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Die sorgenfreie Zigarette
"Eine Packung Marlboro, bitte!" Als er die Packung in den Händen hält, erschrickt er: "Rauchen verursacht Impotenz" steht auf der Packung, darunter ist ein scheinbar verzweifeltes Pärchen im Bett zu sehen. "Nein, die will ich nicht", sagt er zu dem Verkäufer. "Geben sie mir doch lieber die, die schlechten Atem, Mundkrebs und Zahnausfall erzeugt!"

Solche oder ähnliche Szenen spielen sich jeden Tag an unzähligen Kiosken in Brasilien ab. Seit einigen Jahren folgt das Gesundheitsministerium dem Vorbild der USA und Kanadas, den Raucher durch schockierende Fotos auf den Zigarettenpackungen abzuschrecken.

Die Palette reicht dabei von einer an Beatmungsmaschinen angeschlossenen Frau, über ein entstelltes Neugeborenes im Brutkasten bis hin zu dem Bankangestellten, der sich seine Krawatte vom Hals reißt: "Raucher haben für nichts genug Puste!"

Sehr nett auch das Bild eines Erwachsenen, der sich mit einem Kind unterhält. "Kinder nehmen sich ein schlechtes Beispiel an rauchenden Erwachsenen."

Die Zigarettenfirma "Free" wollte besonders schlau sein und fügte jeder Packung ein Bild mit hübscheren, weil weiblichen Motiven bei. Dieses steckte man einfach vor das Bild der krebskranken Frau, und schon war wieder für genussvolles Rauchen gesorgt. Doch die Justiz bereitete dem Werbegag ein schnelles Ende.

Viele haben mittlerweile in guter brasilianischer Tradition eine kleine Sammlung der verschiedenen Motive angelegt, und die ersten Stimmen gegen die Abschreckungsaktion sind auch schon zu hören.

"Warum", so fragen sich Feministinnen, "ist auf dem Bild des frustrierten Ehepaares eigentlich die Frau diejenige, die verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, während der Mann ganz entspannt und höchstens etwas gelangweilt daherblickt? Die Impotenz ist doch eigentlich sein Problem und nicht ihres, oder?"

Ob gerades dieses Motiv dazu beitragen wird, dass viele Raucher auf ihr Laster verzichten, ist wohl eher fraglich. So gibt es genug Statistiken, die enthüllen, dass Raucher viel mehr soziale Kontakte und damit auch viel mehr Sex haben als Nichtraucher. Zudem scheint es ja im Wesen des Menschen zu liegen, Dinge zu tun, vor denen einen die Eltern immer gewarnt haben.

"Die Welt besteht grundsätzlich aus zwei Typen von Menschen: den Rauchern und den Nichtrauchern", hat mir einmal eine brasilianische Freundin erklärt. "Und dagegen kann man nicht viel machen", fügte sie noch hinzu.

Als sie dann doch etwas in ihrem Leben ändern wollte, versuchte sie vergeblich, den Glimmstengeln Lebewohl zu sagen. Daraufhin entschied sie, dass es wohl leichter sei, ihre Haarfarbe zu ändern, rannte in einen Supermarkt, suchte sich eine Haarfarbe, die sie richtig gut fand, rannte zurück nach Hause und färbte sich die Haare.

Nach dem Fönen musste sie feststellen, dass die künstliche ihrer natürlichen Haarfarbe entsprach. "Man ist halt so, wie man ist. Und ich bin nun mal Raucher. Basta!"

Das letzte Mal als ich mit ihr sprach, war sie gerade wieder dabei, das Rauchen aufzugeben: "Ich glaube, dass es grundsätzlich gar nicht so schwierig ist, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich kenne jemanden, der es schon dreißig mal geschafft hat!"

Text und Fotos: Thomas Milz

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