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[kol_4] Lauschrausch: Saxofourte und Raúl Mannola
 
Saxofourte
Tango Affairs
36music
Saxophonquartette gibt es einige, aber nur wenige besitzen ein so breites Repertoire wie Saxofourte – von Bach bis Afrika. Auf "Tango Affairs" geht es nun nach Argentinien, dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Folklore, Jazz und Klassik / Neuer Musik auf ihrer Reise vom klassischen zum modernen Tango.

Saxofourte
Tango Affairs
36music

Es beginnt mit dem international bekannten Tangoklassiker "El Choclo", der in dieser wunderbaren Interpretation wie ein Stück Barockmusik daherkommt. Auf den Klassiker folgt der Sprung in die Moderne: "Quartetttango", vom in München lebenden argentinischen Gitarristen Luis Borda, klingt teilweise wie Neue Musik. Borda hat diesen Titel, ebenso wie der ägyptische Komponist Basha ("Tangofourte"), extra für das Quartett geschrieben. Dann geht es zurück nach Argentinien mit einer "Milonga" vom Komponisten Alberto Ginastera, der auch in seinen klassischen Stücken häufig die Rhythmen der argentinischen Folklore verwendete.

Vier Gedichte von Jorge Luís Borges über den Tango bzw. aus seinem Werk "El Tango" ergänzen die Musik, mehrheitlich eingebettet in Astor Piazzollas ursprünglich 14- hier 7-teilige Suite "The rough dancer and the cyclical night", die eine Brücke zwischen Tango und klassischer Musik schlägt. Sollte jemand dabei an Marlon Brando denken, liegt es daran, dass dessen deutsche Synchronstimme, Christian Schult, sie spricht. Weitere Stücke Piazzollas interpretiert das Quartett auf hohem Niveau, "Libertango" darf – wie auf fast jeder Tangoproduktion europäischer Künstler - auch hier nicht fehlen (gleiches gilt für das Discépolo-Zitat); aber auf vier Saxophonen gespielt, entfaltet das Stück neuen Charme. So wie dieses spannende Album mit einem DER Klassiker des Tango begonnen hat, so endet es auch, nämlich mit "La cumparsita".


Raúl Mannola
Inner Visions of Flamenco
Bujio Records / galileo mc
Der in Brasilien geborene, in Finnland aufgewachsene und heute in Madrid lebende Gitarrist Raúl Mannola entdeckte irgendwann seine Liebe zum Flamenco und hat es auf diesem Gebiet zum Meister gebracht. Doch wie schon seine Biographie vermuten lässt, konnte er sich nicht mit der reinen Interpretation vorhandenen Materials zufrieden geben, sondern musste etwas Neues erschaffen, so wie es vor ihm schon Paco de Lucia u.a. taten. Auf "Inner Visions" fusioniert er nun Flamenco mit Jazz- und Rockklängen – und Instrumenten.

Raúl Mannola
Inner Visions of Flamenco
Bujio Records / galileo mc

Herausgekommen ist ein energiegeladenes Album in großer Besetzung, auf dem vor allem Raoul Björkenheims Spiel der elektrischen Gitarre begeistert. In "Ese gitano bueno" oder "Bastet" zaubert er auf diesem untypischen Flamencoinstrument wunderbare Melodien, teils im rasanten Dialog mit den Schritten der Tänzerin Aylin Bayaz. Aber auch Mannolas Spiel der 12saitigen Gitarre klingt frisch und ungewöhnlich, ebenso die Flöte von Juan Carlos Aracil. Sieben Tracks, die weit über die Grenzen des Genres hinausgehen, aber seinen Kern bewahren.

Text: Torsten Eßer
Cover: amazon

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