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[art_3] Peru: Auf dem Inka-Trail nach Machu Picchu

Seit wenigen Wochen sind sie eines der neuen sieben Weltwunder - die Inka-Ruinen von Machu Picchu. Die Besucherzahl steigt beinahe täglich an, doch es gibt einen Weg, die Touristenmassen zu meiden. Der berühmte viertägige Inka Trail, eine der bekanntesten Wanderstrecken der Welt. Da die Zahl der Wanderer auf 500 pro Tag begrenzt ist, ist die Strecke nicht so überlaufen, wie dem Trail oft nachsagt wird…

Kurz vor dem ersten Pass [zoom]
Machu Picchu [zoom]

Kraftlos, aber glücklich, werfe ich meine Wasserflasche auf einen Felsblock, lege meinen Wanderstock, meinen kleinen Hüftrucksack und die überflüssige Kleidung daneben und wische mir mit dem T-Shirt den Schweiß von der Stirn. Dann bin ich bereit, das zu tun, wofür ich seit drei Tagen durch die Hochanden Perus stapfe. Noch einen Schritt und ich stehe im Intipunku, dem Sonnentor zur verlorenen Stadt der Inkas, dem Bild, mit dem wohl jede Peru-Reise beginnt, dem Sonnentor nach Machu Picchu. Beim ersten Blick auf die Ruinen gehen mir die vergangenen drei Tage noch einmal durch den Kopf.

Ich hab die Bilder vor Augen, als wir am Ufer des Urubamba-Flusses aus dem Bus gebeten, mit kleinen Snacks versorgt und durch die Eingangspforte des Nationalparks geschleust wurden. Wie es dann zunächst ebenerdig am Ufer entlang ging, kaum merklich leicht ansteigend. Wie wir nach etwa zwei Stunden die erste Pause einlegten, während unser Guide José wegen eines defekten Walkie-Talkies zurück zum Ausgangspunkt rennen musste und wir (ich und 12 Weitere auf den Spuren der Inka) schon mal alleine hinabkletterten ins Tal des Wayanay und auf der anderen Seite mit 60 Höhenmetern die erste richtige Steigung bewältigten und uns oben darüber freuten, die Inka-Ruinen von Llaqtapata zu Gesicht zu bekommen. Ich kann mich erinnern, wie wir nach insgesamt neun Kilometern in Wayllabamba, dem letzten Dorf entlang des Treks, rasteten und uns dann bereit machten, den ersten kleinen Abschnitt des sechs Kilometer langen Anstiegs zum Warmiwañusqa-Pass anzugehen. Wir waren frohen Mutes, da nach eineinhalb Stunden Anstieg unser Camp zum Übernachten auf uns wartete.

Bergurwald [zoom]
Blick zurück ins Tal [zoom]

Ich denke mit ein wenig Stolz auch an den zweiten Tag, der uns von unserem Camp um sieben Uhr aufbrechen ließ um den (übersetzt aus dem Quechua ist es der Pass der toten Frau) anzugehen und noch mal etwa 800 Höhenmeter zu überwinden. Die Gruppe zerfiel kurz nach dem Camp, ein Engländer rannte voraus, wir anderen "verteilten" uns auf dem Pfad. Auch unsere Guides hatten zu kämpfen und verloren recht schnell den Anschluss. In stetigem Tempo ging es vorbei an schwitzenden Mitkämpfern aus anderen Gruppen, Trägern, die ob ihrer gewaltigen Last auf dem Rücken nur mühsam voran kamen und wunderschönen Landschaften tief unten im Tal. Letzteres wurde allerdings von Stufe zu Stufe unwichtiger, da jeder mit sich selbst genug zu tun hatte. Zudem wurde es nun - auf etwa 3800 Metern - immer kühler. Richtig kalt wurde es dann, als es leicht zu nieseln begann und ich gezwungen war, meinen Poncho überzuziehen.

Nach knapp drei Stunden endlich kam er in Sicht - der Pass der toten Frau. Einige mühsame Minuten noch die viel zu hoch geratenen Stufen hinaufkraxeln, dann stand ich auf 4215 Metern, ließ mir den frischen Wind durch die schweißnassen Haare wehen und schaute mit ein bisschen Stolz zurück auf den Pass, wo sich andere noch tapfer mühten, in Tritt zu bleiben und nicht Opfer von Kälte, Höhe und eigenem Schweinehund zu werden.

Passhöhe 4215m [zoom]
Salkantay [zoom]

Doch für den Stolz blieb nur wenig Zeit. Um nicht auszukühlen ging es direkt wieder bergab - über eine Stunde auf steilen, glitschigen Felsen. Schließlich dann das Camp auf 3600 Meter und endlich Mittagessen. Nach einem Koka-Tee brachen wir dann auf zum 2. Pass - diesmal auf 4000 Meter. Fluchend, da während des ersten Steilstückes noch träge vom wirklich guten Essen, passierten wir nach etwa 25 Minuten die Ruinen von Runkuraqay, wo wir 20 Minuten verweilten. Dann weiter nach oben, bei weitem nicht so schlimm wie am Morgen, doch mit dem Marsch vom Morgen in den Knochen. Der Blick zurück ins Tal entlohnte aber für die Mühe - vor allem vom Gipfel des zweiten Passes, wo wir uns alle abklatschten, in der Gewissheit, dass der schwerste Teil des Treks geschafft war. Der 400-Höhenmeter-Abstieg ins Camp bildete noch einmal einen ungemütlichen Abschluss eines wirklich langen Tages, an dessen Abend wir uns den Fruchtcocktail mit Rum, organisiert von unseren Guides Julio und José, redlich verdient hatten.

Ich denke in diesem Moment, während des Schrittes durch das Sonnentor, vor allem an die Stunden vorher. Es ist der dritte Tag und es war ein genialer, wenn auch mit frostig kaltem Start um fünf Uhr morgens. Doch als die ersten Sonnenstrahlen die Gletscher-Kette Vilcabamba anstrahlten, war all die Kälte, all die Mühe vom Vortag vergessen. Es ging einfach nur mit froher Erwartung auf zum dritten Pass, der bereits nach 35 Minuten geschafft war - von da an nur noch bergab. Wir kamen vorbei an einigen Lagunen, wir passierten kleine Höhlen, der Weg bohrte sich durch einige Tunnel und unter gewaltigen Ästen hindurch. Auf der linken Seite stand der eindrucksvolle Salkantay, der gewaltigste, aber bei weitem nicht der einzige Gletscher der Region, unter wolkenlosem Himmel und schien uns noch mehr anzuspornen. Nach vier Stunden Abstieg machten wir Mittag nahe den Ruinen von Wiñaywayna.

Am zweiten Pass [zoom]
Aufstieg zum zweiten Pass [zoom]

Nach der Rast konnten wir es kaum erwarten weiter zu gehen - schließlich stand am Ende der nächsten ein- bis eineinhalb Stunden der Blick durch das Sonnentor auf Machu Picchu. Als hätten es die Inka den Touristen von heute besonders schwer machen wollen, waren die letzten 25 Minuten noch einmal von viel zu hohen Stufen, von Kletterpartien, aber auch von der freudigen Erwartung geprägt.

Dann bin ich bereit dazu, das zu tun, wofür ich seit drei Tagen durch die Hochanden Perus stapfe. Ich gehe noch einen Schritt und stehe im Intipunku, dem Sonnentor zur verlorenen Stadt der Inkas, dem Bild, mit dem wohl jede Peru-Reise beginnt, dem Sonnentor nach Machu Picchu. Und da unten, am gegenüberliegenden Hang, da strahlt Machu Picchu in der Nachmittags-Sonne, als wolle es unsere Gruppe persönlich begrüßen. Nach den ersten Eindrücken werden wir weiter gehen auf dem Inka-Pfad, immer am Hang entlang, immer die Ruinen im Blick, die von Schritt zu Schritt größer und prächtiger erscheinen. Etwa eine Stunde und etliche Freudenrufe später, werden wir den Aussichtspunkt erreichen und einfach schweigend im Gras liegen.

Sonnenaufgang am dritten Tag [zoom]
Wanderer [zoom]

Am nächsten Morgen werden wir genau dahin zurückkehren, nach einer Stunde Wanderung, dem letzten und anstrengenden Teil des Trails. Wir werden schon um sechs Uhr in den Ruinen sein und den Sonnenaufgang genießen, bevor wir uns beim Rundgang durch Machu Picchu trotz der Hitze etwas entspannen können. Gegen Mittag werden wir die Ruinen verlassen, mit der Gewissheit, dass diese Stelle etwas Magisches hat…

Text + Fotos: Matthias Bayer