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Chapada Diamantina

Der Traum:
Natur in ihrer absoluten Reinheit! Wasserfälle stürzen, Sternenregen gleich, in Unendlichkeit auf die Erde nieder! Täler und Berge geben das Echo des Windes und der Tiere wider, hier im Herzen Amerikas und Bahias, im Nationalpark Chapada Diamantina.

Die Realität:
Bevor ich von Salvador in Richtung Chapada Diamantina aufbrach, sagten mir viele, dass es dort ohne unterlass regne und das all diejenigen, die sich aufmachten, die Wasserfälle mit ihrem reinen Wasser zu entdecken, dort nur trübe Fluten vorfinden würden. Ich dachte mir: das kann nicht wahr sein, diese Leute erwarten halt, dass der Himmel in Brasilien immer blau sein muss und die Sonne jeden Tag scheint. Welch süße Illusion! - In Deutschland regnet es 500 Tage im Jahr und genau deshalb zittern die brasilianischen Legionäre mit ihrem grün-gelben Fußballteam.

Es waren Tage reinsten Abenteuers. Wir fuhren mit dem Bus von Salvador nach Lençois, wo Pousadas und kleine Hotels warten. Die Reise führte uns über eine Straße, die mit Sicherheit seit Jahren schon nicht mehr weiß, was Asphalt ist. Wir schliefen 6 Stunden lang wie Popkorn in heißem Fett.

Es war immer noch dunkel als wir ankamen. Wir beschlossen, uns zu einer weniger touristischen Stadt aufzumachen, nach Capão, wo die schönsten Wasserfälle der Region unserer harrten. Dorthin konnte uns nur ein Jeep bringen, Busse gibt es nicht. Glücklicherweise trafen wir einen Fremdenführer, der uns für 10 Reais pro Kopf nach Capão brachte. Noch mal zwei Stunden Reise. Na gut, auf gings. Da noch zwei andere mitfuhren, waren wir zu sechst, die sodann zwei Stunden lang über Schlamm schlitterten, vorbei an dunklem Grün und Natur, die immer Natur ist.

Und ich suche Inspiration bei Raul Seixas:
"Und wenn Du in einen Spiegel schaust und Dich wie ein Riesenidiot fühlst, menschlich, fürchterlich, beschränkt, dass Du nur 10% Deines Tierhirns benutzt, und Dich wie ein Herr Doktor fühlst, wie ein Priester oder Polizist, der zu unserem wunderschönen Sozialbild beiträgt...

Ich setze mich nicht auf den Thron eines Appartements mit dem sperrangelweit aufgerissenen Maul voller Zähne, darauf wartend, dass der Tod endlich kommt."

Reinstes Abenteuer, ich fühlte mich wie in einem dieser Zigarettenwerbespots, mit dem Jeep querfeldein durch die Welt. Was für eine Idee! Nun, eine Zigarette käme jetzt schon ganz gut. Ich war so müde, dass ich schon nicht mehr wusste, ob es Tag war oder Nacht, Popkorn oder Zigarette, Marlboro oder Camel Lights. Und die Sonne versteckte sich, um uns später dann kräftig anzulachen.

Und so kamen wir in Capão an, weit weg von dieser Welt, nichts als Grün, Wasser und ein Platz zum Zelten und zum Indianer zu mutieren, der in diesem Gasthaus der Natur lebt. Aber wie kann man Indianer werden, wenn einem die Gebrauchsanweisung fehlt? Minuten voller Gedanken an unseren einzigen wirklichen Wunsch - ein Bett. Hier bleiben? Nein, entschieden wir, zurück nach Lençois, noch einmal zwei Stunden Rallye und schon zurück in der Zivilisation.

In Lençois suchten wir uns eine Pousada und blieben dort für drei Tage, damit beschäftigt, in den vier Wänden gemeinsam mit unseren Träumen zu überleben. Drei Tage Müdigkeit, ein Tag Sonne, drei Tage Sonnenstich, einige tropische Früchte und eine Woche Durchfall.

Aber egal, ist wohl ein Reinigungsritual des Körpers und der Seele, das zur Natur gehört, so wie Gott - einem Spruch meines Vaters nach - das Richtige mit krummen Buchstaben schreibt.

Zeit, weiter zu reisen.

Ich schreibe, um mich zu erinnern:
Ri-cordis (aus dem Lateinischen), Ri: zurück gehen / Cordis: das Herz.
Zurückkommen zum Herzen, durch das Herz, um zu erzählen, wie schön es ist, ein Reisender zu sein, um als Teilhaber an dieser unkontrollierten Natur dieses Verlangen zu spüren, die absolute, reine Natur zu empfinden. Wo wohnt das Paradies?

Besuche die Chapada Diamantina. Mit einer strahlenden Sonne!

Text + Fotos: Cristina Poli

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