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[art_3] Brasilien: São Paulo zu Pferd
Beerbaum, Onassis und Doda zwischen Wolkenkratzern

"Er geht die Treppe hoch!" Die Teleobjektive richten sich auf den Absatz am Eingang des VIP-Bereichs. Manche folgen ihm, wie er ihr die letzten Stufen entgegengeht, während die restlichen Objektive sie fokussieren, die die Arme öffnet und strahlt.

Als sich die beiden dann schließlich in den Armen liegen und sich zärtlich küssen, öffnen und schließen sich die Verschlüsse der Kameras rasender Geschwindigkeit. Click-click-click-click.

Doda [zoom]
Athina Onassis und Doda [zoom]

Drei Tage lang haben die Fotografen auf diesen Moment gewartet. Die beiden endlich gemeinsam aufs Foto bekommen – ihn, den verwegenen Reiter aus Brasilien, und sie, die junge blonde Alleinerbin des legendären Onassis-Vermögens.

Drei lange Tage, in denen sie sich im hintersten Bereich der VIP-Tribüne verschanzt, meist mit dem Gesicht zur Wand, umringt von Freunden und Bekannten. Während er wie der Teufel reitet, die organisatorischen Fäden in den Händen hält und in aller Ruhe Interviews gibt. Bis sie plötzlich entspannt hoch oben auf der Tribüne erscheint, dem Springen zuschaut, ohne sich an den Paparazzi zu stören.

Álvaro Affonso de Miranda Neto kannten bis vor wenigen Jahren nur die, die sich für Springreiten interessierten. Und das waren traditionell nicht gerade viele, obwohl Doda, wie man Álvaro hier nennt, gemeinsam mit seinen Kollegen bei den Olympischen Spielen die Bronzemedaille nach Brasilien holte.

Aber dann heiratete er vor zwei Jahren Athina, die Alleinerbin des auf gut 2 Milliarden Dollar geschätzten Onassiserbes, und seitdem sind die beiden Dauergäste in den Klatschmagazinen der Welt. Genau wie hier in São Paulo.

Zuschauer [zoom]
und noch mehr Zuschauer [zoom]

Auf der VIP-Tribüne drängeln sich die Sternchen und die Reichen. Bis zu 16.000 Reais habe sie gezahlt, um die besten Springreiter der Welt aus nächster Nähe beobachten zu dürfen. Zum ersten Mal ist die Creme-de-la-Creme im mondänen Reitklub "Sociedade Hípica Paulista" versammelt. Unter ihnen auch Brasiliens Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso, der bei einem Kaffee über seinen Nachfolger Lula plaudert: "Eigentlich kopiert er mich nur – zumindest was die Wirtschaftspolitik betrifft.

Sociedade Hípica Paulista [zoom]
Ex-Präsident Fernando Cardoso [zoom]

"Ich habe mich auf dem Weg hierher gefragt, wo man zwischen all den Hochhäusern wohl eine grüne Wiese herzaubern würde, auf der wir springen können", unkt Ludger Beerbaum, einer von vier deutschen Vertretern auf dem Reitparcours im schicken Stadtviertel Brooklin.

"Es ist immer mein Traum gewesen, einmal all die großen Reiter zu einem Springturnier nach Brasilien zu holen", plaudert Doda, der sich trotz der Dreifachbelastung als Organisator, Wettkämpfer und Ehemann relaxt gibt. "Dafür haben wir dem Turnier Athinas Namen gegeben, damit das Ganze international an Glaubwürdigkeit gewinnt."

Ludger Beerbaum [zoom]
Daniel Deusser [zoom]

Nicht einen Cent haben die beiden aus eigener Tasche bezahlt. Alles wird von gut einem Dutzend Sponsoren finanziert, die sich den Spaß teilweise bis zu 500.000 Dollar kosten lassen. Dafür dürfen die Direktoren und Präsidenten der Firmen bei den Siegerehrungen den großen Stars die Hand schütteln und schicke Uhren und dicke Schecks überreichen.

Insgesamt 810.000 Euros sind bei den sieben Springen an vier Tagen zu holen. Damit ist die "Athina Onassis International Horse Show" das höchstdotierte Turnier der ganzen Global Champions Tour, der "Formel 1 des Springreitens" wie Doda es nennt. Auch die Deutschen Reiter sind da, "um ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen", so Olympiasieger, Welt- und Europameister Ludger Beerbaum.

Meredith Michaels-Beerbaum [zoom]
Marco Kutscher [zoom]

71 Topspringer aus 19 Ländern hat Doda nach São Paulo gelockt, darunter 21 Brasilianer. Aus dem erfolgsverwöhnten Reiter-Deutschland sind neben Beerbaum noch dessen Schwägerin und frisch gekürte Einzeleuropameisterin Meredith Michaels-Beerbaum, Marco Kutscher und der junge Nachwuchsspringer Daniel Deusser vertreten.

Dabei ist auch der 54-jährige Pedro Cebuka, der vor 30 Jahren von Norddeutschland nach Kanada ausgewandert ist. Seit vielen Jahren reist er mit dem Springreiterzirkus um die Welt, um die Veranstaltungen in bunten Clownkostümen zu leiten. "Rodrigo, five minutos!" In einem eigenwilligen Gemisch aus Deutsch, Holländisch, Spanisch und Englisch dirigiert er die Reiter hin und her, sorgt dafür, dass niemand zu spät oder zu früh auf dem Turnierplatz erscheint.

Pedro und Doda [zoom]
Jessica Kürten [zoom]

"Ich kenne Athina seit sie 17 ist und auch mit Doda verbindet mich eine Freundschaft. Deshalb habe ich sofort ja gesagt als Doda mich gefragt hat, ob ich hier in São Paulo dabei sein möchte." Bescheiden und herzlich seien die beiden, trotz des ganzen Medienrummels, verrät Pedro.

Bei all dem Trubel um das Onassis-Paar geraten die Springwettbewerbe nahezu zur Nebensache. Wenn nicht gerade ein Brasilianer eines der Stechen bestreitet, richtet man die Aufmerksamkeit eher den Köstlichkeiten des Buffets zu als dem Treiben auf dem grünen Parcours.

Fast entgeht einem eine weitere Glanztat Dodas. Neben einem Sieg erringt er mehrere zweite und dritte Plätze. Am Ende wird er als erfolgreichster Reiter des gesamten Turniers geehrt.

"Es ist mir eigentlich etwas peinlich, hier so abgeräumt zu haben", verkündet er leicht verlegen auf der Abschlusspressekonferenz. "Aber ich denke, es hat allen sehr gut gefallen und nächstes Jahr kommen alle wieder hierher nach São Paulo."

Und wenn sie nur kommen, um ein Foto von Doda und seiner 22-jährigen griechischen Schönheit zu ergattern.

Text + Fotos: Thomas Milz