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[art_3] Uruguay: La Vela Puerca in Hamburg
Normalmente Anormal Tour 2011
 
Zum gefühlten 20. Male beehren die Jungs aus Uruguay die deutschen Zuhörer. Im Interview verraten Santi und Ale, wie die neue Scheibe werden wird und was sie an Deutschland schätzen.

Erst mal Herzlichen Glückwunsch zum Sieg der Copa America.
Santi: Ach ja, stimmt, wir haben ja die Copa gewonnen. Danke. Aber der eigentliche Experte in Sachen Fußball ist Ale.

Und, was sagt der dazu?
Ale: Ja, jetzt sind wir Rekordmeister in Südamerika. Kaum zu glauben, oder? 15 Mal haben wir den Pott geholt. Das ist kein schlechter Wert für ein so kleines Land.

Ja, das stimmt. War es denn vorherzusehen? Schließlich war die Konkurrenz mit Brasilien und Argentinien schier übermächtig.
Ale: Nun ja, es war schon ein wenig überraschend. Aber wir sind schließlich auch WM-Vierter geworden, vor Brasilien oder Argentinien. Aber im Gegensatz zu diesen Nationen können wir Elfmeterschießen und haben eine Mannschaft und kein Konglomerat an Einzelspielern.

Und wie handhabt Ihr das im Tourbus? Seid Ihr auch eine Mannschaft oder eher Einzelspieler?
Santi: Ja, wir funktionieren natürlich als Gemeinschaft, aber jeder während der Tour nimmt sich auch jeder mal eine Auszeit von den Anderen. Das wird natürlich respektiert.
Ale: Was uns außerdem zusammenhält, ist die Musik. Wir haben zwar jeder auf der Bühne unsere Funktion als Musiker, aber ein jeder bringt sich auch während der Enstehung der einzelnen Lieder mit ein.

Apropos: Da kam ja schon länger nichts mehr Neues von Euch!
Ale: Richtig. Aber wir sind jetzt schon mit den Aufnahmen für das fünfte Album fertig. Das liegt derzeit beim Produzenten, der uns täglich mit den neuen Stücken per Mail füttert.
Santi: Das gibt dann immer eine riesige Diskussion, wie die Lieder am Ende wirklich klingen sollen. Aber letztendlich beschließen wir das, wie es in einer Familie üblich ist, einstimmig. Nun ja, fast, jedenfalls.

Wo habt Ihr das Album denn aufgenommen?
Ale: In der Nähe von Montevideo. Wir haben uns einen alten Hof für vier Monate gemietet, ein Studio dort aufgebaut und alles eingespielt. Das war eine tolle Erfahrung.
Santi: Ja, wir wollten einfach mal weg aus der Stadt und in Ruhe arbeiten. Und wenn man so dicht und lang aufeinanderhockt, entstehen ja nicht nur Ideen, sondern auch Konfrontationen, aber auch das anschließende gemeinsame Bier, das Asado, wunderbar. Wir konnten und haben uns auf das Wesentliche konzentrieren.

Wie wird das neue Album werden?
Santi: Es wird ein Doppelalbum. 12 Songs auf der ersten und 6 auf der zweiten CD. Das erste sehr rockero, das zweite ruhig, ohne Schlagzeug, dafür mit Cello und Violine. Also etwas ganz anderes.

Und warum noch mehr Rock als El Impulso?
Ale: Wir wollten jetzt einfach mal eine Scheibe machen, die uns Spaß macht. Vor allem auch auf der Bühne.
Santi: Das heißt jetzt nicht, dass uns El Impulso keine Freude macht, wenn wir Lieder daraus spielen. Aber es macht einfach mehr Spaß, die Lieder der neuen Platte zu spielen. Es wird ein Chorizo de Rock werden. Gitarre, Schlagzeug, Bass, ein paar Bläser und jede Menge Energie.
Ale: Auch die Texte sind positiver und nicht so düster wie auf der letzten Scheibe. Das liegt unter anderem daran, dass Cebolla, der zweite Sänger, mehr positive Lyrics beigetragen hat.

Und immer wieder kommt ihr nach Deutschland.
Ale: Wir spielen sicherlich schon das 15. oder 16. Mal hier in Deutschland. Das hat sich so eingeschliffen und wir freuen uns immer auf die tolle Organisation.

Inzwischen seid Ihr ja auch hier fast schon berühmt.
Santi: Es ist immer unterschiedlich. Mal spielen wir vor 50 Leuten, mal vor 400. Für uns ist das alles auch Eigenpromotion, weil wir ja hier nichts haben. Wir sind immer noch unabhängig mit unserem eigenen Label, haben aber noch nicht das Geld, um richtig die Werbetrommel zu rühren.
Ale: Aber wir haben schon sowas wie eine feste Fangemeinde aus Uruguayos und Argentinos, die hier leben und ein bisschen heimatliche Klängen hören möchten.

Sehr Ihr was von Deutschland?
Santi: Nicht wirklich. Klar, wir gehen an freien Tagen auch mal spazieren, aber hier ist die Tour dafür eigentlich zu straff organisiert. In Lateinamerika spielen wir nicht jeden Tag, sondern gerade Mal am Wochenende.

Was ist der Hauptunterschied zwischen Konzerten hier und drüben?
Ale: Na, das Publikum ist natürlich kleiner hier. Aber es macht sehr viel Spaß mal wieder vor kleinem Publikum zu spielen.
Santi: Und drüben flippen die Leute mehr aus. Sie springen, sie tanzen, sie singen mit. Manchmal auch zu wild. Da sind die Deutschen dann doch eher brav. Da können wir auch die ganz harten Sachen spielen ohne das was passiert.

Also stimmt der Stereotyp vom kalten Deutschen?
Ale: Naja, es gibt auch hier die ganze Palette, wie überall anders auch. Aber auffallend ist die Pünktlichkeit. Gerade auf der Tour. Da ist alles einfach derart durchgeplant, das würde in Uruguay nie funktionieren. (grinst).
Santi: Ja, aber eigentlich bewegen wir uns in einem ziemlich lässigen Kreis. Alle, die mit Musik zu tun haben, sind überwiegend entspannte Leute.

Kommt Ihr eigentlich kulinarisch auf Eure kosten? Mate und Asado haben wir ja nur bedingt hier...
Santi: Ach, Mate haben wir in rauen Mengen dabei und zu Essen gibt's hier doch von allem etwas. Die Bandbreite, gerade auch der internationalen Küche, das gefällt mir. Für mich gibt's gar keine wirklich deutsche Speise.
Ale: Für mich schon. Aber die ist flüssig. Das Deutsche Bier ist einfach unschlagbar gut.

Text + Fotos:
Andreas Dauerer

Von La Vela Puerca sind erschienen:
Normalmente Anormal (2010)
El Impulso (2007)
A Contraluz (2005)
La Vela Puerca (2003)
De Bichos Y Flores (2002)

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