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[art_3] Brasilien: Extrabreit in Rio
Tote mit bis zu 500 Kilogramm Körpergewicht

Beleibte wohin man blickt. Die Zahl übergewichtiger Brasilianer ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Nun reagiert aber nicht etwa das Gesundheitsministerium, sondern ein Friedhof in Rio de Janeiro. Die Gräber dort halten ab sofort Tote mit bis zu 500 Kilogramm Körpergewicht aus.



Vom „Cemitério da Penitência” im Stadtteil Caju aus kann man den Zuckerhut sehen, wenn auch gerade noch so, und auch die Cristo-Figur auf dem Corcovado-Berg erkennt man vage am fernen Horizont. Davor verläuft eine Schnellstraße, die das Zentrum mit der nach Niterói führenden Brücke verbindet. Bei dem ständigen Verkehrslärm fragt man sich, wie man hier wohl seine letzte Ruhe finden kann.



In der Nähe des Eingangs sind Arbeiter damit beschäftigt, zwei Reihen frisch gemauerter Gruften mit Granitplatten zu verkleiden. Hier sollen demnächst richtige Schwergewichtler ruhen. Bis maximal 500 Kilogramm schwere Tote würden die Spezialgräber aushalten, berichtet der Friedhofsmanager. Breiter, länger und stabiler als normale Standardgruften seien sie, so die Erklärung.

Ob er denn jemals eine derart schwere Leiche gesehen habe, fragt man spontan. Nein, von mehr als 350 Kilogramm schweren Menschen habe er noch nie gehört. Doch er zitiert die letzten Statistiken über die Körperfülle der Brasilianer – die Zahl der Übergewichtigen sei um 50% gestiegen, die der Fettleibigen um 23%. „Wir können davor nicht die Augen verschließen.“
 
Und spricht von den neuesten Trends, den extra-breiteren Sitzen in Flugzeugen und Autobussen, den für XL-Menschen ausgelegten Kinositzen.


Friedhofsbranche müsse da reagieren. Bisher gäbe es für schwergewichtige Leichen weder Gräber noch Särge, weshalb XL-Personen immer noch direkt in der Erde beerdigt würden. „In Rio ist das immer noch zulässig.“



Nur: Umsonst ist der Tod – das XL-Grab allerdings nicht. 75.000 R$, rund €20.000 kosten die permanenten Grabstätten, 20.000 R$ mehr als üblich. Dafür aber ist Ratenzahlung möglich. Na dann!

Text und Fotos: Thomas Milz

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