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Brasilien: Die Ilha de Santa Catarina – Insel der Heiligen Katharina

1532 betreten portugiesische Seefahrer die Insel Santa Catarina und verleihen ihr ihren heutigen Namen. Kaum von den Europäern entdeckt, gewinnt die Insel an strategischer Bedeutung, da sie in unmittelbarer Nähe des Längengrades liegt, der 1494 im Vertrag von Tordesillas als Grenze zwischen dem spanischen und dem portugiesischen Einflussbereich festgelegt wurde. Die gut geschützten Buchten und die unzähligen Frischwasserquellen bieten ideale Voraussetzungen für die portugiesische Flotte zur Überwachung des Grenzgebietes.

Im Jahre 1675 gründet der Bandeirante Francisco Dias Velho die erste Ansiedlung mit Namen Nossa Senhora do Desterro, deren Bedeutung jedoch erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem wirtschaftlichen Aufschwung durch den Walfang zunimmt und im Jahre 1894 zu Ehren des brasilianischen Präsidenten Floriano Peixoto auf den Namen Florianopolis getauft wird.

Das Prédio da Alfândega (Zollhaus) aus dem Jahre 1875, an dem wir unseren Rundgang durch die Stadt beginnen, erinnert noch an die Zeit, als hier der zentrale Warenumschlagplatz war. Es wirkt mit seiner klassischen, streng gegliederten Fassade etwas verloren vor einer Front moderner Betonbauten.

Im nahegelegenen Mercado Publico (öffentlicher Markt) pulsiert heute das Leben wie bei seiner Errichtung im Jahre 1898. Von Fleisch über Fisch zu Gemüse – es findet sich alles, was den Gaumen erfreut, und dass die Wurzeln dieser Stadt in Portugal liegen, ist an zwei Produkten zu erkennen: Keramik und Spitzen.

Von Fleisch über Fisch zu Gemüse – es findet sich alles, was den Gaumen erfreut, und dass die Wurzeln dieser Stadt in Portugal liegen, ist an zwei Produkten zu erkennen: Keramik und Spitzen. Wir müssen uns stark zurückhalten, um nicht in einen Kaufrausch zu verfallen, denn in den Auslagen der verschiedenen Läden finden sich sehr dekorative Stücke. Bevor wir weitergehen, nehmen wir in einer kleinen Bar zur Stärkung schnell einen "Cafezinho" zu uns, dann verlassen wir den Mercado und erkunden die benachbarte Fußgängerzone.

Nicht weit entfernt sehen wir die Türme der Igreja São Francisco da Ordem Terceira (Kirche des heiligen Franziskus vom dritten Orden) aus dem Jahre 1803, deren Fassade in portugiesischem Barock die Quadra (Straßenblock) beherrscht. Die melancholische Musik einer Gruppe von Straßenmusikanten vor dem Portal begleitet uns ins Innere. Sie entspricht unserer Stimmung, als wir die Kirche verlassen, denn das Gebäude mit Gemälden des lokalen Malers Victor Mereilles bedürfte einer gründlichen Renovierung.

Überragt von modernen Bürogebäuden entdecken wir am Ende der Innenstadt die kleine Kirche Igreja da Nossa Senhora do Rosário e São Benedito dos Homens Pretos (Kirche zur Muttergottes vom Rosenkranz und zum heiligen Benedikt der Schwarzen). Eine etwas eigenwillige Kombination der Schutzpatrone. Aber sie haben dafür gesorgt, dass die Kirche an der Stelle, an der sie im Jahre 1787 gegründet wurde, erhalten geblieben ist. Stille umfängt uns, als wir sie betreten. Inmitten des hektischen Trubels der Innenstadt findet sich hier ein Ort der Ruhe und der Besinnung.

Die Praça 15 de Novembro (Platz des 15. November) mit ihren schönen alten Bäumen ist eine grüne Insel im Verkehrsgewühl. Wir suchen uns ein stilles Plätzchen auf einer der vielen Bänke und schauen den Dominospielern zu, die an eigens dafür installierten Tischen ihre Wettspiele austragen. Alle sind mit großer Konzentration bei der Sache – die Zuschauer fast noch mehr als die Spieler – denn es geht um Geld.

Die Catedral Metropolitana nimmt die Nordseite des Platzes ein. Es handelt sich um ein – wie es sich für die Hauptkirche der Stadt auch gehört – stattliches Gebäude, doch irgendwie sind dem Architekten die Proportionen der einzelnen Bauteile, vor allem der runden Turmaufsätze auf den beiden viereckigen Kirchtürmen, danebengeraten.

Da ist das Historische Museum, das sich im Palast Cruz e Sousa gleich nebenan befindet, schon sehr viel repräsentativer. Die Fassade, eine Mischung aus Neuklassik und Barock, mit ihren abgesetzten und verzierten Fensterfeldern sowie dekorativen Dachaufsätzen ist eine echte Augenweide. Da es schon sehr spät ist, machen wir uns auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit und wählen auf Empfehlung die Ferienanlage des SESC (Vereinigung der brasilianischen Kaufleute) als saubere und ruhige Bleibe.

Den Weckdienst am nächsten Tag übernehmen die Vögel, die schon in aller Morgenfrühe in den unserem Bungalow benachbarten Bäumen ein lautstarkes Morgenkonzert veranstalten. Das ist gut so, denn es verspricht ein sonniger Tag zu werden und wir wollen die Zeit nutzen, um die Insel zu erkunden.

Wir beginnen mit dem ältesten Ort der Insel: Santo Antônio de Lisboa. Katzenkopfpflaster, kleine, ebenerdige, weißgekalkte Häuser mit Fensterläden und Türen in leuchtenden Farben, eine kleine Dorfkirche in portugiesischem Barock – wir fühlen uns nach Portugal versetzt.


Der Eindruck verstärkt sich noch, als wir an den Strand kommen, wo bunte Fischerboote das Ufer säumen. Gleich daneben putzt ein alter Fischer die Austern, die auf der heutigen Speisekarte des Restaurants erscheinen sollen. Die Verlockung, den Tag mit einem Austernfrühstück und einem Schlückchen Sekt zu beginnen, ist groß – aber wir widerstehen tapfer und leisten uns nur einen Cafezinho an der Bar.

Die Zivilisation holt uns ein, als wir in Jurere ankommen. Die Bucht ist "erschlossen" durch ein großes "Condomínio", eine Wohnanlage, die aus Häusern mit Gärten in Strandnähe und einer Ansammlung mehrgeschossiger Gebäude etwas weiter entfernt besteht. Der Strand an der weitgeschwungenen Bucht ist herrlich und wir nutzen die Gelegenheit zu einem Spaziergang bis an den Fuß der Befestigungsanlage von São José da Ponta Grossa, von deren Besichtigung wir allerdings absehen (hier müsste eigentlich ein kleiner Abschnitt über die Befestigungsanlage, sofern Sie diese besichtigt haben)

Canasvieiras, der nächste Ort, wirbt damit, der älteste Badeort der Insel zu sein. Aber von der alten Pracht ist nichts geblieben. Betonbauten drängen sich bis an den schmalen Strand. Was besonders auffällt, ist die zweisprachige Beschilderung – portugiesisch und spanisch: ein Service für die Argentinos und Uruguianos, die zur Ferienzeit den Ort in eine spanisch-sprechende Enklave verwandeln.

Weiter geht es nach Norden. In Ponta das Canas erreichen wir die Nordspitze der Insel.

Ein kleiner Ort in einer geschützten Bucht, Fischerboote am Strand, die einstöckigen Häuser geschart um den Dorfplatz, an dem sich – wie es sich gehört – auch zwei einfache Restaurants befinden. Ein Ort, der weitestgehend noch seine ursprüngliche Struktur bewahrt hat. Wir setzen uns auf die Terrasse, genießen den Blick auf die Bucht und stärken uns mit einem "Sugo de Laranja" (Orangensaft) und einem "Misto quente" (Toast mit Käse und Schinken).

Das krasse Gegenteil erwartet uns, als wir nach Brava kommen. Das Bild entspricht dem von Canasvieiras: Beton wohin man sieht. Der Zugang zum Strand nur an wenigen definierten Punkten möglich, und dort drängt es sich gewaltig.
Die Bucht öffnet sich nach Nordosten zum Atlantik und die Wellen, die von dort hereindrängen, haben schon eine recht ordentliche Höhe. Eine Menge Surfer sind vor Ort. Es sieht aus, als ob sich eine Schar von Seehunden im Wasser tummeln würde, wenn die Surfer auf ihren "Brettern" auf eine hohe Welle lauern. Wir bewundern das Können und die Geschicklichkeit derer, die im Wasser eine echte Show abziehen. Aber zum Baden ist hier nicht unbedingt der richtige Platz, deshalb machen wir uns auf zur nächsten Bucht.

Wir durchfahren den Ort Ingleses do Rio Vermelho und kommen dann an die Bucht von Santinho. Der Platz wird beherrscht vom 4-Sterne-Hotel "Costao de Santinho Resort", ein nur für Gäste zugängliches Territorium, zu dem 500.000 Quadratmeter geschützter atlantischer Regenwald gehören. Wir parken unser Auto frech auf dem Hotelparkplatz und finden nach kurzem Suchen einen "Naturlehrpfad", der am Hotelgelände vorbei in Richtung der Bucht führt.

Wir bewegen uns durch niedrigen Buschwald mit vielen Bodenbromelien und Orchideen und erreichen bald darauf eine Reihe von hohen Dünen, die den Zugang zum Strand versperren. Von der Höhe der Dünen haben wir einen guten Blick auf die Bucht und den Strand, der leider integrierter Teil des Ressorts ist. Der Zugang ist nur über die Hotelanlage möglich und bleibt uns daher verwehrt.


Wie es so schön heißt - "Außer Spesen nichts gewesen". Wir wandern zurück zu unserem Auto und wenden uns nach Süden. Die nächsten 10 Kilometer verlaufen im Inneren der Insel, ohne Zugang zur Küste. Erst als wir São João do Rio Vermelho (Heiliger Johannes vom Roten Fluß) hinter uns lassen, entdecken wir einen Sandweg, der in Richtung Meer führt. Nach knapp einem Kilometer sind wir auf dem Kamm einer kleinen Düne angekommen. Direkt unter uns liegt die Praia de Moçambique, ein Traumstrand, der sich kilometerweit nach Norden und nach Süden erstreckt. Im Norden sehen wir den Landvorsprung, der die Baia do Santinho begrenzt. Nach Süden geht der Blick, vorbei an der Landspitze bei Barra de Lagoa, bis zur Ilha do Campeche. Vom Atlantik rollt eine langgezogene Dünung heran und bricht sich in hohen Wellen an der Küste, eine Freude für die wenigen Surfer, die den Weg hierher gefunden haben.

Faulenzend verbringen wir den restlichen Nachmittag an diesem wunderschönen Platz, betrachten die Wolkenformationen, die sich über dem Atlantik bilden, schauen einem Falkenpärchen zu, das elegant im Aufwind kreist und bewundern die Flug- und Tauchkünste von Sturmtauchern, die sich zielsicher ihre Abendmahlzeit aus dem Meer fischen.

Der auffrischende Abendwind treibt uns wieder zum Auto zurück und wir machen uns auf den Rückweg nach Cacupé.

Text + Fotos: Dieter Hauguth Druckversion  


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