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Brasilien: Parque Nacional de Ubajara

Am frühen Nachmittag sind wir unterwegs in Richtung der kleinen Stadt Pedro II. Circa 70 Kilometer liegen vor uns, aber die Straße ist – welche Überraschung – in bester Verfassung, so dass wir in einer guten Stunde schon kurz vor unserem Ziel sind. Unser Besuch gilt den Fundstätten von Opalen, die sich um Pedro II. herum befinden – den einzigen in ganz Südamerika. Wie wir erfahren haben, soll eine Besichtigung der Schürfstellen möglich sein und das wollen wir in jedem Fall versuchen.

Am ersten Hinweisschild verlassen wir unsere schöne Asphaltstraße. Spürsinn ist gefragt, denn die Beschilderung ist eher dürftig. Wir fragen uns durch und erreichen auf ausgefahrenen Wegen – immer mit einem Rad in der tiefen Fahrspur und mit dem anderen auf dem erhöhten Mittelstreifen balancierend – den Rand der Mine. Der Wächter am Abstieg zur Schürfstelle erkundigt sich misstrauisch, was wir denn hier wollen und ob wir denn dazu die Genehmigung des Chefs hätten. Haben wir natürlich nicht, aber glücklicherweise ist der Chef der Mine anwesend.

Als wir ihm erklären, dass wir den langen Weg von Sao Paulo auf uns genommen haben, um eine Opalmine zu sehen und eventuell sogar einen Opal zu kaufen, und als er sich von unserer Harmlosigkeit überzeugt hat, führt er uns höchst persönlich durch den Abbau.


Es ist eine Schürfstelle, die im Tagebau betrieben wird. Das opalhaltige Gestein liegt knapp unter der Erdoberfläche. Die oberen Erdschichten werden von einem Bagger entfernt. Erst bei Erreichen der Schicht, in der sich die Edelsteine befinden, wird Wasser eingesetzt. Das ausgewaschene Gestein wird über Siebe geführt und so grob vorsortiert. Danach separieren geschulte Augen und Hände die wertvollen von den wertlosen Stücken. Auf unsere Frage, wie viele Tonnen Gestein bewegt werden müssen, um welche Menge an Opalen zu erhalten, bekommen wir keine Antwort. Aber es muss sich lohnen, denn in der Umgebung sind eine ganze Reihe ähnlicher Minen in Betrieb. Nach Beendigung des Rundgangs drückt uns der Minenbesitzer eine Verkaufsadresse in die Hand, wo wir nicht nur einen Blick in die Steinschleiferei werfen können, sondern auch sehr günstig einen wunderschönen Stein erwerben.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Osten. Je näher wir der Grenze zu Ceará kommen, desto schlechter wird die Straße. Wir hoffen auf Besserung nach Überschreiten der Grenze zwischen den beiden Bundesstaaten. Aber weit gefehlt, auch auf der cearänsischen Seite ist die Qualität nicht besser. Dabei handelt es sich um eine Bundesstraße, über die der gesamte Verkehr zwischen Teresina (Hauptstadt von Piauí) und Fortaleza (Hauptstadt von Ceará) und ein Großteil des Warenverkehrs zwischen Ceará und Piauí abgewickelt wird. Vielleicht liegt der Grund für die Nichtbehebung der Straßenmängel darin, dass sich die beiden Bundesstaaten seit Jahrzehnten um einen Gebietsstreifen exakt an dieser Stelle streiten und immer noch keine Einigung erzielt haben.

Die Landschaft zur Rechten und zur Linken der Straße ist eintönig: niederes Buschwerk, Kakteen und viele Steine. Darüber ein tiefblauer Himmel mit wenigen Wolken. Sertão pur. Als wir in Tianguá die BR 222 verlassen und die letzten 20 Kilometer bis Ubajara in Angriff nehmen, ändert sich das Landschaftsbild. Die Straße steigt langsam, aber stetig zur Chapada de Ibiapaba an und mit jedem Höhenmeter wird die Vegetation fruchtbarer und dichter. Als wir Ubajara erreichen, befinden wir uns in einer grünen Enklave im trockenen Buschland.


Ganz in der Nähe des Eingangs zum Parque Nacional de Ubajara finden wir, verborgen hinter einer Mauer von blühenden “Primaveras“ (Bougainvilleen), die Pousada da Neblina und beziehen dort Quartier. Allerdings begehen wir bei der Wahl des Zimmers einen schweren Fehler, der uns in der Nacht drei Stunden unseres Schlafes kosten wird. Wir übersehen, dass es in dem Zimmer zwar eine passende Öffnung in der Wand für eine Klimaanlage gibt, jedoch kein Gerät vorhanden ist. Zwar schließen wir vor dem Schlafengehen Fenster und Balkontür, übersehen aber, dass durch die nicht geschützte Öffnung Moskitos in Scharen ins Zimmer strömen. Nachdem wir endlich die Öffnung mit einer Decke verbarrikadiert haben, benötigen wir geschlagene drei Stunden, um 50 Moskitos zu ermorden – dann kehrt Ruhe ein.

Müde, etwas unausgeschlafen und reichlich zerstochen beginnen wir die Besichtigung des Parque Nacional de Ubajara. Wir sind zu Fuß unterwegs in Begleitung eines Führers. Der Weg führt uns zunächst an den Rand eines Wasserfalls. Der Platz bietet eine herrliche Aussicht über einen Großteil des Parks. Anschließend geht es steil bergab, immer wieder mit Ausblicken auf das tiefer liegende Tal und die begrenzenden Felsformationen. Unser Begleiter erläutert uns ausführlich die Pflanzen in den drei Vegetationsstufen, die sich aus der besonderen Lage des Parks ergeben. Der Wasserreichtum in den höheren Regionen ist verantwortlich für eine Flora ähnlich der im Amazonasbecken. In tieferen Regionen, abseits der Bäche, herrscht die Vegetation der Caatinga vor: Buschwald, der in der Trockenzeit die Blätter verliert, durchsetzt mit Kakteen.

Nachdem wir eine Reihe großer und kleiner Bäche überquert haben, erreichen wir das Tal und beginnen mit dem Aufstieg zur Grotte, die etwas höher auf der anderen Talseite liegt.

Sie gilt als Hauptanziehungspunkt des National Parks und ist die einzige von insgesamt elf Grotten, die zur Besichtigung freigegeben ist. (Alternativ zum 400 Höhenmeter überwindenden Aufstieg gibt es übrigens eine Seilbahn.)

Die Grotte ist mit einer Ausdehnung von mehr als einem Kilometer die größte in Ceará. Als wir sie betreten, öffnet sich uns eine Wunderwelt aus Stalaktiten und Stalagmiten in den verschiedensten Formen und Farben. Unser Höhlenguide zeigt uns während des etwa einstündigen Rundgangs ausführlich die verschiedenen Säle und die darin befindlichen Gesteinsformationen. Und wir können in aller Ruhe die für den Publikumsverkehr freigegebenen 420 Meter genießen, da wir an diesem Tag bislang die einzigen Besucher sind.

Bevor wir uns auf den Rückweg machen, legen wir vor dem Grotteneingang eine kurze Rast ein, während derer unser Guide vergeblich versucht, uns zur Benutzung der Seilbahn zu überreden. Wir bleiben eisern und gehen zu Fuß zurück, erfreuen uns an der Vegetation zu beiden Seiten des Weges und versuchen, etwas von der Tierwelt zu entdecken, die sich über uns in den Kronen der Bäume tummelt.

Leider mit wenig Erfolg, denn die Belaubung ist zu dicht und wir können nur an der Bewegung von Ästen erkennen, dass da oben Tiere unterwegs sein müssen.


Auch die Reptilien, die es hier geben soll – eine Pythonart und die sehr giftige Korallenschlange – lassen sich nicht blicken. Schade!

Als wir die Hochebene der Chapada de Ibiapaba wieder erreicht haben, ist es schon Nachmittag. Obwohl wir von unserem Wandertag ganz schön geschafft sind, machen wir noch einen kleinen Umweg und genießen von der Plattform der Seilbahnstation aus die Aussicht. Gigantisch! Das Sertão liegt zu unseren Füssen, ein paar Schönwetterwölkchen ziehen über den Himmel und werfen Wolkenschatten auf die Ebene, der Blick reicht unendlich weit nach Osten.


Text + Fotos: Dieter Hauguth
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