlag vereint zu erleben.

Es lebe Jorge Benjor, denn ich lebe in einem tropischen Land, von Gott gesegnet und schön von Natur aus, und noch schöner, wenn es im Februar den Karneval gibt!

Doch noch ist Januar, und wir fragen uns: Hat der Karneval schon begonnen, die Kunst, zwischen Himmel und Erde zu überleben; ewiger Dualismus, Körper und Seele gleichzeitig zu sein?

In Bahia lebt man von Tag zu Tag das Verlangen, ein Teil dieser Evolution zu sein, nach der wir uns so sehr sehnen... das Parfum und die Musik eines Reisenden!

Man sagt, dass Bahia die Bucht aller Heiligen sei, dass hier alle Religionen zu Hause seien... ja, es ist die Religion des Lebens und des Überlebens, weit weg von allen Urteilen und Vorurteilen.

Es lebe Chico César, denn die Seele hat keine Farbe, denn ich bin weiß, die Seele hat keine Farbe, denn ich bin schwarz. Die Seele ist kunterbunt!

Text: Cristina Poli