ed 05/2008 : caiman.de

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[kol_3] Macht Laune: Sommersünden eines Dicken
In sieben Tagen zum geliebten Bauch

Spundekäs, Spundekäs, wer ist der Hässlichste im ganzen Land?*
Du natürlich! Sieh dich doch an, wie dir der Hüftspeck übers Handtuch quillt, der widerwärtige weiße Bauch formlos herabhängt und die Brüste fallenden Dreiecken gleichen, deren Sprungfedern leiern. Aber - die vom Diätwahn ergriffenen, denen das letzte Fünkchen Freude enteilt - die mag ich auch nicht. Und doch bedenke: Obwohl es noch hässlichere gibt als dich mein dicker Prinz, wäre es mal wieder an der Zeit mit deinem Wams in Klausur zu gehen.


Strand, Barra, Inhambane, Moçambique.
Tag 1: Entmutigt ob der enthaltsamen Zeit, die ihm bevorsteht, fällt dem Prinzen das Aufstehen schwer. Weiß er doch, dass ihn der Hunger einholen und der Kühlschrank sich nicht füllen wird. Trübsal blasend überbrückt er die ersten Stunden des Tages. Runde um Runde schleicht er um den kalten Grill und träumt von T-Bone und Rump. Auch das T-Shirt traut er sich nicht zu liften. "Hässlich", hatte der Spundekäs gesagt und so wollte er sich nicht der Öffentlichkeit zeigen.

Am Nachmittag jedoch treten drei Jungs an ihn heran und heben den Deckel ihrer Kühlbox: "Camarão?" Der Einsame ist gerettet. Satt entkleidet er sich und schläft zufrieden in der Sonne.

Tag 2: Diebisch äugt der Prinz nach rechts und links. Und auch weit hinaus auf See wandert sein suchender Blick, doch weder die drei Jungs noch ein Krabbenkutter lassen sich erspähen.

Und doch verheißt ihm eine innere Stimme: Entzünde das Feuer. Als die Glut am schönsten ist, nähert sich ein Fischer, der sein mit einem Korb bestücktes Fahrrad über den Strand schiebt, stoppt und präsentierend einen Barracuda in die Sonne hält. Welch ein Hochgefühl, den befriedeten Bauch zu bräunen.

Tag 3: Eine Frau, die Avocados und Brot auf ihrem Kopf balanciert, erwartet den noch schlaftrunkenen Prinzen und auch die Krabben-Jungs eilen herbei. Sonne und Bauch besiegeln an diesem Tag die Blutsbruderschaft.

Tag 4: Ein Südafrikaner, der sich für eine Nacht in der angrenzenden Bretterburg einquartiert, zeigt dem Prinzen nach Smalltalk seine bis zum Anschlag mit Fleisch und Wurst gefüllte Gefrierbox und lädt ihn ein, sich hemmungslos zu laben. Bauch glänzt im gleißenden Licht.


Tag 5: Wegen Überfüllung geschlossen! Der Bauch wird braun.

Tag 6: Gut erholt zeigt sich der Prinz entzückt ob der schweren Langusten, die zwei Fischer auf seinen Grill hieven. Das Braun wird satter.

Tag 7: Mit einem in Olivenöl und Knoblauch gebratenen Langostino schreibt der Prinz "vollbracht" auf seinen schwarzen Bauch.



Spundekäs, Spundekäs, was sagst du nun?
So schnell zurück, mein Prinz? Lass dich mal anschauen. Dein Bauch, mein Prinz - entschuldige meine anzügliche Ausdrucksweise - erotisch! Am Liebsten würde ich mich in deinen gerösteten Speckfalten suhlen. Dein Bauch, der kein Gramm eingebüsst hat, mein Prinz, ist der schönste Bauch der Welt. Gehe hinaus und trage ihn stolz zur Schau. Reiße dir auf allen Tanzflächen dieser Welt das Hemd vom Leib und lasse dein Volk an den vollendeten Rundungen eines Dicken teilhaben.

Text + Fotos: Dirk Klaiber

*Im Spundekäs lasen die Rheingauer dem Prinzregenten des portugiesischen Weltreichs Dom Joao VI., hinter vorgehaltener Hand auch der Dicke genannt, im Jahre 1807 die Zukunft, woraufhin dieser sich unverzüglich mit seinem Hofstab nach Brasilien einschiffte.

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